Eigentlich waren die Archäologen auf der Suche nach Überresten einer Siedlung der Linearbandkeramik, die um 5000 vor Christus bei Schnackenwerth (Landkreis Schweinfurt) existiert hat. Was sie entdeckten, ist einmalig in Nordbayern: Sie legten ein 4000 Jahre altes Grab aus der viel späteren Epoche der Schnurkeramik um 2000 vor Christus frei. Das Sensationelle daran: Es handelt sich nicht um eine für diese Zeit typische Einzelbestattung, sondern in dem Grab liegen drei Personen – zwei Erwachsene und ein Kind, das später beigesetzt wurde.
"Das ist außergewöhnlich", sagt Dr. Andreas Büttner, der zuständige Archäologe vom Landesamt für Denkmalpflege (LfD) in Bamberg, und es stellt die Wissenschaftler vor ein Rätsel: In welcher Beziehung standen die Bestatteten zueinander und warum wurden sie in einem Grab beigesetzt?
Erkennbar ist das Geschlecht an der Stellung des Schädels
Die archäologische Bergung des nahezu unberührten Grabes erfolgt unter widrigsten April-Wetter-Bedingungen. Es stürmt und regnet. Schon nach ein paar Schritten über das Grabungsfeld klebt der aufgeweichte Lehmboden schwer an den Schuhen. Gummistiefel wären jetzt von Vorteil. Das erkennt auch Bürgermeister Sebastian Hauck, der direkt vom Rathaus in Werneck herüber geeilt ist, um den außergewöhnlichen Grabfund in dem kleinen Ortsteil seiner Marktgemeinde zu begutachten.
Grabungsleiter Marcel Günther steigt in die Grube und erklärt, was ein Fachmann hier sieht. Etwas erhöht liegt das Kind in Hockstellung, auf die rechte Körperseite gedreht. "Es war ein Junge, vielleicht vier Jahre alt." Erkennbar sei das Geschlecht an der Stellung des Schädels. Bei männlichen Toten wurde dieser nach Westen gedreht, bei Frauen nach Osten. Etwas tiefer daneben befinden sich die Überreste der Erwachsenen: der Schädel der Frau, ihr linker Oberarm und Teile der Oberkörperknochen. Vom Mann sieht man nur Schädelreste mit angegrauten Zähnen, er war also schon etwas älter, einen Beckenknochen und den Oberschenkel.
Der Grabungsleiter geht davon aus, dass sich die weiteren Skelettreste der Erwachsenen noch in der Erde daneben oder darunter befinden. Denn die erhöhte Lage des Kindes zeige, dass zuerst die Erwachsenen bestattet und später die Knochen des Mannes und der Frau einfach zur Seite geschoben wurden, um den Jungen in die Mitte zu betten.
Doch warum wurde Jahre später hier noch ein Kind bestattet? "Klassisch ist in der Schnurkeramik die Einzelbestattung", erklärt Archäologe Büttner. "Bei zwei Individuen wird man schon stutzig." Dass ein Grab dann noch für eine dritte Bestattung, die des Kindes, geöffnet wurde, das hielt man eigentlich für "unmöglich".
Die Skelettreste werden wissenschaftlich untersucht
"Für uns Archäologen ist das ein Sensationsfund", sagt Büttner, "ein Mosaiksteinchen, das wir zur Geschichte beitragen können." Die Skelettreste kommen deshalb nicht, wie sonst üblich, zur Aufbewahrung in die anthropologische Staatssammlung nach München, sondern werden für wissenschaftliche Untersuchungen in die LfD-Außenstelle nach Bamberg gebracht. Mit Gen-Analysen könne man feststellen, ob eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Bestatteten bestand, erklärt Büttner. Man erhofft sich wichtige Erkenntnisse.
Im Grab befinden sich auch verschiedene Beigaben: ein verzierter Becher und eine Pfeilspitze für den Mann, ein weiterer Becher und ein Knochenpfriem für die Frau. Das spitz zulaufende Werkzeug wurde für die Bearbeitung von Leder verwendet, man konnte damit Löcher durch dicke, feste Materialien stechen. Das Kind hatte keine Grabbeigaben. Dass sich die Pfeilspitze im Gefäß und nicht daneben befand, ist für die Archäologen ein weiterer Beleg, dass das Grab ein zweites Mal geöffnet wurde. Bei der späteren Bestattung des Kindes seien die Reste des vorhergehenden Grabes einfach zur Seite geräumt worden, erklärt der Grabungsleiter.
Linien und Muster wurden mit Schnüren ins Material gedrückt.
An der Verzierung des gefundenen Bechers erkennen die Archäologen, dass dieses Grab aus der Zeit der Schnurkeramik stammt und damit 3000 Jahre jünger als die darunter liegende Linearbandkeramik-Siedlung ist. Denn in der bandkeramischen Kultur, der ältesten bäuerlichen Kultur der Jungsteinzeit Mitteleuropas mit ersten sesshaften Siedlern, wurden die Muster noch mit Stroh in die Keramik gedrückt. Zweieinhalbtausend Jahre später zog man Linien und Verzierungen dagegen mit einer Schnur ins Material, daher auch der Name Schnurkeramik. Bei dem gefundenen Becher ist dies der Fall.
"Mit so einem Fund hatten wir nicht gerechnet", freut sich Archäologe Büttner über die Entdeckung des Grabes. Seit 2002 wird hier am Ortsrand von Schnackenwerth gegraben. Dass hier eine Siedlung aus der Jungsteinzeit (Neolithikum) zu vermuten ist, war durch Luftbildaufnahmen aus den 1990er-Jahren und Funden bei Feldbegehungen bekannt. Im Zuge der Erschließung eines neuen Baugebietes an dieser Stelle starteten deshalb Anfang 2000 die archäologischen Rettungsgrabungen. Systematisch wird seitdem Stück für Stück die Siedlung ausgegraben.
Die Siedlung stammt aus der Zeit von 5300 vor Christus
Archäologe Büttner ordnet die Siedlung in die 5300 vor Christus einsetzende Kolonialisierungsbewegung aus Mesopotamien ein, die die erste bäuerliche Kultur nach Europa brachte. Ziel der Grabungen ist es, das Bodendenkmal zumindest in einigen Teilbereichen freizulegen, zu vermessen und zu dokumentieren sowie Fundstücke zu bergen.
Weil die Gemeinde elf weitere Bauplätze hier erschließen will, sind die Grabungen seit Ende November vergangenen Jahres wieder intensiviert worden. Der Laie sieht auf dem weitläufigen Areal viele "Löcher" und große Erdhaufen. Der Archäologe spricht von Befunden. Die rechteckigen Gruben sind teilweise bis zu 1,60 Metern tief. Insgesamt 515 solcher Befunde hat Grabungsleiter Marcel Günther auf der neuen Baugebietsfläche gezählt. Anhand der Verfärbungen des lehmbraunen Bodens kann er zum Beispiel die Umrisse eines Hauses erkennen.
Funde wie Keramik-Scherben, Steingeräte oder Knochen werden mit ihren Lage-Koordinaten genau bestimmt, um die Siedlungsabfolge später nachvollziehen zu können. Sämtliche Funde werden fotografiert, gezeichnet und punktgenau vermessen.
"Das ist ein großer Aufwand", sagt Grabungsleiter Marcel Günther. Bis Mitte des Jahres will er mit seinem Team alle elf künftigen Bauplätze abgesucht haben, damit die Bauherren loslegen können. Diese müssen letztlich auch die Kosten für die Grabungen tragen, die auf die Erschließungskosten umgelegt werden. Die deutschen Vorschriften verlangen für jedes Bauvorhaben vorab eine archäologische Untersuchung. "Wir wussten ja, dass hier solche Funde zu erwarten sind und dass wir keine andere Alternative für neues Bauland in Schnackenwerth haben", sagt Bürgermeister Hauck.
wer heute als Normalverdiener mit Kindern noch bauen kann...
Stellt Euch vor, es wären Eure Kinder, Eltern oder Großeltern. Würdet Ihr diese auch so "prostituieren" wollen?
Als eines von unzähligen Beispielen: Fußball. Da werden für Millionen Euros Stadien gebaut, damit darin ein paar Heinis einem Ball nachrennen und (zumindest im Profibereich) abermals Millionen Euro kassieren.
"... Was kann man damit anfangen? Wo bringt uns das voran? Wobei hilft uns das?..."
Genau: gar nichts.
Unser Dorf soll hässlich werden II