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Bergrheinfeld
Anti-Atom-Picknick am Tag der Sprengung: Massive Gefahr durch die Zwischenlager vor der Haustüre
Das Atomkraftwerk ist seit 2015 vom Netz. Jetzt sind die Türme weg. Was bleibt, ist radioaktiver Müll. Und Gegner, die weiterkämpfen wollen.
Am Tag der Sprengung der Kühltürme fand in Bergrheinfeld ein Anti-Atom-Picknick statt. Von links MdL Paul Knoblach (Garstadt), BA-BI-Sprecher Christian Schäflein und Hans-Josef Fell, ehemaliger Bundestagsabgeordneter aus Hammelburg. 
Foto: Susanne Wiedemann | Am Tag der Sprengung der Kühltürme fand in Bergrheinfeld ein Anti-Atom-Picknick statt. Von links MdL Paul Knoblach (Garstadt), BA-BI-Sprecher Christian Schäflein und Hans-Josef Fell, ehemaliger Bundestagsabgeordneter ...
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 23.08.2024 02:40 Uhr

Die Mikrofonanlage geht nicht. Als gegen 17.30 Uhr Christian Schäflein, Sprecher der BA-BI (Bürgeraktion Lebens-, Umwelt- und Klimaschutz / Bürgerinitiative gegen Atomanlagen) die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Anti-Atom-Picknicks unterhalb der Kläranlage in Bergrheinfeld begrüßt, streikt die Technik. Macht nichts. Schäflein spricht eben ein bisschen lauter.

"Die Kühltürme waren und sind nicht das Problem", sagt er. Sondern der radioaktive Abfall, der in den Zwischenlagern liegt. Schäflein geht, wie wohl alle, davon aus, dass außer der Störung der Mikrofonanlage alles planmäßig klappen wird, mit der Sprengung um 18.30 Uhr. "Wenn die Sprengung sich verzögert, hat sich wahrscheinlich Markus Söder an einem der Türme festgeklebt", witzelt er. Nichtsahnend, dass sich die Sprengung wegen eines Pro-Atom-Aktivisten verzögern wird, der auf einen Strommast im Sperrgebiet geklettert ist. 

Bei einem Anti-Atom-Picknick unterhalb der Kläranlage in Bergrheinfeld geht es um die Frage der Endlagerung des Atommülls.  
Foto: René Ruprecht | Bei einem Anti-Atom-Picknick unterhalb der Kläranlage in Bergrheinfeld geht es um die Frage der Endlagerung des Atommülls.  

Vom Picknick-Gelände mit perfekter Sicht auf die beiden Türme gegenüber hätte sich wohl niemand ins Sperrgebiet aufmachen können. Die Polizei picknickt sozusagen mit, Boote patrouillieren auf dem Main.

Christian Schäflein treibt wie viele ein Thema um: Was passiert mit dem Atommüll? "Ich werde nicht erleben, dass es ein Endlager geben wird, und wenn ich 100 Jahre alt werde." Sein Fazit: Es wird die Anti-Atom-Bewegung weitergeben müssen. 

 Paul Knoblach und Hans-Josef Fell sehen Risiken

Grünen-Landtagsabgeordneter Paul Knoblach sieht das genauso. Seit wenigen Tagen wisse man, dass sich die Suche nach einem Endlager weiter verzögern werde, bis 2074. Wobei das nicht heiße, dass dann auch ein Endlager zur Verfügung stehen wird. "Verwaltungsvorgänge im Bürokratie-Deutschland können zeitraubend sein." Knoblach hat in der Süddeutschen Zeitung einen Vergleich gefunden, der seiner Meinung nach zeigt, welch unfassbare Idee die Atomenergie einst war.

Man stelle sich einen privaten Bauantrag vor. Alles drin, von der Küche über die Zimmer bis zur Garage. Nur keine Toiletten.  Die Fäkalien sollen vorläufig in einem Zwischenlager nahe dem Grundstück unterkommen, um die Entsorgung kümmern sich eines Tages die Enkel.

Knoblach macht deutlich: Von den beiden Zwischenlagern in Grafenrheinfeld gehe eine massive Gefahr aus. Sie dürften nicht zu Endlagern werden, Lösungen müssten schnell gefunden werden. Die bis 2046 befristeten Zwischenlager einfach bis 2074 zu verlängern, sei verantwortungslos. 

Die weithin sichtbaren Türme hätte man seiner Meinung nach stehen lassen können als Mahnung, niemals mehr diesen Irrweg zu gehen. Und als Erinnerung, dass die atomare Gefährdung nicht verschwunden ist.   

Appell: Atomwiderstand aufrechterhalten 

"Die Anti-Atom-Bewegung ist wichtiger denn je", sagt Hans-Josef Fell, lange Jahre für die Grünen im Bundestag und ein Pionier der regenerativen Energie. Erneuerbare Energien hätten längst die Atomkraftwerke ersetzt. "Die Lichter sind nicht aus". Deutschland habe eine der sichersten Stromversorgungen der Welt, gerade wegen des hohen Anteils an erneuerbaren Energien. 57 Prozent Ökostrom waren laut Fell im ersten Halbjahr 2024 am Netz, im Juli waren es sogar 69 Prozent. 2030 könne man mit 100 Prozent rechnen. Die Atomenergie werde nie mehr zurückkommen, wie es der Verein Nuklearia noch vor wenigen Tagen auf die Türme projiziert habe, wie es CSU, FDP und AfD immer wieder forderten. 

Auch er sieht große Risiken, nicht nur durch die ungelöste Endlager-Frage. In Russland und in der Ukraine erlebe man, wie Atomkraftwerke zu Kriegszielen werden. Fells Fazit: Allein wegen der ungelösten Endlagerung hätten Atomkraftwerke nicht gebaut werden dürfen. Sein Appell an die Runde: "Lasst uns alle gemeinsam weiter den Atomwiderstand aufrechterhalten."

 
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  • Stefan Wolz
    Hoffen wir mal dass wir bis 2030 zu 100% erneuerbare Energie haben. Acheint die Sonne dann auch in der Nacht? Hoffen wir auf bessere Speicher oder das SuedLink fertig ist. Den Atom Gegnern empfehle ich Ihr Zelte an der französischen Grenze aifzuschlagen, um dortgegen die französischen Akws zu demonstrieren. Das Risiko dort halte ich für größere als die GRF lagernden Abfälle. Und klar jeder muss sich um seinen Müll selbst kümmern. Würde auch beim gelben Sack helfen und es gäbe weniger Plastik.
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  • Dietmar Eberth
    bis 2030 ist geplant 80% der Stromerzeugung durch EE

    https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/klimaschutz/faq-energiewende-2067498
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  • Erich Spiegel
    Ich vermute, dass für den anfallenden Schrott aus E-Autobatterien, Windrädern und Photovoltaik Modulen noch keine Konzepte für die Entsorgung vorliegen, sondern der Dreck auf Mülldeponien in Afrika landet. Man weiß ja noch nicht einmal wie man zukünftig das Stromnetz ohne Kohle und Atomstrom stabil halten soll. Letztes Jahr konnte man in der Mainpost lesen, dass die ÜZ Mainfranken noch an dem Thema forscht in Kooperation mit Hochschulen.
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  • Dietmar Eberth
    Gedanken über Konzepte/Lösungen für die Entsorgung von E-Autobatterien hat sich EVZ Beck (auch in Würzburg) schon 2018 gemacht
    https://www.team-elektro-beck.de/beck-automation-gmbh/leistungsspektrum/stationaeres-batteriespeichersystem.html
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  • georg ruettiger
    Es werden sich noch viele Generationen dafür "bedanken", dass die Vorfahren drei Jahrzehnte lang billigen Strom hatten und den Planeten gründlich vermüllt und ruiniert hinterlassen haben.

    Das ist den fortschrittlichen Zeitgenossen freilich sch... egal!
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  • Erich Spiegel
    Wahrscheinlich gibt es auch bei Photovoltaik, Windkraft und E-Autos Probleme bei der Müllentsorgung. Man stürmt erst mal los um das Klima zu retten. Wohin mit den Alt Batterien und dem Photovoltaik Schrott ist nicht das Problem der heutigen Grünen und Öko Aktivisten. Darum kann sich die nächste Generation kümmern. Oder gibt es schon Entsorgungskonzepte für den ganzen Öko-Müll?
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  • Alfred Neumann
    Irgendwie haben sie in der Schule beim Thema "Ionisierende Strahlung" nicht aufgepasst. Und Batterie-Recycling stand möglicherweise auch nicht auf dem Stundenplan. Alles Neuland.
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  • Florian Kuhl
    Typisch. Das AKW möchte ich nicht vor der Haustüre, den Atommüll nicht und die großen Energieleitungen auch nicht. Aber Strom möchte ich natürlich, bitte auch sehr günstig. Es ist diese grüne Scheinheiligkeit, die uns in den Ruin treibt.
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  • Matthias Braun
    Quatsch Herr Kuhl, niemand möchte den hoch radioaktiven Atommüll vor der eigenen Haustüre nicht mal die Union. Seit Fukushima wissen wir auch alle was passiert, wenn diese Anlagen außer Kontrolle geraten. Kernspaltung ist und bleibt nicht sicher beherrschbar, daher war es richtig, dass unter Regierung Merkel das Ende der Kernspaltung beschlossen wurde und die Anlage jetzt zurück gebaut wird. Die Endlagerung der hoch radioaktiven Abfalls ist zudem nach wie vor ungelöst. Kernfusion ist lt. Wissenschaft mit weniger Risiken verbunden. Bleibt zu hoffen,dass die Forschung hier weitere Erfolge erzielen kann. Darüber hinaus ist der Ausbau der Erneuerbaren ein wichtiges Thema. Hier kann noch viel mehr Potenzial ausgeschöpft werden. Kernenergie ist übrigens in der Erzeugung teurer als Strom aus den Erneuerbaren. Insofern sind die Erzählungen vom günstigen Strom aus AKW's nur eine Mär. VG Matthias Braun
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  • Jürgen Rothenanger
    Ich muss Sie leider korrigieren bezüglich Ihrer geschichtlichen Aussage. Das Ende der Atomenergie wurde 2000 unter Rot/Grün beschlossen, und 2002 durch die Novellierung des Atomgesetzes umgesetzt. Schon damals wurden Restlaufzeiten für jedes AKW festgelegt. Unter der Regierung Merkel (Schwarz/Gelb) wurden diese Restlaufzeiten verlängert, aber nach dem Fukushima Unglück wieder zurück gedreht.
    Man kann zur Atomenergie stehen wie man will, CO2 ärmer als Kohle ist sie allemal. Und funktioniert auch bei Dunkelheit und Windstille...
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  • Hiltrud Erhard
    sehr geehrter Herr Braun, auch wenn Sie es gebetsmühlenartig wiederholen ist Atomstrom auf Sicht immer deutlich billiger als EE strom. in 70 Jahren wurden etwa 100 Mrd an Fördergeldern Rückbau etc. bezahlt. in 20 Jahren des EEG allein 300-350 Mrd ja nach dem was Sie alles reinrechnen. (EEG alleine 250 Mrd.! Sie können das selbst googeln. Das haben wir Herrn Fell zu verdanken. Zugegebener Weise wären wir nie da mit PV und Wind, wenn es nicht gefördert worden wäre, aber jede Förderung braucht seine Zeit und einen langen Atem. aber einer muss es bezahlen, und das sind wir alle die Bürger. auf der einen Seite müssen wir alles bezahlen auf der anderen profitieren nur wenige davon. - Wie auch bei der Kernkarft, aber da war der Strom halt doch noch viel billiger als jetzt!
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  • Hiltrud Erhard
    Noch ein Nachtrag.
    die Endlagersituation ist ungelöst. Aber deswegen aufhören zu leben, zu forschen oder sich weiterzuentwickeln, neue Formen der Energiegewinnung zu suchen oder an Speicher der Zukunft zu denken wäre kurzsichtig und Dumm!
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  • Robert Grünewald
    Eben weil die Endlagerfrage ungelöst ist, wird ja an derlei Dingen geforscht (neue Energiegewinnung = erneuerbare Energien, Speicher der Zukunft, Wasserstoff etc.). Man forscht sogar nach Endlagern.

    Aber eben nicht mehr an Atomenergie. Wir leben aber dennoch weiter.

    Einfach weiter Atommüll produzieren und das Lösen des Endlageroroblems nachfolgenden Generationen überlassen, nur damit man es heute bequem hat, ist keine ethische oder, wenn Sie so wollen, christliche Haltung. Dies auch besonders dann nicht, wenn es Alternativen gibt; und die gibt es!
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  • Silke Müller
    Ja, Strom soll billig sein und deshalb aus Sonne und Wind. Ja, niemand will Atommüll vor der Haustür, doch scheinheilig sind nicht die Grünen, sondern Söder, der Atomkraftwerke will, aber Bayern ausgeschlossen hat für ein Endlager. Auch die großen Stromleitungen werden vor allem von CSU und Freien Wählern in Frage gestellt.
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  • Manfred Englert
    Die großen Stromleitungen, Frau Müller, die haben wir doch schon lange. Und die werden nicht durch Söder in Frage gestellt, sondern durch viel zu viele Bürgerinitiativen.
    Und in Sachen Scheinheiligkeit, wenn Sie denn schon darüber diskutieren möchten, haben die Grünen die anderen längst eingeholt, wenn nicht sogar schon überholt: Siehe Habecks umgebautes Ministerium, Habecks Heizungsgesetz das er selbst als großen Versuchsballon erklärte oder Bürgermeister Heiligs Ausführungen zu seiner Fahrt mit dem Auto durch die Fußgängerzone und "freies Parken wo ich will, weil ich als Bgm dies kann"!
    Alles nachzulesen in unserer objektiven MP.
    Deshalb, Frau Müller, ist es doppelt schlimm, wenn Menschen dieser Partei, die die Moral wie eine Monstranz vor sich tragen, auffällig werden.
    Mir fällt noch ein ganz wichtiger Punkt zu dieser Scheinheiligkeit ein: Die Migrationsfrage!
    Mit der Ampel gegen illegales Einreisen sein, aber durch die Botschaften läßt Frau B Visa erteilen.
    Danke
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  • Alfred Neumann
    Wir haben so viel Strom aus regenerativen Energien, dass wir ihn sogar verschenken. Dummerweise ist dieser Strom im Norden unseres Landes und kann nicht in den Süden geschickt werden, weil unsere Staatsregierung es verpennt hat.
    Hochwasserschutz: Starkregen konnte ja niemand wissen ... Da war weder Grüne noch SPD beteiligt.
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  • Silke Müller
    Also lieber keine Moral haben...
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  • Erich Spiegel
    Ich möchte Söder mal in Schutz nehmen. Für ein Endlager müssen auch die geologischen Anforderungen beachtet werden. Daran hapert es in Bayern, worüber die Bayrische Bevölkerung wohl froh ist und mit Sicherheit auch Söder.
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  • Silke Müller
    Wie per Mail gewünscht.
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