Nicht einmal ganz 14 Monate sind seit dem Spatenstich Ende März 2022 verstrichen, bis am nördlichen Stadtrand von Gerolzhofen auf sprichwörtlich freier Flur das größte Bauwerk der Stadt aus dem Boden gewachsen ist. Und nicht nur das: Wie angekündigt, nimmt das weltweit modernste Logistikzentrum des Unternehmens Norma in wenigen Tagen pünktlich seinen Betrieb auf. 200 Frauen und Männer arbeiten künftig in den auf dem elfeinhalb Hektar großen Firmengelände entstandenen Hallen und Büros.
Am Freitagabend feierte das Unternehmen dessen Fertigstellung mit rund 700 Gästen. Dies gelang in Rekordzeit, trotz herausfordernder Begleitumstände durch die Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg und deren Folgen auf die Bauwirtschaft. 35 Millionen Euro hat der Konzern eigenen Angaben nach in den Neubau investiert.
Dieser war allein wegen des immensen Flächenverbrauchs nicht unumstritten. Zum Spatenstich, zu dem auch Ministerpräsident Markus Söder gekommen war, hatten noch rund 50 Frauen und Männer gegen den "Flächenfraß" und den Verlust von landwirtschaftlicher Nutzfläche demonstriert. Zur Eröffnungsfeier jetzt war von Protest nichts mehr zu hören. Niemand störte die Feier vollendeter Tatsachen.
Ausbaupläne für den bisherigen Standort
Von einem "Meilenstein in der Erfolgsgeschichte des Unternehmens Norma", sprach etwa Franz Fritzenschaft, der als Niederlassungsleiter vor Ort in Gerolzhofen das Sagen hat. 140 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe man für das Logistikzentrum eingestellt und angelernt. Hinzu kommen 60 Angestellte, die von Röttenbach bei Erlangen in den neuen Standort Gerolzhofen gewechselt sind. Von den Arbeitsplätzen am bisherigen Logistik-Standort in Mittelfranken gehe kein einziger verloren, versprach Fritzenschaft. Denn dort baue Norma seinen Online-Versandhandel aus. Wer seinem Arbeitsplatz nicht 70 Kilometer weiter nach Gerolzhofen folgen wollte, werde dort weiterbeschäftigt.
Als Grund für den Umzug des Logistikzentrums von Mittel- nach Unterfranken führte Fritzenschaft die strategisch günstigere Lage von Gerolzhofen an. Expansionen in der Rhön sowie in Hessen hätten dazu geführt, dass Röttenbach zu sehr "an den südlichen Rand" des Einzugsgebiets von Norma gerutscht sei. Durch die Belieferung der Filialen von Gerolzhofen aus spare sich der Discounter pro Jahr 600.000 Kilometer Transportwege und entsprechend Geld, aber auch Kraftstoff-Emissionen.
Möglichkeiten zum Energiesparen genutzt
Überhaupt sei der Neubau in Gerolzhofen mit dem umgesetzten Energiestandard, einschließlich großflächiger Photovoltaik-Flächen zur Eigenstromversorgung auf dem Dach und die Nutzung von Abwärme aus den Kühlanlagen zum Heizen des Gebäudes, "das ziemlich Optimalste", was sein Unternehmen bisher im Logistikbereich gebaut hat, sagte Gerd Köber, Vorstandvorsitzender von Norma.
Unter diesem Aspekt sah auch Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak die für den Bau unter Tausenden Tonnen von Beton verschwundenen Ackerflächen als zumindest "nachhaltig" versiegelt an. Mustergültig habe Norma geltende Energiespar-Vorgaben übertroffen. Und auch aus Sicht der Stadt bedeuten zusätzliche Arbeitsplätze vor Ort nicht nur eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Auch der "Familienstandort" profitiere von Arbeitsplätzen, die ohne Auto erreichbar seien. Keinen Hehl machte Wozniak aber auch daraus, dass er sich aus Sicht der Stadt dank der Investition des Großkonzerns "auf jährlich wachsende Gewerbesteuereinnahmen freue".
Ganze Region profitiert von zusätzlichen Arbeitsplätzen
Auch für den Landkreis Schweinfurt seien 200 zusätzliche Arbeitsplätze ein beachtlicher Zugewinn, der den hiesigen Lebens- und Wirtschaftsraum stärke, befand Landrat Florian Töpper. Diese Arbeitsplätze seien nicht nur für die einzige Stadt im Landkreis wichtig, sondern für die gesamte Steigerwaldregion.
Mit Blick auf die Zukunft ließ die Norma-Unternehmensspitze keinen Zweifel offen, dass dem Logistik-Bereich eine Schlüsselrolle zukomme. Vorgesehene Expansionen in Norddeutschland, aber auch in Tschechien seien ohne eine starke Logistik nicht vorstellbar, sagte Vorstandsvorsitzender Köber. Am dafür notwendigen Geld fehle es nicht, beteuerte Helmut Seidel, der Vorsitzende der Norma-Stiftung. Die Finanzkraft des Unternehmens, das vergangenes Jahr eigenen Angaben nach gut 1,2 Milliarden Euro Umsatz verbucht hat, reiche auf jeden Fall aus, um auch möglichen Krisen zu überstehen.
Dies dürfte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann gerne vernommen haben. Dieser lobte das im Jahr 1921 in Mittelfranken gegründete Unternehmen dafür, dass es weiter auch in Franken in die Einzelhandels- und Lebensmittelversorgung investiert. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig dieser Bereich sei.
Eike Kühn, Projektleiter Köster GmbH Nürnberg und sein Team