Ein bisschen Theaterfeeling hatten die Stadträte bei der Sondersitzung zur Sanierung desselben, standen die Stühle doch auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Getagt wurde nämlich nicht im Rathaus, sondern auf der abgedunkelten Bühne vor Ort. Im Hintergrund der Zuschauerraum, im Vordergrund die Leinwand, über die die Erkenntnisse der Ingenieure flimmerten.
Lesen Sie hier einen Kommentar von Oliver Schikora
Was David Klamroth von der Theater Engineering Ingenieurgesellschaft aus Berlin, Thomas Kößler von der skena Planungsgesellschaft aus Heidelberg und Reimond Krüger von der iwb Ingenieursgesellschaft aus Braunschweig vorlegten, ist die vollumfänglichste Bestandsaufnahme des Gebäudes seit der Eröffnung 1966. In den vergangenen eineinhalb Jahren wurde alles unter die Lupe genommen. Die Erkenntnis: „Es gibt Handlungsbedarf in allen Bereichen“, so Klamroth. Er betonte aber auch, dass „das Haus gepflegt und in gutem Zustand ist, aber die Technik im hinteren Bereich hat gelitten.“
Von der Bühnen- bis zur Haustechnik
Es gibt drei große Themenbereiche, die man angehen muss: Zum einen ist das markante Kupferdach schadhaft, braucht eine Generalsanierung. Zum anderen ist die Bühnentechnik in fast allen Bereichen auf dem Stand der 1960er-Jahre. Damit sind aber moderne Produktionen kaum mehr zu bewältigen. Der Schnürboden muss neu gemacht, die Nutzlasten zum Hochziehen der überdimensionalen Bühnenelemente verdoppelt werden und das Bühnendach ist grundsätzlich mit 16 Metern zu niedrig, müsste im Idealfall vier Meter höher sein. Ein sehr grundsätzliches Thema ist die gesamte Haus- und Gebäudetechnik – von den ästhetisch schick in die Mauern integrierten Fallrohren, die nach 50 Jahren aber teilweise leck sind und Wasserschäden verursachen, über Trinkwasserleitungen, Heizung, Lüftung, Stromleitungen, Brandschutz und Sprinkleranlage bis zu fehlenden Sozialräumen.
Möglich wären mehrere Varianten: ein dreigeschossiger Anbau hinter dem Gebäude nur für Sozialräume und Technik; eine Erhöhung des Bühnenturms im Rahmen der Dachsanierung; eine Erweiterung der Hinterbühne durch einen Anbau, in dem auch die Sozialräume und die Technikzentrale untergebracht werden.
Geschätzte Kosten von 38 Millionen Euro brutto
Die Kostenschätzung ist im Vergleich zu den bisher genannten Summen – unter anderem bei den Haushaltsberatungen im November vergangenen Jahres – deutlich höher: 38 Millionen Euro brutto inklusive der Honorare für die Planer. Sie ist aber auch ziemlich genau, obwohl noch keine Detailplanung zu Grunde liegt und beruht auf der Prämisse, dass bei der Gesamtsanierung der Bühnenturm erhöht und der große Erweiterungsbau der Hinterbühne verwirklicht wird. Also die „Pralinenlösung“, wie Oberbürgermeister Sebastian Remelé bemerkte.
SPD hadert mit Beschlussvorschlag
Die Frage, wie hoch die möglichen Zuschüsse vom Freistaat oder Bezirk sein könnten, ist im Moment nicht serös beantwortbar. Finanzreferentin Anna Barbara Keck erklärte auf Nachfrage dieser Zeitung, man setze alles daran, eine möglichst hohe Zuschussquote zu erreichen, wie sie bei der Sanierung der Theater in Coburg oder Würzburg auch ermöglicht wurde, also rund 50 Prozent. Wichtig ist für Keck aber, zunächst eine möglichst genaue Kostenschätzung zu haben, um auf dieser Basis dann die Zuschussfrage zu klären.
Ersatzspielstädte gesucht
Da die Sanierung so umfänglich ist, wird eine Schließung des Hauses für wahrscheinlich eineinhalb bis zwei Jahre nötig. Losgehen könnte es wohl nach der Saison 2019/2020, Wiedereröffnung wäre zur Saison 2022/23. Auf keinen Fall möchten Verwaltung und Theaterchef Christian Kreppel den Spielbetrieb einstellen. Den gut 9500 Abonnenten soll weiterhin ein Programm geboten werden. Wo, das ist noch offen und wird in den nächsten Monaten intensiv geprüft. Einen Ersatzneubau hält Christian Kreppel nicht für nötig, es gibt einige interessante Standorte im Stadtgebiet, unter anderem auf dem Areal der Ledward-Kaserne, mit denen man sich jetzt beschäftigt.