
"Ein stolzer Tag in der Geschichte unserer Stadt ist gekommen." Dieses Zitat stand am 28. August 1954 im Steigerwald-Boten. Anlass dieses Satzes vom damaligen Bürgermeister Frank Kreppel war die Einweihung des neuen Schulhauses im Lülsfelder Weg in Gerolzhofen. 70 Jahre später machte Matthias Braun, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Bauwerkerhalt und Kulturpflege in Gerolzhofen, diese Redaktion auf diesen Artikel und ein Stück Gerolzhöfer Geschichte aufmerksam. Das Thema Schule ist damals wie heute etwas, das Gemüter und Politik in Gerolzhofen bewegt.
Was früher ein Grund zur Freude war, ist heute ein heikles Thema mit noch ungewissem Ausgang. Der Glanz und Glamour, der bei der Eröffnung des Schulgebäudes damals in höchsten Tönen gepriesen wurde, ist verflogen. Was bleibt, ist ein Gebäude, bei dem sich die Geister streiten, ob es saniert oder abgerissen werden soll.
"Große Taten sind nie ohne Kampf vollbracht worden", heißt es in der Rede des ehemaligen Bürgermeisters weiter. Bereits damals – wie heute – war die Finanzierung das Thema, welches am meisten Kopfschmerzen bereitet habe, so Bürgermeister Kreppel in seiner Eröffnungsrede. Eine halbe Million Mark kostete der Neubau seinerzeit. Um die 60 Millionen Euro soll ein Neubau von Grund- und Mittelschule heute kosten.
"Es muss eine Lust sein, hier zu lernen und zu unterrichten!"
Die Kostenexplosion beim aktuellen Vorhaben schockierte viele. Noch im Oktober 2023 war man von Kosten um die 43 Millionen Euro ausgegangen. Derzeit ist davon auszugehen, dass sich die Stadt, mit Blick auf den Haushalt, eine solche Summe kaum leisten kann.
Bei seiner Einweihung galten das Schulhaus und besonders die Klassenräume als äußerst modern und gut durchdacht. Die Gesamtfläche des Bauwerks beläuft sich auf 540 Quadratmeter. Die Klassenzimmer selbst haben jeweils eine Größe von 71 Quadratmetern und waren ausgestattet mit modernsten Möbeln und sogar Lautsprecheranlagen.
"Die Treppenhäuser, aus eleganter Stahlbeton-Konstruktion gewachsen, mit Trittstufen aus Treuchtlinger Marmor und Setzstufen aus Blaubank-Muschelkalk, wirken sehr ansprechend", schrieb der Steigerwald-Bote damals anerkennend. "Es muss eine Lust sein, hier zu lernen und zu unterrichten!"
Bildung in Gerolzhofen hat Geschichte
In derselben Ausgabe kommt Theodor Schwab, ein Lehrer der Schule, zu Wort und skizziert die Entwicklung und Meilensteine des Gerolzhöfer Schulwesens. Er berichtet von der Pfarrschule vom Beginn des 14. Jahrhunderts, über das von Fürstbischof Julius Echter erbaute Schulhaus in der Salzstraße, neben der Lorenzkirche, bis hin zur Einführung der Schulpflicht und des Buchdrucks.
Auch der Zusammenbruch des Schulsystems und der damit einhergehende Platzmangel im Jahr 1945 findet Erwähnung. Damals mussten 740 Schülerinnen und Schüler untergebracht werden. Im Schuljahr 1952/53 eröffnete dann die Mittelschule in der Pestalozzistraße. Als diese dann ebenfalls nicht mehr ausreichte, entstand das heute umstrittene Gebäude am Lülsfelder Weg, neben der Grundschule.
In der Gegenwart angekommen: Muschelkalk und Marmor, die das Treppenhaus der Schule schmücken, sind noch immer vorhanden, aber sie haben ihren Glanz verloren. Was damals trotz aller Widrigkeiten ein Erfolg wurde, ist heute die wohl größte Herausforderung der Stadt. Es bleibt abzuwarten, welche Lösung gefunden wird und ob es ein weiteres, erfolgreiches Kapitel in der Gerolzhöfer Bildungsgeschichte geben wird, über das dann in 70 Jahren berichtet werden kann.