Ministerpräsident Markus Söder als Ehrengast zu einem Spatenstich – das zeigt schon, dass der Termin am Freitagnachmittag in Gerolzhofen kein ganz alltäglicher war. Tatsächlich ist die damit offiziell eröffnete Baustelle des Discounters Norma von einer außergewöhnlichen Dimension für die Stadt. Und auch darüber hinaus ist es eine der größten Baustellen in der ganzen Region. Auf gut elfeinhalb Hektar entsteht innerhalb von gut einem Jahr am nördlichen Stadtrand für rund 35 Millionen Euro ein Logistik-Zentrum. Ein Grund zum Feiern, fanden die Ehrengäste im eigens zum Spatenstich errichteten Festzelt auf dem Baugelände. Draußen, vor dem Gelände, sah man das durchaus anders. Dort zeigten sich Teilnehmer einer Kundgebung besorgt wegen des immensen "Flächenfraßes" und des Verlusts von landwirtschaftlicher Nutzfläche.
Ob Söder die etwa 50 Frauen und Männer an der Einfahrt zur Max-Planck-Straße überhaupt wahrnahm, als er kurz nach 16 Uhr in seiner schwarzen BMW-Limousine vorbeichauffiert wurde? Wer weiß. Zumindest ließ sich der Ministerpräsident davon gleich darauf in seiner Rolle als Ehrengast nichts anmerken. Daran hätte sich wohl auch nichts geändert, wenn er die Sprecher der Kundgebung, die knapp eine Stunde vor Söders Eintreffen begann, gehört hätte. Edo Günther, Schweinfurter Kreisvorsitzender des Bund Naturschutzes, sprach beispielsweise von einer ganzen Reihe von Bauprojekten, wie den Ausbau der B 286, die in der Region immer mehr Flächen versiegelten, statt Landschaften zu schützen.
Forderungen nach Steigerwaldbahn und Nationalpark
Der Gerolzhöfer Thomas Vizl, stellvertretender Landrat und Sprecher der hiesigen Stadtratsfraktion von Geo-net, kritisierte neben dem Flächenverbrauch den zunehmenden Verkehr mit bis zu 170 zusätzlichen Lastwagen täglich, die das Logistikzentrum mit sich brächte. Er forderte Söder auf, "Bayern zum Vorbild der Energiewende" zu machen. Hierzu gehört für Vizl auch die Reaktivierung der Steigerwaldbahn und die Schaffung eines Nationalparks im Steigerwald.
Die Kundgebung und die dort geäußerten Forderungen waren in dem von Polizisten und Sicherheitspersonal abgeschirmten Festzelt nicht nur räumlich ein gutes Stück entfernt. Franz Fritzschenschaft, Niederlasssungsleiter der Regionalgesellschaft von Norma in Röttenbach, die nach Gerolzhofen umzieht, betonte den "Klima- und Umweltgedanken", der bei dem Bauvorhaben eine große Rolle spiele. So sei es dem Discounter wichtig, in seinem neuen Logistikzentrum keinerlei fossilen Brennstoffe einzusetzen. Zum Einsatz kämen Luft-Wärme-Pumpen zum Heizen. Gekühlt würde mit energiesparender Kohlendioxid-Technik. Auf den Dächern der Hallen sollen auf zunächst über 10.000 Quadratmetern Photovoltaikmodule einen Großteil des vor Ort benötigten Stroms erzeugen.
Norma ist im Jahr 1921 in Fürth gegründet worden und fühle sich weiter stark mit Franken verbunden, auch, nachdem es zu einem Konzern mit Milliarden-Umsatz aufgestiegen ist, erklärte Fritzschenschaft. In Gerolzhofen habe man – "nach nicht immer ganz einfachen Grundstücksverhandlungen" – eine neue Heimat gefunden, auch dank der "hervorragenden Zusammenarbeit" mit Bürgermeister, Stadtrat und Landrat. Der Neubau des größten und modernsten Logistikzentrums des Unternehmens stelle die größte Einzelinvestition in dessen Geschichte dar.
Norma möchte verlässlicher Partner sein
Verbunden sei damit die Schaffung von über 200 Arbeitsplätzen für festangestellte, übertariflich bezahlte Mitarbeiter, beteuerte Fritzenschaft. "Wir werden ein Teil des Handels und Handwerks in Gerolzhofen sein. Ein verlässlicher Partner und Nachbar."
Als "freudigen Tag" in einer Welt, "die sich gerade in einer Depression befindet", bezeichnete Ministerpräsident Söder den Tag des Spatenstichs am Freitag. Der gebürtige Nürnberger sah darin ein gutes Signal für den ländlichen Raum, zumal sich mit Norma ein "original fränkisches " Unternehmen vor Ort ansiedle, dem es wichtig sei, heimische Landwirte und Erzeuger zu unterstützen.
Lebensmittel seien seit Beginn des Ukraine-Kriegs, der neue Hamsterkäufe ausgelöst habe, in den Fokus des allgemeinen Interesses gerückt, meinte Söder. Dass diese aus der Region stammten sei dabei wichtiger, als die Frage, ob konventionell oder biologisch erzeugt.
Wozniak: "Stillstand ist keine Option"
Bürgermeister Thorsten Wozniak bezeichnete Gerolzhofen als kleine Stadt, die sich gerne mit "mutigen Unternehmen" fortentwickeln möchte. Dies entspräche auch der "mutigen Ansiedlungspolitik", die das einzige Mittelzentrum im Landkreis Schweinfurt auszeichne. "Stillstand ist keine Option", machte er klar. Mit dem Betrieb des Logistikzentrums verbindet der Bürgermeister die Erwartung von Steuereinnahmen im deutlichen sechsstelligen Bereich.
Doch zusätzliche Arbeitsplätz vor Ort seien für Gerolzhofen nicht nur aus Einnahmegründen wichtig. Wohnortnahe Arbeitsplätze sparten auch Zeit, Geld und Kohlendioxid, sagte Wozniak, der die im Zusammenhang mit der Genehmigung des Bauvorhabens im Stadtrat "zurecht diskutierte Flächenversiegelung" nicht verschwieg. Für ihn sei es Kennzeichen des "Gerolzhöfer Wegs", dass die Herausforderungen im Vorfeld gemeinsam bewältigt wurden.
Keine neuen Gewerbeflächen für Bauvorhaben geschaffen
Zudem verwies Wozniak nochmals darauf, dass für den Bau kein zusätzliches Gewerbegebiet geschaffen wurde, sondern das Logistikzentrum in einem seit Jahrzehnten bereits beplanten und für die Ansiedlung von Unternehmen vorgesehen Bereich entsteht.
Im Anschluss an den Eintrag ins Goldene Buch der Stadt griffen die Ehrengäste zu den neben dem Zelt bereitliegenden Spaten. Dass ein Zuschauer des symbolischen Spatenstichs vom Rand der Baustelle herüberbrüllte: "Söder muss weg!", steckte der Ministerpräsident souverän weg. "Ist der jetzt für oder gegen den Nationalpark? Das weiß man bei euch ja nie so genau", sagte er. Wenige Minuten später war der Landeschef dann tatsächlich bereits wieder weg. Freiwillig, auf dem Weg zum nächsten Termin.
Was es da zu feiern gibt und was der MP da macht: Ein Rätsel.
Über 200 Arbeitsplätze & zahlreiche neue Folgearbeitsplätze, nicht alle werden in Gerolzhofen wohnen. Von Schweinfurt, Gochsheim usw. ist eine Fahrt mit der Steigerwaldbahn attraktiv.
In Güterverkehr ist keine Belieferung der Märkte über die Schiene erwartbar. Denkbar jedoch Anlieferung von Kartonage, Verpackungs-Folie usw. , u.a. auch bestimmte Waren per Steigerwaldbahn mit dem Einzelwagenverkehr. Dieser ist durch Förderungen & technische Entwicklungen gerade wieder auf Wachstumskurs:
https://de.wikipedia.org/wiki/Einzelwagenverkehr
https://www.sueddeutsche.de/auto/einzelwagenverkehr-millionen-fuer-die-deutsche-bahn-1.5116625
https://www.wiwo.de/unternehmen/industrie/koalitionsvertrag-die-folgen-des-koalitionsvertrags-fuer-stahl-banken-bahn/27834574-2.html
Somit wieder ein Argument mehr für Erhalt der Steigerwaldbahn, gerade, wo Öl eingespart und CO2 vermieden werden soll. Diese Optionen sollte NORMA schon einplanen!
Das zukünftig am neuen Standort behandelte Zeug wurde ja bislang sicher nur anderenorts umgeschlagen, da steht ja kein neuer zusätzlicher Bedarf letztendlich dahinter....