zurück
Schweinfurt
1963: Schweinfurt "springt" über den Main in die Zukunft
Kaum zu nutzen waren vor der Kanalisierung des Flusses die Wiesen auf dem Südufer des Mains bei Schweinfurt. Seit 1963 entwickelt sich dort die Industriestadt weiter.
Im Schweinfurter Hafen kommen Güter aus der ganzen Welt an. Der Umschlag bei den Schiffen lag im Jahr 2018 bei 290 914 Tonnen.
Foto: Anand Anders | Im Schweinfurter Hafen kommen Güter aus der ganzen Welt an. Der Umschlag bei den Schiffen lag im Jahr 2018 bei 290 914 Tonnen.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:07 Uhr

Mit dem "Sprung über den Main" war 1963 nach zweijähriger Bauzeit der Schweinfurter Hafen an dem zur Großschifffahrtsstraße aufgewerteten Main entstanden. Vor der Kanalisierung des Flusses und dem Hochwasserschutz war das städtische Gebiet südlich des Mains kaum zu nutzen. Dann entstand dort der Hafen, der  mit seiner Verknüpfung von Wasserstraße, Straße und Schiene punkten konnte. Ohne das umliegende und 300 Hektar große Industrie- und Gewerbegebiet "Hafen" (oder "Schweinfurt-Süd") hätte sich Schweinfurt nicht zur wichtigsten Industriestadt im Norden des Freistaats entwickelt. Dort haben sich 100 Firmen mit heute über 10 000 Arbeitsplätzen angesiedelt. Der Süden führte Schweinfurt auch nach 1993, als die Großbetriebe 10 000 Stellen gestrichen hatten, aus der Krise. Richtung Grafenrheinfeld entstand auf nochmals über 100 Hektar der aktuell nahezu ausverkaufte Industrie- und Gewerbepark Maintal.   

Mit dem "Hafen" (3,1 Quadratkilometer), dem "Sennfelder Hafen" (0,3 qkm), der Schweinfurter Industrie nördlich des Mains (1 qkm) und dem Maintal (1,5 qkm) summiert sich dieser Bereich für Gewerbe und Industrie auf stolze 590 Hektar.

Das Industrie- und Gewerbegebiet Schweinfurt-Süd sicherte und sichert der Großindustrie Entwicklungsmöglichkeiten. Im neuen Testzentrum von SKF kommen die größten Wälzlager der Welt auf den Prüfstand.
Foto: Josef Lamber | Das Industrie- und Gewerbegebiet Schweinfurt-Süd sicherte und sichert der Großindustrie Entwicklungsmöglichkeiten. Im neuen Testzentrum von SKF kommen die größten Wälzlager der Welt auf den Prüfstand.

Der "Hafen" wuchs nach 1963 auf der Gemarkung von Oberndorf, das am 1. Dezember 1919 Schweinfurt zugeschlagen worden war. Bis zum "Sprung über den Main" war die unbewohnte und unbebaute Fläche ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Der damalige Oberbürgermeister Georg Wichtermann sah den Süden vor allem als Entwicklungsfläche für die Großbetriebe Sachs, SKF und Kugelfischer, die dort auch Grundstücke erwarben. Sachs und SKF bauten. Kugelfischer gab sein sehr großes Areal unter Oberbürgermeister Kurt Petzold an die Stadt, die Flächen brauchte, zurück.        

Zwischen dem Hafenbecken (rechts) und der Naherholungsanlage Baggersee (links) liegt das Zentrum der Industrieanlagen südlich des Mains. Der Industrie- und Gewerbepark Maintal wächst oberhalb der Autobahn in Richtung Grafenrheinfeld.
Foto: Oliver Schikora | Zwischen dem Hafenbecken (rechts) und der Naherholungsanlage Baggersee (links) liegt das Zentrum der Industrieanlagen südlich des Mains.

Gleichzeitig lief ab 1980 im Stadtrat die Diskussion über die Vergabe von Flächen. Obwohl man sich einig war, dass der Handel in der Innenstadt vor einer Konkurrenz im Süden zu schützen sei, wurden nach und nach Märkte (Lebensmittel, Baumärkte, Elektronik, Gartenbedarf und später im Maintal auch Möbel- sowie Autohäuser) zugelassen.  

FAG Kugelfischer hatte nach der Wende die Wälzlagerindustrie in den neuen Bundesländern gekauft, scheiterte und stand am Abgrund, zog Schweinfurt mit und machte Main/Rhön 1993/94 zu der bundesdeutschen Krisenregion. Allenthalben wurde vor 25 Jahren nach dem Sturkturwandel und damit nach dem Ende der Abhängigkeit der Schweinfurter Wirtschaft von der Automobilindustrie gerufen. Die Politik ermöglichte das Museum Georg Schäfer, die Zweigstelle des Landessozialgerichts, oder etwa auch das Konferenzzentrum auf der Maininsel, doch damit stellte sich weniger ein Strukturwandel, als vielmehr ein Imagegewinn ein. Der Strukturwandel fand ab 1977 mit der Vermarktung des Industrie-und Gewerbeparks Maintal statt. 

SRAM ist weltweit die Nummer 2 bei den Fahrradkomponenten und gilt als innovativer als Shimano. Die Schaltungen für das Fahrrad werden im Schweinfurter Maintal entwickelt.
Foto: Josef Lamber | SRAM ist weltweit die Nummer 2 bei den Fahrradkomponenten und gilt als innovativer als Shimano. Die Schaltungen für das Fahrrad werden im Schweinfurter Maintal entwickelt.

Diese 152 Hektar hatte die Stadt bei der Landkreisgebietsreform zu Beginn der 1970 Jahre  aus der Grafenrheinfelder Flur erhalten. Das flache Terrain eignete sich bestens für Industrieansiedlungen. BMW war damals im Gespräch. Doch lange tat sich nichts. Unter Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser wurde nach 1993 das Maintal zum städtebaulichen Entwicklungsgebiet, weshalb die Stadt enteignungsgleich alle Grundstücke für einen festgesetzten Preis (7,50 Mark pro Quadratmeter) kaufen konnte. Angesiedelt haben sich seither weit über 100 Betriebe mit 4000 Arbeitsplätzen.

Beim Bau des Hafenbeckens wurden tonnenweise Munitionsreste gefunden und abgefahren.
Foto: Albert Breiteneicher | Beim Bau des Hafenbeckens wurden tonnenweise Munitionsreste gefunden und abgefahren.

Der Schiffshafen mit Kailängen von 480 und 375 Metern hat nie die Bedeutung erlangt, die man sich zuletzt nach der Deutschen Einheit versprochen hatte. Trotzdem blickt der Betreiber, die Stadtwerke Schweinfurt, optimistisch in die Zukunft, auch und vor allem weil  der Main aktuell wieder einmal für noch größere Schiffe mit mehr Tiefgang fit gemacht wird. Umgeschlagen wird im Schweinfurter Hafen vor allem Schüttgut – neben Kohle für das Gemeinschaftskraftwerk Dünger und Getreide –, wobei ein großer Teil der Güter nicht über die Wasserstraße, sondern in den Waggons der Güterzüge den Hafen erreicht.  

Am Hafenbecken hat die Stadt 171 097 Quadratmeter an 13 Betriebe verpachtet.
Foto: Anand Anders | Am Hafenbecken hat die Stadt 171 097 Quadratmeter an 13 Betriebe verpachtet.

 Der Hafen hat eine Größe von 284 184 Quadratmeter. Die Wasserfläche summiert sich auf 41 400 Quadratmeter, die Gleisfläche auf 17 323 und die verpachteten Flächen auf 171 097 Quadratmeter. Inklusive firmeneigener Anlagen der 13 angesiedelten Betriebe bietet der Hafen zwei Doppelwippkräne , ein 1130 Meter langes Umschlagufer, eine Getreidesauganlage, zwei Getreideverladeanlagen, zwei Löschanlagen für Mineralöle, Silovolumen für Schüttgut (4900 Kubikmeter), für Getreide (45 200 Kubikmeter), Tanklager für Mineralöl (45 000 Kubikmeter) und für Gas (1054 Kubikmeter). Die Gleisanlagen summieren sich auf stolze 5,4 Kilometer.

75 Jahre Main-Post: Der Schweinfurter Hafen wird gebaut
Der Schweinfurter Hafen liegt in der Mitte des zur Wasserstraße ausgebauten Mains. Über den Main-Donau-Kanal verbindet die Wasserstraße den Rhein mit der Donau. Auch ist der Hafen an dem 3500 Kilometer langen Wasserweg von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer bestens mit der Straße (A70/A 71/B286) und der Bahn vernetzt. Fast alle Hafengrundstücke sowie die Kaianlagen verfügen über eine Schienenanbindung. Neben den Umschlagflächen stehen freie und überdachte Lagermöglichkeiten für Schütt-, Massen- und Stückgut, Siloanlagen und Tanks für Mineralöl zur Verfügung. Baubeginn war im Februar 1961. Am 20. und 21. Mai 1962 wurde das Hafenbecken geflutet Am 4. Juni des Folgejahres begann der Umschlagbetrieb. Einweihung wurde am 4. Oktober 1963 gefeiert. Die Aufwendungen für den Hafen und die Erschließung des gleichnamigen Industrie- und Gewerbegebiets beliefen sich auf 100 Millionen Mark.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Gerd Landgraf
75 Jahre Main-Post
Autobranche
Autohäuser
Baumärkte
Bürgermeister und Oberbürgermeister
FAG Kugelfischer
Getreide
Gudrun Grieser
Häfen
Kurt Petzold
Landwirtschaft
Museum Georg Schäfer
Personalabbau
Schiffe
Stadtwerke Schweinfurt
Städte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top