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Bad Neustadt
Maria Blümm aus Bad Neustadt erinnert sich an ihre Kindheit und einen besonderen Samstag vor 60 Jahren
Eine Kaffeerunde und ein außergewöhnlicher Gast: Maria Blümm aus Bad Neustadt blickt auf ein besonderes Ereignis in ihrer Kindheit zurück.
Eine Tasse Kaffee genießen und sich dabei gut unterhalten. Maria Blümm erinnert sich an eine ganz besondere Kaffeerunde in ihrer Kindheit.
Foto: Maria Blümm | Eine Tasse Kaffee genießen und sich dabei gut unterhalten. Maria Blümm erinnert sich an eine ganz besondere Kaffeerunde in ihrer Kindheit.
Maria Blümm
 |  aktualisiert: 17.02.2024 10:36 Uhr

Das Leben ist bunt und vielseitig. Oft bemerkt man gar nicht die kleinen Besonderheiten, die einen glücklich machen, oder erst viel später, wenn Jahre vergangen sind, begreift man, was sie einem gegeben haben. Maria Blümm aus Bad Neustadt erinnert sich an eine kleine Kaffeerunde in ihrer Kindheit, die ihr, wie sie heute sagt, zu begreifen gibt, worauf es ankommt. Nachfolgend ihre Erzählung dieser Begebenheit:

Es ist Samstagnachmittag. Alles ist in Ordnung gebracht. Das Treppenhaus ist gewischt, die Straße gekehrt, auch die Schuhe sind geputzt - jeder hat seine Arbeit verrichtet. Mutter hat einen sogenannten Gesundheitskuchen gebacken, das Haus duftet nach Sonntag. Es waren schöne Stunden, wenn sich die Arbeitswoche erfüllt hatte. Eine Zufriedenheit breitete sich aus und aus dem Radio ertönten Heimatklänge.

Da läutete es an der Tür. Wer mag das sein? Wir erwarteten doch keinen Besuch. Ist es ein Überraschungsgast? Von Überraschungen hielt mein Vater nicht sehr viel, doch wer da vor unserer Tür stand, übertraf seine Erwartungen. Sein alter, guter Freund Josef aus der Heimat trat ein. Sehr lange haben wir uns nicht gesehen. Die Freude war groß.

Erzählungen zum Nachdenken

Inzwischen waren die beiden Männer schon in interessante Gespräche vertieft. Ich versuchte, wenigstens mit einem Ohr der Unterhaltung zu folgen. Josef wusste so viel vom Leben. Er kannte die Natur und ihre Menschenkinder. Er liebte die Natur und regte mit seinen Erzählungen zum Nachdenken, aber auch zur Diskussion an.

Josef war ein Typ, der Menschen faszinieren konnte. Seine Lebenseinstellung, seine Meinung zu den wesentlichen Dingen des Lebens, seine ganze Ausstrahlung taten gut. Mit einem Mal wurde aus dem ruhigen Samstagnachmittag ein kleiner Festtag. Es kam Bewegung in die Stube. Am liebsten hätte ich mir gleich den Platz neben Josef reserviert, aber weit gefehlt! Mutter lief zu Hochform auf. Es musste der Tisch gedeckt werden, Kaffee gekocht und der Kuchen angeschnitten werden. "Maria, mach dieses, Maria hol jenes!"

Einmal stellte er in einem Gespräch, bei dem es um Freundschaft und Treue ging, die Frage in den Raum: "Was hast du in deinem Rucksack, ich meine den, mit dem du durchs Leben gehst? Wo ist der Mensch, der da ist, wenn es dir schlecht geht?" Darüber denke ich noch heute nach über fünfzig Jahren nach und es hat mir schon oft geholfen, bei der Reflexion meiner Zeit.

Immer wieder versuchte ich, mich am Gespräch zu beteiligen. Dieser Besuch war etwas Bedeutsames, etwas Einmaliges. Ich spürte, dass Begegnungen wichtiger sind, als Besorgungen. Kontakt, echter Kontakt zwischen Menschen ist wichtiger als alles andere. Wir lachten miteinander, denn er war so lebensfroh und hatte immer den passenden Witz auf Lager. Seine Gespräche waren für mich wie eine Lebensschule. Er zeigte mir, dass das Leben eben mehr ist und er unterstrich dies mit seinem Verhalten gegenüber den Menschen und der Natur.

Nähe und Wertschätzung von anderen Menschen erfahren

Mitten in die Unterhaltung hinein sagte er, meiner Mutter zugewandt: "Nun lasst mal eure Arbeit sein. Es ist alles sehr gut gemeint und ich weiß es sehr zu schätzen, aber ist nicht die Zeit, die wir nun zusammen haben, viel wichtiger?" Das waren Worte, die mir guttaten. Endlich durfte ich Platz nehmen und der Unterhaltung folgen.

Nun saßen wir in froher Runde zusammen, genossen den Kaffee und der Gesundheitskuchen schmeckte. Was für ein Glück ist es, Nähe und Wertschätzung von einem anderen Menschen zu erfahren und sie auch selber geben zu können. Wie zufrieden macht es, den Kontakt zu spüren, zu verstehen und verstanden zu werden. Echte Beziehungen geben das Gefühl, so sein zu dürfen, wie man ist, geliebt zu werden, jenseits aller Leistungen.

Maria Blümm
Foto: Maria Blümm/Selfie | Maria Blümm

Aus Erfahrung habe ich gelernt, dass jede Begegnung mit einem Menschen die letzte sein kann. Ich habe gelernt, meiner inneren Stimme zuzuhören. Achtsamkeit bedeutet, sich ganz auf die jetzige Situation einzulassen. Auch mal Fünf gerade sein lassen und spüren, worauf es jetzt ankommt. Das Rad der Gewohnheiten anhalten und sich ganz auf das Jetzt konzentrieren. Das Leben ist nicht ein Aneinanderreihen von Leistungen. Schon der "kleine Prinz" musste lernen, dass das Wesentliche für die Augen unsichtbar ist. Das Gespür zu entwickeln und zu entscheiden, was gerade am wichtigsten ist, kann zu vielen wunderbaren Begegnungen führen.

Maria Blümm

Maria Blümm wurde 1950 in Bad Neustadt geboren. Bereits ihre Mutter, Großeltern und Urgroßeltern mütterlicherseits waren Neustädter. Von Beruf war sie Friseurmeisterin. Über 50 Jahre war sie in diesem Beruf tätig. Ihre Hobbys sind Geschichten schreiben, Lesen und interessante Lebensbiografien hören. Zum Beispiel im Erzählcafé im Caritashaus in Bad Neustadt, das sie seit über 20 Jahren aktiv unterstützt. Seit ebenfalls über 20 Jahren ist sie Vorsitzende des Frauenbundes Bad Neustadt. Außerdem leitet sie eine Seniorengruppe der Pfarrei Maria Himmelfahrt, den Montagstreff. Sie selbst sagt: "Alles, was mit Begegnung zu tun hat, macht mir Freude. Ich möchte mit meinen Geschichten ein Lächeln auf das Gesicht zaubern und die Leserinnen und Leser für kurze Zeit in das Land der Erinnerung führen."
Quelle: sbr
 
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