Die Minuten vor einer Vorstellung im Theater sind immer die aufregendsten. Wird alles klappen? Was sagt das Publikum? Wie kommt die Aufführung an? Der neue Theaterleiter Christof Wahlefeld kennt diese wohlige Aufregung als Dramaturg nur zu gut. Beim Theater-Flohmarkt am 30. April war es genauso, auf den Brettern, die die Theater-Welt in Schweinfurt bedeuten: Wer kommt, wie viele und was wird verkauft?
Es kamen erstaunlich viele, über 500, wie Wahlefeld freudestrahlend resümierte. Vor dem Bühneneingang an der Theaterkasse gab es bereits ab 11 Uhr eine lange Schlange, Geduld war gefragt. Den ganzen Samstagsvormittag war der Theaterchef gemeinsam mit seinem Team andauernd auf Achse, beantwortete Fragen der Besucher, organisierte den Verkauf auch größerer Mengen von Gegenständen. Kaum Zeit zum Durchschnaufen, doch es sollte sich lohnen. "80 Prozent dessen, was wir angeboten haben, ist verkauft", freute sich Wahlefeld.
Nötig war der Verkauf, weil das Theater bekanntlich ab Anfang Juli generalsaniert wird. Nach dem Ende des letzten Corona bedingten Lockdowns im Frühjahr 2021 wurde es nicht wieder eröffnet, um auch die Zeit zu nutzen, die seit Jahren geplante Sanierung gut vorzubereiten. Nun soll es, nachdem das Haus völlig leer geräumt ist und die Verwaltung mit dem Theaterchef vorübergehend im Museum Otto Schäfer Unterschlupf findet, im Sommer mit der Sanierung losgehen.
Zu bieten hatte das Theater alles, was das Flohmarkt-Herz der Schweinfurter begehrte. Am Tisch mit den unzähligen Aufklebern für Fluchtwege oder Feuerlöscher hatte eine Frau einen ganzen Packen an Aufklebern in der Hand, "die kann ich sehr gut für Veranstaltungen gebrauchen". Eine ebenso begehrte und schnell ausverkaufte Preziose: die roten Blecheimer mit der Aufschrift "Feuerlöscheimer", wo bei Aufführungen Sand drin war, um eventuelle Brände schnell zu ersticken.
Im Grunde gab es nichts, was es nicht gab: Unzählige Lautsprecher, Mischpulte, Scheinwerfer, Abdeckfolien für verschiedenfarbiges Licht auf der Bühne, Taschenlampen, jede Menge alte Boxen, Lampen, teilweise noch originalverpackt. Die Wägen der Menschen waren teils voll gepackt bis obenhin. Ein junges Paar aus Schweinfurt ergatterte mehrere Scheinwerfer, "die können wir sehr gut in unserem Partykeller gebrauchen", erzählte die junge Frau, während ihre Schwester neben ihr sich über einen Baustrahler freute: "Wir sind nämlich gerade dabei, zu bauen."
Immer wieder zu sehen auch viele Kinder und Jugendliche – die Tanzszene in Schweinfurt ist stark ausgeprägt – was man auch in den vergangenen Jahren bei dem sehr gut angenommenen Modern-Dance-Abo immer wieder beobachten konnte. Insofern waren die vielen Tanzböden für zuhause ein begehrtes Souvenir aus dem Theater, das auch noch einen großen Nutzen für das Training hat.
Ob Kunstblume, Dirigentenstab oder alte Seile, die nicht mehr gebraucht werden – die Besucher hatten für fast alles Verwendung und konkrete Ideen, was man damit machen kann. Das Handy und die Anrufe zu Hause waren ständiger Begleiter. Zum Beispiel für eine Dame aus dem Landkreis, deren Mann Zeltverleiher ist. Die unscheinbaren, aber nichts desto trotz unglaublich schweren Gewichte, die man im Theater vor allem für Kulissen immer wieder brauchte, waren da natürlich gern gesehen und wurden in großer Menge verkauft.
Ein Paar aus Würzburg freute sich über ein überdimensionales altes Foto einer Theaterszene in schwarz-weiß einer Aufführung aus den 1960er-Jahren, "das kommt zu Hause in die Wohnung" – als Erinnerung ans Theater und mit dem besonderen Theater-Gefühl, das leidenschaftliche Besucher nur allzu gut kennen. Die Bilder fanden im übrigen grundsätzlich reißenden Absatz, selbst die auf Planen aufgezogenen großen Bilder, die zum 50. Geburtstag des Theaters 2016 gestaltet wurden und die verschiedenen Jahrzehnte illustrierten.
Knapp 3500 Euro brachte der Verkauf insgesamt, resümierte Christof Wahlefeld. Und es wird noch deutlich mehr, denn mitten im Raum stand beim Flohmarkt auch der Steinway-Flügel von 1955, den das Theater verkauft. Gut abgedeckt natürlich, Preisschild 40.000 Euro. Beim Flohmarkt selbst wurde er nicht verkauft, aber es gibt ein Gebot, das die Stadt akzeptieren wird, für einen Betrag unwesentlich unter dem Wunschpreis. Kein Wunder also, dass der erst seit 1. Februar im Amt befindliche Theaterchef sich nach einem anstrengenden Vormittag dennoch mehr als zufrieden zurücklehnte: "Es macht Spaß zu sehen, wenn die Menschen Andenken ans Theater finden."