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Schweinfurt
Der Hafen, der den Main mit Schiene und Straße verbindet
Die Stadtwerke wollen den Hafen als Umschlagsplatz ausbauen. Die Anlagen waren schon 1963 für weit größere Mengen vorgesehen. Verlegt sind 5,4 Kilometer Gleis.
Aus den 1960er-Jahren stammen die beiden Doppelwippkräne im Schweinfurter Hafen.
Foto: Anand Anders | Aus den 1960er-Jahren stammen die beiden Doppelwippkräne im Schweinfurter Hafen.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:27 Uhr

Wächst die Bedeutung des Schweinfurter Hafens? Die Voraussetzungen stimmen optimistisch. Aktuell wird die Wasserstraße "Main" ausgebaut. Für die Schifffahrt wird der Fluss von 2,50 auf 2,90 Meter vertieft und von 36 auf 40 Meter verbreitert. Künftig können größere und längere Schiffe, aber auch bis zu 185 Meter lange Schubverbände mit 1000 und mehr Tonnen Fracht unterwegs sein.

Durch den Bau des 171 Kilometer langen Main-Donau-Kanals von Bamberg nach Kehlheim in den Jahren 1962 bis 1992 liegt Schweinfurt an der insgesamt bald leistungsfähigeren, 3500 Kilometer langen Großschifffahrtsstraße, die die Nordsee mit dem Schwarzen Meer verbindet. 

Positiv für die Zukunft des Hafens stimmt der vergleichsweise umweltschonende Gütertransport auf dem Wasser und der Anschluss in Schweinfurt an das Netz der Bahn sowie die Nähe zu den Autobahnen. In der jüngeren Vergangenheit ist allerdings der Güterumschlag zurückgegangen, während die Anzahl der Hotelschiffe in der Schweinfurter Staustufe auf jährlich etwa 1000 gestiegen ist. Nachdem der Hafenbetrieb zehn Jahre lang verpachtet war, kümmert sich seit Januar der Eigentümer, also die Schweinfurter Stadtwerke, wieder selbst um den Hafen, was sich "sehr gut angelassen hat", sagt der kaufmännische Leiter der Stadtwerke Tobias Steinmetz. 

Ein Blick in eine Lagerhalle.
Foto: Anand Anders | Ein Blick in eine Lagerhalle.

Beim Gang durch den Hafen verweisen Tobias Steinmetz und Hafen-Betriebsleiter Rainer Vierheilig auf eine rein kaufmännische Entscheidung als Anlass, den Hafenbetrieb wieder selbst zu organisieren. Vom Betriebsgebäude neben dem Gemeinschaftskraftwerk (GKS) führt der Rundgang über die Waage für Lastwagen zu den offenen Sammelplätzen für Schüttgut. Täglich abtransportiert werden hier die Metallspäne aus der Großindustrie. Am frühen Morgen stellt die Bahn einen Waggon ab, der am Abend beladen abgeholt wird.

Trockener Klärschlamm für das GKS

Zwei weitere große Sammelplätze sind mit Steinkohle für das GKS und mit Mainaushub aus dem Ausbau des Flusses bestückt. Gerichtet wird ein Lager für getrockneten Klärschlamm aus der Anlage in Oberndorf. Die Biomasse mit 90 Prozent Trockensubstanz soll alsbald versuchsweise mit der Steinkohle auf die Roste des Gemeinschaftskraftwerks wandern. Zur Infrastruktur der Stadtwerke im Hafen zählt auch die Waage für die Eisenbahnwaggons, von denen bei unserem Besuch gerade 13 entladen werden. Über Nacht waren diese von Polen nach Schweinfurt gekommen. Am Hauptbahnhof wurde der Zug geteilt, weil sich alle 25 Waggons auf einmal nur schwer in den Hafen rangieren lassen. 

Ein Unimog zieht 13 Eisenbahnwaggons.
Foto: Anand Anders | Ein Unimog zieht 13 Eisenbahnwaggons.

Die jeweils 50 Tonnen Steinkohle (entspricht zwei Lkw-Fahrten) sind aus einem der sich selbst entladenden Waggons in wenigen Sekunden in den Bunker unter den Gleisen geschüttet. Bewegt wird der Zug im Hafen von einem nur 80 PS starken Unimog, auf dessen Ladefläche zwei Druckluft-Aggregate montiert sind, die die Bremsen der Waggons funktionieren lassen. Rainer Vierheilig erklärt, warum die Kohle nicht per Schiff kommt. Aus Polen sei dies zu umständlich und teuer. Kohle aus Südamerika komme dagegen meist von Rotterdam über den Wasserweg zum Gemeinschaftskraftwerk.

Steinkohle für das Gemeinschaftskraftwerk.
Foto: Anand Anders | Steinkohle für das Gemeinschaftskraftwerk.

Umgeschlagen wird im Schweinfurter Hafen vor allem Schüttgut – neben Kohle häufig Dünger und Getreide. Angestellt sind fünf Hafenarbeiter und zwei Bürokräfte. Der Einsatz der Arbeiter richtet sind nach den Aufträgen. Gibt es wenig zu tun, so helfen die Arbeiter im Bereich der städtischen Wasserversorgung oder im Silvana-Schwimmbad der Stadtwerke.

Größe und Ausstattung

Der Hafen hat eine Größe von 284 184 Quadratmetern. Die Wasserfläche summiert sich auf 41 400 Quadratmeter, die Gleisfläche auf 17 323 und die verpachteten Flächen auf 171 097 Quadratmeter. Inklusive firmeneigener Anlagen der 13 angesiedelten Betriebe bietet der Schweinfurter Hafen zwei Doppelwippkräne (Traglast im Greiferbetrieb bis 6000 und im Hakenbetrieb bis 10 000 Kilogramm), ein 1130 Meter langes Umschlagufer, eine Getreidesauganlage, zwei Getreideverladeanlagen, zwei Löschanlagen für Mineralöle, Silovolumen für Schüttgut (4900 Kubikmeter), für Getreide (45 200 Kubikmeter), Tanklager für Mineralöl (45 000 Kubikmeter) und für Gas (1054 Kubikmeter). Die Gleisanlagen summieren sich auf stolze 5,4 Kilometer.  

Die alten Silos (vorne) werden abgerissen. Ersatz ist bereits geschaffen (im Hintergrund).
Foto: Anand Anders | Die alten Silos (vorne) werden abgerissen. Ersatz ist bereits geschaffen (im Hintergrund).

Seit der Zeit der Kelten wurde auf dem Main getreidelt, gestakt und geflößt, gerudert und gesegelt. Im Mittelalter und bis weit in die Neuzeit hinein war Schweinfurt eine Station der Flößer, die das Holz nach Frankfurt, in das Ruhrgebiet, aber auch zum Schiffsbau bis nach Holland brachten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte Schweinfurt zwei Häfen: den für die Bürger im Bereich der heutigen Heilig Geist Kirche und den auch militärisch genutzten Schutzhafen auf dem südlichen Ufer im Bereich der Maininsel (Bleichrasen). Mit der Dampfschifffahrt stiegen ab 1830 die Transportmengen gewaltig – bis 1880 die Schiene zur Konkurrenz wurde. Ab 1905 nahm die Bedeutung des Wasserwegs dann durch die Kettenschiffahrt ("Meekuh") noch einmal einen rasanten Aufschwung. Nach Franken kam vor allem Kohle aus dem Ruhrgebiet. Komplett zertört wurden die alten Schweinfurter Hafenanlagen bei den Luftangriffen im Jahr 1943.  

Der Sprung über den Main

Mit dem "Sprung über den Main" entstand nach der Kanalisierung des Flusses und dem Hochwasserschutz das heutige Hafenbecken in dem davor kaum zu nutzenden Hochwasserabflussgebiet südlich des Mains. Die erste Baumaßnahme in dem 200 Hektar großen Gewerbegebiet Schweinfurt Süd (heute 100 Firmen mit über 10 000 Arbeitsplätzen) war der Hafen. Die Bauarbeiten begannen im Februar 1961. Geflutet wurde das Becken am 20. Mai 1962. Ein Jahr später begann der Hafenumschlag. 

 
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Mit größeren Containerschiffen könnte ggf. der ursprünglich im Maintal geplante Containerhafen mit GVZ wieder ein Thema werden. Ginge das noch, trotz verbauter Straßburgstraße?

    Man denkt derzeit in SW an allen Ecken & Enden viel zu klein: mit der LGS verbaut man die einzig sinnvolle Optionsfläche für eine Fußballarena, man erschließt keine neuen Wohngebiete mit vielen Parzellen für junge Familien (Pfannäcker), etc.

    Man erkennt nicht das riesige (interkommunale) Potenzial der Stadt, in der nahezu alles möglich wäre: für eine Metropole in "Bayerns deutscher Mitte". Der Stadtrat besuchte Hof! Er hätte Ingolstadt oder Regensburg besuchen sollen. Vielleicht liegt's auch daran, dass der OB Jurist ist und der Baurefernt aus einer Kleinstadt kommt (wo er hervorragende Arbeit leistete).
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