Stress in den Weihnachtsvorbereitungen, und schon kommen Wehen. Das hat Eva-Maria Gal in ihren rund 30 Jahren als Hebamme beobachtet. Dagegen wirkt freilich, dass die wenigsten werdenden Eltern just am 24. Dezember entbinden wollen. Denn auch wenn historisch-korrekt der 25. als Tag der Geburt Jesu gilt, ist doch der 24. in Deutschland dafür bekannt. „Heiligabend ist das Fest der Familie“, sagt Gal, den Tag im Kreißsaal verbringen will kaum einer, wenn es sich vermeiden lässt. Geplante Kaiserschnitte gibt es am 24. nicht. Obwohl kein gesetzlicher Feiertag, arbeitet meist eine Notbesetzung.
Die Geburtsstatistik des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt aus den vergangenen zehn Jahren bestätigt das unbeliebte Geburtsdatum: Die Geburtszahlen am 24. Dezember sind „im Verhältnis zu den Zahlen des 23.12. und 25.12. niedrig“, sagt Vanessa Seifert, Sprecherin des St. Josef Krankenhauses. Im Schnitt kommen demnach 1,2 Babys innerhalb der 24 Stunden von Heiligabend zur Welt. In den Jahren 2013, 2014 und 2015 war es kein einziges.
Eva hat an Heiligabend Namenstag
Dass Eva-Maria Gal, langjährige Hebamme im St. Josef-Krankenhaus, die Vornamen Eva und Maria trägt, ist kein Zufall. Gal wird im Jahr 1954 in Kartuzy nahe der Stadt Danzig als fünftes Kind zu Hause geboren – und zwar am 24. Dezember. Um 20.45 Uhr abends liegt sie als Christkind unterm Weihnachtsbaum. „Meine Großmutter hat auf den Namen Eva und Maria bestanden.“ Eva ist der Namenstag des 24. Dezembers, und Maria Hauptperson der biblischen Weihnachtsgeschichte.
Lesen Sie auch, was andere Christkinder berichten:
- Astrid Schott aus Schweinfurt: Halbjahresgeburtstag im Sommer
- Hermann Koch aus Wasserlosen: Schafkopfen zum Reinfeiern
- Uta Christine Lampka aus Sennfeld: Wilde Feten von 1977 bis 2005
- Susanne Peter aus Schweinfurt: Frühstück mit Familie und Sekt
Als Spätaussiedlerin kommt Gal mit ihrer Familie später in die Bundesrepublik. 1987 beginnt sie als Hebamme am St. Josef. Die ersten 20 Jahre arbeitete sie fortan häufig an ihrem Geburtstag. Wegen der geringeren Besetzung oft kein freiwilliges Los. Doch Gal macht das gerne, kocht zu Hause das Festessen für ihren Mann und die drei Kinder vor. Traditionell gibt es zwölf verschiedene Speisen, ein Gedeck bleibt unbenutzt, immer „für eine Person, die noch unterwegs ist“. Gastfreundschaft wird großgeschrieben.
Christkind hilft anderen Christkindern auf die Welt
„Das Christkind kommt“, hört sie an Heiligabend im Dienst häufiger. Nicht zuletzt wegen ihres blonden Haarschopfs. Besonders gut erinnert sich Gal an Heiligabend 2013: Davor hatte sie einer schwangeren Kollegin versprochen, ihr bei der Entbindung beizustehen. 16. Dezember war als Geburtstermin angesetzt gewesen. Dass das Kind sich bis zum 24. Zeit lassen würde, konnte keiner ahnen.
So hat Gal als Christkind anderen Christkindern auf die Welt geholfen. Wie vielen? Das kann sie nicht sagen. Insgesamt dürften es Fünf- oder Sechstausend Babys gewesen sein. „Mein Beruf ist meine Berufung“, sagt Gal. Inzwischen entbindet sie schon die Kinder der früheren Neugeborenen. Auch ihre vier Enkelkinder brachte sie mit auf die Welt.
Weihnachtsmusik im Kreißsaal
Weihnachtsatmosphäre auf der Geburtsstation? Außerhalb der Hygienebereiche hängen Geschenkboxen von der Decke. Besonders ruhig sei es an Heiligabend im Krankenhaus. Traditionell bekommt jede Station an diesem Tag einen Christbaum aufgestellt. Und im Kreißsaal tönen aus dem Radiogerät Weihnachtslieder, das lenkt ab. Vielleicht ist auch ein „Ihr Kinderlein kommet“ dabei.