Etwa über die mitunter langen Bögen von Stadtentwicklung konnte man in der jüngsten Stadtratssitzung in Bad Neustadt lernen. Thema war erneut das Integrierte Mobilitätskonzept für Bad Neustadt in all seiner Komplexität. Am Ende fasste das Gremium einen Beschluss zu Leitbild, Planungszielen und einem Vorzugsszenario. So gut, so vielversprechend.
Nach wie vor sehr vage: Wo könnte die Reise für Bad Neustadts Verkehr hingehen?
Konkrete Vorhaben gibt es deshalb aber noch nicht. Sollte es – so viel muss man dem Gremium und dem beauftragten Planungsbüro zugestehen – übrigens zu diesem Zeitpunkt auch nie geben: Eine Ergebnispräsentation mit Maßnahmenkonzept, so Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner, sei erst im kommenden Frühjahr zu erwarten. Aktuell entscheide der Stadtrat nur über die "Richtung der Maßnahmen", erläuterte Ralf Huber-Erler vom beauftragten Planungsbüro R+T Verkehrsplanung. Wo die Reise für Bad Neustadts Verkehr endgültig hingeht, blieb am Ende deshalb sehr vage.
Diese komplexen, langwierigen Prozesse der Bevölkerung außerhalb des Sitzungssaales zu vermitteln, ist schwierig. Anfang Oktober hatte das Planungsbüro den Ratsmitgliedern vier Szenarien vorgestellt, wie künftig mit unterschiedlichen Schwerpunkten weitergearbeitet werden könnte. An einzelnen Zielen hatte sich in der damaligen Stadtratssitzung eine Diskussion entsponnen.
Nicht nur die Altstadt, sondern Gesamt-Bad Neustadt im Blick
Der Presseartikel darüber habe "in der Bürgerschaft Gegenwehr und Ängste ausgelöst", sagte Bürgermeister Michael Werner, der öffentlich im Gremium von einer "unglücklichen Berichterstattung" sprach, ohne der Presse die Chance auf Stellungnahme einzuräumen.
In der Berichterstattung habe der Fokus auf dem Thema Altstadt gelegen. Das Verkehrskonzept blicke aber nicht nur auf die Altstadt, sondern auf Gesamt-Bad Neustadt mit allen Stadtteilen, war es Bürgermeister Michael Werner wichtig zu betonen. Niemand müsse sich übergangen fühlen, denn in den vergangenen beiden Jahren habe jeder Interessierte die Chance gehabt, mitzuwirken. Akteursgespräche, Bürgerworkshops und Online-Befragungen sind nur einige Zwischenstufen, die er im Rückblick auf zwei Jahre Mobilitätskonzept Revue passieren ließ.
Wie die Planungsziele im Mobilitätskonzept zustande kamen
Ralf Huber-Erler bekräftigte, dass die aufgeführten Planungsziele aus Analysen, etwa Verkehrszählungen, und mit breiter Beteiligung von Bad Neustadt erarbeitet wurden. Insgesamt habe man sich im Prozedere an ein vorgegebenes Regelwerk gehalten. Nun sei das politische Gremium gefragt, ob es die entwickelte Grundstrategie mitgehen wolle.
Rita Rösch lobte die gute Grundlagenarbeit des Planungsbüros, bezeichnete aber die Darstellung der verschiedenen Szenarien als "etwas verwirrend". Das Missverständnis, das sie sieht: "Der Bürger will Lösungen. Wir sind aber noch im Planungsprozess und nicht am Ende." Sie nehme keine Anfeindungen von Bürgern wahr, sondern Leute, die kommen und Themen ansprechen. Das finde sie gut: "Dafür sind wir Kümmerer."
Wer wie differiert: Nicht alle stimmen allen Planungszielen zu
Bastian Steinbach sprach von Begegnungen mit "erbosten bis verunsicherten Bürgern" in den vergangenen zwei Wochen, die wissen wollten, "was wir vorhaben". Für ihn zeige das aber, "das Problem, an dem derzeitigen Stand, an dem wir sind". Die Erkenntnisse seien noch sehr allgemein. "Die Analyse ist wertvoll, trotzdem hätten wir uns in Beispielen konkretere Maßnahmen gewünscht."
In den Planungszielen seien außerdem viele Punkte aufgeführt, mit denen die CSU-Fraktion nicht einverstanden sei, andere Dinge fehlten. Als Beispiel führt Steinbach auf: "Wir wollen den Verkehr nicht aus der Innenstadt heraus haben." Alles in allem fände er es aber falsch, an diesem Punkt die Reißleine zu ziehen und so das über zweijährige Projekt Mobilitätskonzept in Gänze zu gefährden. "Wir sollten den Weg zu Ende gehen", sagte er.
Wie verbindlich sind die Planungsziele?
Auch Robert Foidl (FW) zeigte sich inhaltlich mit manchem Planungsziel unzufrieden: Beispielsweise sei er gegen ein aufblähendes ÖPNV-System. Würde im Frühjahr über darauf abzielende Maßnahmen abgestimmt, wäre er dagegen.
"Ich bin nicht enttäuscht vom Ergebnis der Präsentation", meldete sich hingegen Janis Heller (SPD) zu Wort. Er sei ein Freund detaillierter Analysen. Jetzt gehe es erst mal darum, Zustimmung zu einer weiteren Ausarbeitung zu signalisieren, mit der man am Ende ins Gespräch gehen könne.
Eine längere Diskussion entspann sich um die Verbindlichkeit der Planungsziele, über die an diesem Tag abgestimmt werden sollte. "Nichts ist in Stein gemeißelt", sagte Bürgermeister Michael Werner. Im weiteren Vorgehen könne man noch Ziele wieder herausnehmen, Schwerpunkte anders setzen.
Warum letztlich doch keiner eine Abstimmung weiter verzögern wollte
"Zu entwickelnde Maßnahmen beurteilen wir anhand der Planungsziele, das ist die Geschäftsgrundlage unserer Arbeit, das hat schon eine Relevanz", stellte Ralf Huber-Erler vom Planungsbüro klar und bot an, in einer Sondersitzung jedes einzelne der rund 50 gelisteten Planungsziele durchzugehen.
"Ich würde nichts rausnehmen", entgegnete Rita Rösch. Die Planungsziele seien nicht vom Büro vorgegeben, sondern unter Einbeziehung der Öffentlichkeit in zwei Jahren Arbeit entstanden. "Es muss jetzt weiter gehen", drängte Bürgermeister Werner auch mit Blick auf die Tatsache, dass bis Frühjahr bereits der Maßnahmenkatalog entwickelt sein muss. Man müsse beschließen, "damit das Planungsbüro weiterarbeiten kann".
Auch wenn die Diskussion zu den Planungszielen vielfältigste Meinungen im Gremium offenbarte, am Ende sollten alle Rätinnen und Räte zustimmen.
Große Einigkeit bezüglich des gewählten Szenarios
Klare Einstimmigkeit herrschte auch darüber, welches der vier Szenarien weiterverfolgt werden soll. Infrage kam für das Gremium nur Szenario vier, das Maximalszenario: Behoben werden sollen demzufolge nicht nur sicherheitsrelevante und funktionale Mängel aller Verkehrssysteme unter Förderung des Radverkehrs. Darüber hinaus soll die Altstadt gefördert und neu gestaltet sowie der ÖPNV optimiert und gestärkt werden.
Das Thema Finanzierbarkeit, das Johannes Benkert (Neuschter Liste) und Wirtschaftsreferent Robert Foidl (FW) kurz anschnitten, entschied das Gremium bewusst zunächst zurückzustellen. Viel zu vage seien zum derzeitigen Zeitpunkt Kostenschätzungen. Alle drei Beschlüsse zu Leitbild, Planungszielen und Vorzugsszenario wurden letztlich einstimmig gefasst.