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Region Gerolzhofen
Airbus hat Notfall über Unterfranken: Lufthansa-Maschine lässt 75 Tonnen Kerosin in der Luft ab
Ein vierstrahliger Airbus der Lufthansa kreiste am späten Sonntagabend wegen technischer Probleme über Unterfranken. Dabei öffnete der Pilot die Treibstofftanks.
Ein Lufthansa-Airbus vom Typ A 340, im Bild ein Jet dieses Typs beim Start am Flughafen Frankfurt, musste am Sonntagabend tonnenweise Kerosin ablassen.
Foto: Boris Roessler (dpa) | Ein Lufthansa-Airbus vom Typ A 340, im Bild ein Jet dieses Typs beim Start am Flughafen Frankfurt, musste am Sonntagabend tonnenweise Kerosin ablassen.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:03 Uhr

Am späten Sonntagabend war in der nächtlichen Ruhe über Gerolzhofen um 23.05 Uhr plötzlich das recht laute Geräusch eines Flugzeugs zu hören. Ein Blick auf die Internet-Seite "Flightradar 24" machte deutlich, dass es sich dabei um einen vierstrahligen Airbus A 340-313 der Lufthansa mit der Kennung D-AIGU handelte.

Eigentlich sollte die Maschine von Frankfurt aus nach Singapur fliegen. Die über 10.000 Kilometer lange Nonstop-Verbindung Frankfurt-Singapur wird von der Lufthansa täglich mit dem Flug LH 778 bedient. Es kommt dabei zumeist ein Airbus A 340 mit 30 Business Class-, 28 Premium Economy- und 221 Economy-Sitzen zum Einsatz. Die normale Flugzeit bis Singapur beträgt annähernd 13 Stunden. Der Jet war also beim Start in der Main-Metropole praktisch vollgetankt.

Airbus A 340 flog in ungewöhnlich geringer Höhe

Die Maschine erreichte am Sonntagabend in einer ungewöhnlich geringen Höhe von gut 4000 Metern aus Richtung Süden das Gebiet zwischen Steigerwald und Main und flog dann weiter in Richtung Schweinfurt. Sie hatte also ganz offensichtlich ihre geplante Flugroute verlassen. Kurz vor Schweinfurt drehte der große Airbus dann nach links ab, um später über dem Spessart in Richtung Süden zu fliegen. Kurz vor Schwäbisch Hall drehte die Maschine wieder in Richtung Norden und kam um 23.45 Uhr ein zweites Mal bei Gerolzhofen vorbei.

Diesmal flog der Pilot danach noch weiter nördlich bis hoch in den Landkreis Rhön-Grabfeld, ehe er erneut nach Westen abdrehte und allmählich in den Landeanflug auf den Airport Frankfurt ging. Dort landete die Maschine dann sicher.

Eine Nachfrage bei der Pressestelle des Luftfahrt-Bundesamts ergibt, dass es am Sonntagabend tatsächlich zu einem Zwischenfall im Luftverkehr über Nordbayern mit "Fuel Dumping" gekommen ist.

Dieses "Treibstoff ablassen" bezeichnet ein gängiges Verfahren aus der Luftfahrt, bei dem ein Teil des Treibstoffs aus den Tanks eines fliegenden Flugzeugs in die Atmosphäre geleitet wird. Dieses Ablassen von Kerosin vor einer ungeplanten Landung ist notwendig, damit das Flugzeug deutlich an Gewicht verliert. Denn das Fahrwerk eines großen Passagierjets ist nicht stabil genug, um bei der Landung das Gewicht einer praktisch noch vollgetankten Maschine aufzufangen.

Luftfahrt-Bundesamt bestätigt den Vorfall des Kerosin-Ablassens

Die Flugsicherung weist dem Piloten für das "Fuel Dumping" ein bestimmtes Gebiet zu. Das Schnellablassen des Flugbenzins soll nach den Regularien der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation über möglichst dünn besiedeltem Gebiet und in einer Mindesthöhe von 1800 Metern über Grund passieren.

Die Grafik zeigt die Flugroute der Lufthansa-Maschine (rot eingefärbt) von Frankfurt aus in den Raum Schweinfurt/ Gerolzhofen.
Foto: Screenshot Flightradar 24 | Die Grafik zeigt die Flugroute der Lufthansa-Maschine (rot eingefärbt) von Frankfurt aus in den Raum Schweinfurt/ Gerolzhofen.

Auf der Homepage des Luftfahrt-Bundesamts ist eine Liste der außerplanmäßigen Treibstoffablässe im deutschen Luftraum veröffentlicht. Der jüngste Eintrag auf dieser Liste behandelt die Situation vom Sonntagabend. Betroffen war laut Liste ein ziviles Flugzeug. Dieses sei auf einem "Flight Level 140" unterwegs gewesen, was einer Höhe von 14.000 Fuß beziehungsweise 4267 Metern entspricht. Insgesamt seien 75 Tonnen Kerosin abgelassen worden. Als Grund für das Fuel Dumping werden "technische Probleme" angegeben.

Lufthansa-Pilot informierte die Fluglotsen

Auch die Deutsche Flugsicherung, deren Lotsen den Flugverkehr über Deutschland steuern, bestätigt den Vorfall. Der Pilot vom Flug LH 778 habe kurz nach dem Start in Frankfurt über Funk den Lotsen mitgeteilt, dass seine Maschine Probleme mit den Landeklappen habe, teilt Pressesprecherin Ute Otterbein auf Anfrage mit. Der Pilot habe sich deshalb zur Rückkehr nach Frankfurt entschlossen und dann das Notverfahren des Kerosin-Ablassens eingeleitet. In einer solchen Situation entscheide alleine Pilot und nicht der Lotse über das Vorgehen, erklärt Otterbein.

"Fuel Dumping" ist kein seltener Einzelfall

Das Ablassen von Kerosin über Nordbayern ist kein Einzelfall. Auf der Liste der Treibstoffablässe des Luftfahrt-Bundesamts sind für den März 2022 noch zwei andere Vorgänge aufgeführt: Am 14. März hat ein Flugzeug 45 Tonnen Kerosin abgelassen und am 25. März hat sich ein weiterer Flieger vor der Landung noch um 50 Tonnen Treibstoff erleichtert. Die 75 Tonnen, die die Lufthansa-Maschine am Sonntagabend ablassen musste, stellen allerdings eine außergewöhnlich große Menge dar.

Vom abgelassenen Treibstoff kommt laut Flugsicherung nur ein "sehr geringer Teil" am Erdboden an, da das Kerosin durch die hohe Geschwindigkeit des Flugzeugs sehr kleinteilig zerstäubt wird und als feiner Nebel verdunstet. Bei einem Treibstoffschnellablass erreichen nur 0,02 Gramm Kerosin auf einem Quadratmeter den Boden – was der Menge eines Schnapsglases verteilt auf 1000 Quadratmetern entspricht.

 
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  • S. S.
    Was wäre eigentlich passiert, wenn jemand draußen gegrillt oder eine Kerze angelassen hätte?
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  • E. S.
    Oh Herr, lass Hirn (aus den Flugzeugen?) regnen.
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  • B. H.
    Mannomann, 120 000 Liter…
    Müssen denn täglich 280 Leute nach Singapur ab Frankfurt? Und wie hoch ist eigentlich die Auslastung? Am Ende halb belegt? Reicht nicht 3x wöchentlich Singapur? Habe von absurden Leerflügen gehört. Da mal ansetzen?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    ...also wenn ich ein wenig Benzin beim Rasenmäher nachfülle und wenig wenig daneben schütte, riecht das schon mächtig - was erst bei 75 Tonnen passiert, was sich ja quasi in Luft auflöst ist noch zu erschnüffeln - könnte ja mal in "wer weiss denn sowas" vorkommen, um mehr Sensibilität zu erlangen! Ach ja und umsatzsteuerfrei - es finde ja steuerlich gesehen ein Verbrauch im Luftraum statt - ist ja umsatzsteuerrechtlich kein "Erhebungsgebiet" somit als NICHT steuerbar zu bewerten...sollte man als Luftraum/-verschmutzung mit versteuern zwinkern
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  • H. L.
    Ich wundere mich doch sehr über die Kommentare hier. Was hätte denn der Pilot machen sollen? Wenn er kein Kerosin ablässt und einfach landet, ist die Gefahr riesig, dass es hier mehrere 100 Tote gibt. Wäre das die bessere Alternative gewesen?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Der Pilot kann dazu freilich nichts. Aber warum werden keine Flugzeuge gebaut, bei denen das Fahrwerk auch ein vollgetanktes Flugzeug tragen kann
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  • P. B.
    Gehirn einschalten. Wenn jedes Flugzeug so gebaut wird, dann ist es doch logisch, dass das Flugzeug schwerer wird. Und das kostet bei jedem Flug zusätzlich Kerosin. Ergo bei tausenden Flügen am Tag mehr Kerosin Verbrauch. Also wird die Ausnahmen Kerosin abzulassen in Kauf genommen.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Zum Glück sind wir in der technischen Entwicklung schon am Ende und es ist natürlich unmöglich neue technische Möglichkeiten zu erforschen. Aber vermutlich fehlt der Anreiz dafür.
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  • A. M.
    "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal einen Kommentar schreiben..."
    Selten so gelacht, wie bei dem gesammelten Quatsch unter diesem Artikel.
    Vielen Dank und guten Flug in den nächsten Mallorca-Urlaub, liebe Mainpost-Leser! zwinkern
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  • S. K.
    man kann doch Flugzeuge in der Luft betanken...

    geht das nicht umgekehrt auch
    das man die Brüh wieder in ein anderes Flugzeug absaugt?

    und wenn ich mir auf Flightradar24 angucke
    was auf der Welt geflogen wird
    ist das fliegen viel zu billig!
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  • K. F.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • M. K.
    Und wo sind die Grünen.......sie meckern doch auch immer gegen jede Art von Umweltverschmutzung.
    Nur da hört man nichts von ihnen.......
    Zu wenig öffentliches Geschreie??????
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  • G. W.
    Und Ihrer Meinung nach haben dann alle anderen politischen Farben außer Grün das unerschütterliche Recht auf Umweltsauereisen für sich gepachtet?

    'und wo sind die grünen...'
    Immer der selbe floskelige Schmarrn!
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  • D. T.
    Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die (Schmink-)Koffer der Passagiere zur Gewichtserleichterung rauszuschmeißen?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Das ablassen macht man ja nicht zum Spaß.
    Daher verstehe ich die ganze Aufregung nicht.
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  • H. S.
    Dann müssten eigentlich alle Einflugschneisen großer Airports inzwischen schon durch Kerosin vollkommen vergiftet sein! Und das ist gar nicht zynisch gemeint: Die Piloten müssen ihr Landegewicht immer maximal reduzieren. Was das jedoch langfristig für die Umwelt bedeutet, ist eher noch nicht so klar... Da geht es bei jedem einzelnen Flieger um Tonnen von Kraftstoff! In dem Fall hier sogar um 75 Tonnen, oder um ca. 100.000 Liter. Damit könnte man einen VW-Golf ca. 1.650 Mal volltanken, oder: Wenn ich einmal pro Woche volltanken müsste, könnte man mit der Spritmenge über 30 Jahre lang Golf fahren!!! (Klar, es ist das falsche Destillat, aber deswegen nicht weniger bedenklich...)
    Aber Hallo: Das bei einem einzigen Flug?
    Aber warum können die sich sowas überhaupt leisten? Weil das Kerosin steuerbefreit ist, und nur sowas um die 38 ct/Liter kostet, und nicht das, was wir derzeit beim Tanken zahlen:
    Kerosin muss endlich besteuert werden!!!
    Wollte die Zahlen nur mal ins Verhältnis setzen...
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  • E. S.
    Dies geschieht nur im Notfall.
    Normalerweise wird soviel gedankt wie bis zum Zielflughafen benötigt wird, plus einer Reserve.
    Deswegen wird nur im Notfall Kerosin abgelassen.
    Gut ist das selbstverständlich nicht.
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  • R. P.
    Sehr informativer Beitrag!
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  • E. S.
    ... ein "sehr geringer Teil" am Erdboden an ...

    Und der Rest bleibt in der Luft und ist gaaanz unschädlich, bestimmt auch dann noch wenn mit dem nächsten Regen alles runterkommen.

    Bei Regen riecht es ja immer so frisch - tief durchatmen.
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  • R. E.
    Die Welt ist einfach nur noch krank. Und an der Spitze unsere Politiker, die derartige Praktiken erlauben.
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