Muttertag – die Mutter steht im Vordergrund. Einmal im Jahr zur schönsten Zeit an einem Sonntag. Zu dem Tag gibt es verschiedene Meinungen. Die einen halten ihn für überflüssig, man könne ja schließlich die Mütter an jedem anderen Tag mit Blumen beglücken. Andere wiederum halten ihn für eine Geschäftsidee, die die Kassen klingeln lässt. Alle diese Ansichten haben ihre Berechtigung, ist Maria Blümm aus Bad Neustadt der Meinung. Würden es aber nicht auf den Punkt bringen, worauf es eigentlich ankommt. Nachfolgend ihre Gedanken zum Muttertag:
Das Thema Muttertag, wenn wir uns wirklich damit befassen wollen, ist nicht mit ein paar Worten abzutun. Muttertag ist ein Gefühl, das mehr als ein Geschenk und Blumen fordert. Muttertag will die ewige Beziehung zu Mutter und Kind in den Mittelpunkt stellen, die für jeden Menschen von Bedeutung ist, ganz gleich wie die Lebensbiografie verlaufen ist.
Sonntagskleid, weiße Söckchen und weiße Schleifen im Haar
So eignet sich der zweite Sonntag im Mai, an dem immer alles grünt und blüht, perfekt für einen besonderen Tag für die Mütter. Viele können Geschichten von Muttertag erzählen, die in der Erinnerung Bilder hervorrufen, die noch heute das Herz erwärmen. Da steht ein kleines Mädchen mit einem frisch gepflückten Strauß Butterblumen vor seiner Mutter und spricht: "Liebe Mama, hör mal zu, keine ist so lieb wie du. Und drum geb‘ ich dir zum Schluss, einen dicken lieben Kuss." Oder ein kleiner Junge streckt die Hände nach der Mama aus und präsentiert sein Meisterwerk – ein selbstgemaltes Bild mit einer großen Sonne und vielen roten Herzen.
Das können wirklich nur Kinder mit ihrem Charme und ihrer kindlichen Ehrlichkeit. Je älter sie werden, umso mehr verliert sich diese Eigenschaft. Finden Schulkinder ihre Mutter zunächst cool, verwandelt sich dieser Eindruck einige Jahre später in "peinlich und total nervig". Aber zum Glück ist diese Phase mit viel Geduld und auch Humor erfolgreich zu überstehen.
Muttertag war auch für uns Kinder immer ein besonderer Tag und musste auf jeden Fall gefeiert werden. Das schönste Sonntagskleidchen, weiße Söckchen und weiße Schleifen im Haar, so durfte ich mich herausputzen. In der Schule haben wir ein Gedicht gelernt und jedes Jahr habe ich ein Bild gemalt, das eine große Liebe auszudrücken vermochte.
Kassensturz kurz vor Muttertag: Im Sparschwein waren nur 2,75 DM drin
Doch irgendwann erschien mir das alles zu wenig. Wochenlang trieb es mich um: "Was könnte ich meiner Mama schenken?" Sie war doch der wichtigste Mensch in meinem kleinen Leben. Das wollte ich ihr mit einem besonderen Geschenk zeigen. Aber wie sollte dies aussehen? Was könnte das sein? Und überhaupt, wie sah der Finanzierungsplan aus?
Angefangen hat alles damit, dass ich bei meiner Freundin Inge einen kleinen Spiegel gesehen hatte, der mir sofort gefiel. Inge hingegen hätte ihn für 5 DM sofort verkauft. Ich überlegte: "Vielleicht könnte ich ja den Preis auf 3,50 DM oder gar 3 DM herunterhandeln?" Zunächst wurde das Sparschwein geschlachtet. Doch zu meiner Verwunderung waren nur 2,75 DM drinnen und es wurden auch nach mehrmaligem Zählen nicht mehr. Was könnte ich tun, um an den Spiegel zu kommen? Oma anpumpen? Nein, ganz ausgeschlossen! Ich hörte sie schon sagen: "Man kauft erst etwas, wenn man das Geld dazu hat." Wie sich die Zeiten ändern! Also, dachte ich mir, so wird es doch wieder bei einem selbstgemalten Bild bleiben. Viel Zeit war nicht mehr.
Bunte Glaskugeln waren früher bei den Kindern sehr beliebt
Doch eine einzige Möglichkeit blieb mir noch. Inge war eine leidenschaftliche "Schusserspielerin". Wir Kinder hatten viele, bunte Schusser, auch Murmeln genannt. Und dann gab es besonders schöne Glaskugeln. Wenn man bei einem Spiel eine solche Glaskugel gewann, war man der König. Ich hatte zwölf von diesen wunderschönen Glaskugeln und sie waren mein ganzer Stolz. Ich wusste, dass Inge sehr gerne diese Kugeln haben würde und so machte ich ihr ein Angebot. "Zehn Kugeln bekomme ich für den Spiegel, sagte sie und da war auch nichts mehr zu verhandeln. Schweren Herzens zählte ich eine Kugel nach der anderen in Inges Hand und dann gehörte der Spiegel mir.
Die Traurigkeit war im Nu verflogen. Ich war so richtig stolz auf mein Geschäft. Immer und immer wieder betrachtete ich dieses kleine Geschenk. Ich hatte etwas Eigenes, etwas ganz Persönliches erworben. Sorgfältig legte ich es in eine mit Seidenpapier ausgelegte Pralinenschachtel und verpackte es mit buntem Geschenkpapier. Ich konnte den Muttertag kaum erwarten und hatte große Mühe, mein kleines Geheimnis für mich zu behalten.
Endlich kam der schöne Tag. Eigentlich lief alles wie immer ab. Der Frühstückstisch war gedeckt, Papa hatte den ersten Flieder aus dem Garten Mama geschenkt, ich hatte mein schönstes Kleidchen angezogen und nun stand ich da, sagte mein Gedicht auf und mit Küssen überreichte ich Mama mein Geschenk.
Unter großer Aufregung wurde das Geschenk übergeben
Mama war ganz überrascht, was wohl in dieser Schachtel sein würde? Ich trippelte von einem Fuß auf den anderen. Was würde Mama sagen? Würde er ihr gefallen? Dann war es soweit! "Oh, Kind, wie schön! Wo hast du denn diesen Spiegel her?" fragte sie verwundert. "Gekauft, - nein, nein, nicht gekauft, oder doch irgendwie", stotterte ich verlegen. Ich war in Erklärungsnot geraten. Mama nahm mich in ihre Arme und sagte ganz ruhig: "Der Spiegel ist wunderschön, doch hätte ich gerne gewusst, wo er herkommt?" "Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul", kommentierte ich schlagfertig. Damit war das Thema vorläufig beiseitegelegt.
Mich aber beunruhigte Mamas Reaktion ein wenig. Ich stellte mir die Frage, warum es Mama so wichtig war, woher dieser Spiegel kam? Sie sollte sich doch einfach nur freuen. Ihr kleines Mädchen hatte von dem Liebsten, was es hatte, etwas abgegeben - nur für ihre Mutter.
Am Abend, beim Zubettgehen habe ich ihr die ganze Geschichte über die Herkunft des Spiegels erzählt. Da nahm Mama mich in ihre Arme und küsste mich und flüsterte mir ins Ohr: "Ich bin sehr stolz auf dich, mein kleiner Schatz." Und ich schloss meine Mama fest in die Arme und wollte sie nicht mehr loslassen.
Der kleine Spiegel blieb Mamas steter Begleiter. Er fand seinen Platz in ihrer Handtasche und erinnerte sie immer an eine große Liebe. Mich aber lehrte jener Muttertag, dass ein Verzicht, ganz gleich, in welcher Form, ein Geschenk sehr wertvoll machen kann. Vielleicht kann ja auch ein schönes Geschenk, ein Päckchen Zeit sein. Zeit ist heute ein sehr kostbares Geschenk.