zurück
Grafenrheinfeld
Atomares Zwischenlager in Grafenrheinfeld: So viele Menschen halten es für gefährlich
Die Betreiberin des Zwischenlagers in Grafenrheinfeld hat eine Umfrage rund um die Anlage erstellt. Woran die BGZ besonders interessiert ist und warum.
In diesen Castoren ist der hochradioaktive Abfall aus dem Atomkraftwerk Grafenrheinfeld eingeschlossen. Die Behälter stehen im Zwischenlager BZR, zu dem die Betreibergesellschaft eine Umfrage hat erstellen lassen.
Foto: Anand Anders | In diesen Castoren ist der hochradioaktive Abfall aus dem Atomkraftwerk Grafenrheinfeld eingeschlossen. Die Behälter stehen im Zwischenlager BZR, zu dem die Betreibergesellschaft eine Umfrage hat erstellen lassen.
Josef Schäfer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 14:03 Uhr

Für wie gefährlich halten die Menschen in und um Grafenrheinfeld das dortige Zwischenlager für hoch radioaktive Brennelemente (BZR)? 38 Prozent stufen es als "ziemlich hohes Risiko" ein. Das zumindest hat eine repräsentative Umfrage des Betreibers BGZ ergeben. Demnach sehen aber 49 Prozent ein "geringes Risiko". "Die Risikowahrnehmung ist unterschiedlich ausgeprägt", interpretiert die BGZ die Resultate.

Das Unternehmen hat 3500 Menschen im Umkreis von 25 Kilometern rund um die 16 Zwischenlagerstandorte in Deutschland befragen lassen. Die Antworten in Grafenrheinfeld unterschieden sich nur in Nuancen zu denen im Bundesdurchschnitt.

Es geht um die Verlängerung der Betriebsgenehmigung

Den Hintergrund der Befragung liefert das bundeseigene Unternehmen bei der Veröffentlichung der Daten gleich mit: Sie gehört zum Vorbereitungsszenario, wenn es um die Verlängerung der 2046 endenden Betriebsgenehmigung geht. „Die Ergebnisse der Umfrage werden wir in unsere Arbeit aufnehmen, Handlungsbedarf identifizieren und Maßnahmen insbesondere in Bezug auf die verlängerte Zwischenlagerung ableiten“, wird die Vorsitzende der BGZ-Geschäftsführung, Bettina Hesse, zitiert.

Jeder Castorbehälter ist genau beschriftet und dokumentiert.
Foto: Anand Anders | Jeder Castorbehälter ist genau beschriftet und dokumentiert.

Die Umfrage-Macherinnen und -Macher haben als einen der wichtigsten acht Punkte ihrer Umfrage identifiziert: Information sei ein zentraler Schlüssel dafür, in der Bevölkerung Vertrauen zu schaffen. Und die BGZ kündigt für dieses Jahr ein neues Konzept zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an. Gerade die Frage, wie transparent und vollständig die Informationen sind, hat immer wieder für Kritik gesorgt.

Unter anderem fordert das Aktions-Bündnis gegen Atomkraft (SWAB) seit Jahren einen Runden Tisch. Hier könnte sie Nutzen aus der Umfrage ziehen. In den Leitsätzen des Ergebnisberichts heißt es: "Öffentliche Diskussionen um das Zwischenlager fördern die Informiertheit. Diese Diskussionen finden in der Mehrheit der Regionen aus Sicht der Befragten allerdings nur selten oder gar nicht statt."

Um die Genehmigungsverlängerung zu beantragen, ist es der BGZ offenbar besonders wichtig, den Informationsstand der Bevölkerung genau zu kennen. Der Umfrage zufolge wissen zwei Drittel der Menschen von der Existenz des Zwischenlagers BZR. 49 Prozent halten es auch für notwendig, während 31 Prozent unentschlossen sind. Ein zusätzliches Informationsbedürfnis melden 53 Prozent der Personen in und um Grafenrheinfeld an; immerhin drei Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt. 88 Prozent erwarten demnach Informationen von den klassischen Medien wie Zeitung, Radio und Fernsehen. 

Bemerkenswertes Fazit der Zwischenlager-Betreiberin

Bemerkenswert ist daher ein Fazit aus BGZ-Sicht: Die Menschen würden mit dem Zwischenlager nur ein geringes Risiko verbinden und gleichzeitig angeben, gut über die Aufbewahrung der radioaktiven Abfälle informiert zu sein. Und das, obwohl die Umfrage zum Schluss kommt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger beim Thema Zwischenlagerung "nur wenig informiert" fühlten. Für Grafenrheinfeld heißt dies: Dreiviertel der Befragten halten sich für "nicht gut" oder "gar nicht" informiert.

Eine Akzeptanz gegenüber der Zwischenlagerung in der Region lasse sich bei den Befragten erkennen, so die abschließende Bilanz der BGZ, die weitere Umfragen ankündigt. Dass sich die Entsorgung des Atommülls in staatlicher Hand befindet, befürworten 71 Prozent der Befragten in und um Grafenrheinfeld.

Zwischenlager in Grafenrheinfeld

Das ältere der beiden Zwischenlager in Grafenrheinfeld ist das Brennelemente-Zwischenlager (BZR, früher: Bella). Es ist 2006 in Betrieb gegangen. Dort lagern die verbrauchten, aber weiterhin hoch radioaktiven Brennelemente in 54 Castor-Behältern. Es sollen keine mehr dazukommen. Die Genehmigung läuft 2046 aus. Da die Endlagersuche für derlei Atommüll neu gestartet worden ist, ist damit zu rechnen, dass der Betrieb über weitere Jahre hinaus erlaubt werden wird.
Das neuere Gebäude ist für den Abbau des stillgelegten Atomkraftwerks Grafenrheinfeld gedacht. In das Abfall-Zwischenlager (AZR) werden nach und nach Container mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall eingestellt, der bei der laufenden Zerlegung des Werks anfällt. Zudem liefert Kraftwerksbetreiber Preussen-Elektra Müll von anderen Standorten an. Er soll später im Endlager Schacht Konrad landen, das "zu Beginn der 2030er-Jahre" (so Betreiberin BGE) den Betrieb aufnehmen soll.
Alle Zwischenlager hat die Bundesrepublik 2019 aus der Verantwortung der Kraftwerksbetreiber übernommen. Zuständig ist die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ).
Quelle: BGZ, BGE, eigene Recherchen
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Grafenrheinfeld
Josef Schäfer
Atomkraftwerk Grafenrheinfeld
Atommüll
Castoren
Instagram-Inhalte
Mittelradioaktiver Müll
Umfragen und Befragungen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Reinhard Opel
    Verschiedene Politiker, zb. in der CSU, CDU und AfD sehen in neuen Atomkraftwerken ein "Wundermittel" mit dem sich alle Krisen meister lassen. ein Blick nach Frankreich mit über 50 AKWs zeigt aber, daß dies zb. Beschäftigungspolitisch nichts bringt, dort ist die Arbeitslosigkeit höher als bei uns. und die Endlagerfrage für 1.000de Tonnen giftigen Atommüll ist noch immer ungelöst. der MP Söder, CSU, hält Bayern für eine Endlagerstätte für ungeeignet. ein AfD MdB aus Niedersachsen hält sein Bundesland für ungeeignet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Bayern hat doch faktisch das Endlager Grafenrheinfeld. Ich glaube nicht, dass der dortige Atommüll in den nächsten 100 Jahren weg kommt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Doris Hauptmann
    Die Konzerne haben jahrzehntelang kräftig am Atomstrom verdient. Die Kosten für die Entworgung gehen zu Lasten des Steuerzahlers. Trotzdem geht kein Aufschrei durch die Gesellschaft. Hinzu kommt die ständige Gefährdung des "Zwischenlagers" für die Anwohner. Ich hoffe, es werden keine Atomkraftwerke mehr in Deutschland gebaut. Dass die Nachbarländer damit sorglos umgehen, ist schlimm genug.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten