Auf den neongelben T-Shirts von etwa 100 der 900 Fans in der Shakehands-Arena Bad Königshofen prangte ein markiger Spruch: "Yes we KÖN". Ganz Bad Königshofen hat momentan "Fieber": Nach dem 3:1-Sieg gegen Deutschlands Serien-Meister Borussia Düsseldorf und vor dem möglichen Einzug ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft grassiert in der Stadt total ungefährliches Tischtennis-Fieber.
Foto-Montagen mit der auf den Kopf gestellten Shakehands-Arena machen die Runde. Ob es ein "Yes we KÖN again" geben wird, sollte ein Sieg im Rückspiel am Donnerstag (19 Uhr) oder im Play-off am Sonntag gelingen? Dann würde der eh schon größte Erfolg in der Geschichte des TSV Bad Königshofen mit der Finalteilnahme am 30. Juni in Frankfurt noch einmal getoppt. Diese Redaktion sprach mit Fans über die Stimmung in der Stadt.
1. Christian Fischer, gebürtiger Düsseldorfer: "Für das Rückspiel bleibt das Schlundhaus zu"
Eine typisch rheinländische Frohnatur, Berufs- und Lebensoptimist ist Christian Fischer, der in Düsseldorf geboren wurde und seit 1977 in Bad Königshofen lebt. Er bietet als Chef des Hotel-Restaurants Schlundhaus seit rund zehn Jahren den auswärtigen TSV-Spielern Kost und Logis. Und ist vor allem den Jüngeren väterlicher Freund, Berater – und Motivator. "Ich kenne sie in- und auswendig, weiß, was sie gern essen, trinken, wie sie ticken oder wenn sie mal Kummer haben", sagt Fischer.
Er hat festgestellt, dass schon Wochen vor den Play-offs in seinen Räumen ungewöhnlich häufig über Tischtennis gefachsimpelt wurde: "Bad Königshofen ist eine richtige Tischtennis-Stadt geworden." Er war bisher "immer mal nur so zwischendurch in der Halle, nie komplett. Aber dieses Spiel habe ich mir ganz angeschaut, dafür extra mein Haus geschlossen. Als ich beim letzten Mal in Düsseldorf dabei war, habe ich die Gaststätte sogar sonntags zugemacht." Diesen Donnerstag ist sie wieder zu. Da ist Fischer einer von 80 TSV-Fans in der Düsseldorfer ARAG-Arena.
2. Heike Weber: "Andy Albert soll uns schon mal Karten fürs Finale bestellen"
Heike Weber sowie ihr Mann Josef, der "Kran-Weber", und Sohn Simon werden auch vor Ort sein, haben vorsichtshalber schon mal bis Sonntag, zum möglichen dritten Spiel, ihr Hotel gebucht. Sie gehören zum harten Kern des Fan-Clubs "Ping-Pong-Ultras" und waren schon in allen Arenen der TTBL bei Auswärtsspielen dabei. "Ja, ich habe nicht nur an einen Heimsieg geglaubt. Ich habe sogar das 3:1 richtig getippt. In unserer Tipp-Gemeinschaft habe ich den TSV vor der Saison als Dritten hinter Saarbrücken, Düsseldorf und vor Ochsenhausen, statt Bremen, für die vier Play-off-Plätze getippt", sagt Heike Weber.
Auf die Frage, was sie fürs Rückspiel tippt, hat sie eine schlagfertige Antwort: "Ich habe Andy Albert gesagt, er soll uns schon mal Karten fürs Finale in Frankfurt bestellen. Logisch, oder?" Ob KÖN Deutscher Meister wird? "Ja!" Und: "Mir tun heut' noch die Händ' weh vom Klatschen. Ich bring' den Ring gar nicht mehr runter."
3. Oliver Haschke: "Düsseldorf steht unter Druck, nicht wir"
Oliver Haschke ist ein treuer Unterstützer des Bad Königshöfer Tischtennis, mag aber bei den Heimspielen nicht als VIP unten an der Box sitzen. "Das stresst mich zu sehr. Ich beobachte die Szene lieber von ganz oben im ruhigeren Eckle." Er habe "nicht mit einem Sieg im ersten Spiel gerechnet. Umso begeisterter war ich dann. Mein Puls ging dann doch ganz wild nach oben, als ich merkte, dass heute was Historisches passiert. Das war, als Jin Ueda gegen Timo Boll gewonnen hatte." Ganz seiner bodenständigen Mentalität entsprechend bleibt Haschke vor den Play-off-Spielen zwei oder drei ganz sachlich: "Selbst wenn wir beide verlieren sollten, hat Bad Königshofen mit Platz drei in Deutschlands Tischtennis was Großes geleistet. Ich sehe aber schon Chancen, weil Düsseldorf unter Druck steht, nicht wir."
4. Andreas Köber: "Düsseldorf war halt schon 33 Mal Meister"
Andreas Köber ist von seinen Wohnsitzen her Königshöfer und Kölner zugleich. Und zusammen mit seiner Frau Ella Tischtennis-Fan bei nahezu allen Heim- und Auswärtsspielen des TSV in der Bundesliga, von Ochsenhausen ganz unten bis Bremen ganz oben. "Ich hatte gehofft, dass wir nur 1:3 verlieren", gibt der sonst selten negativ Denkende zu. "Dann ist der Jin gegen Timo über sich hinausgewachsen. Ich hätte nicht gedacht, dass er so gut ist. Er hat den Druck und den Fokus optimal unter einen Hut gebracht. Das war ja absolute Weltklasse von beiden."
Köber hat bisher alle Königshöfer Spiele in Düsseldorf miterlebt – "vier Siege und drei Niederlagen." Das Publikum dort sei "sehr interessiert, aber reserviert. Sie klatschen höflich. Da brüllt keiner 'Timo, Timo'. Sie waren halt schon 33 Mal Meister." In Frankfurt werden er und Ella auch dabei sein. "Einen der zwei Matchbälle, Donnerstag oder Sonntag, nutzen wir."
5. Wolfgang Mack: "Es ist wunderbar, was wir bisher erreicht haben"
Der 91-jährige Wolfgang Mack ist Bad Königshöfer Altbürgermeister, topfit. Und Stammgast bei allen Heimspielen. Und ging "mit dem Gedanken in die Halle, dass es schon wunderbar ist, was wir bisher erreicht haben. Ich dachte, dass in zwei Stunden alles vorbei ist. Dann wurden es fast vier, mit uns als Sieger. Woran es lag, da müsste ich schwindeln. Ich denke aber, dass die Spieler durch die Zuschauer unheimlich aufgeputscht wurden, wobei das hier in der Halle aber immer so ist. Es war einfach fabelhaft."
Vor mehr Zuschauern als zu seiner Zeit als aktiver TT-Spieler? Da lacht er herzhaft und erzählt davon, "als der Orts Wolfgang, der Friedrichs Toni, der Lindenmayer und ich angefangen haben, im Freien, im Rathaussaal und im heutigen Café Auszeit, damals, als gerade die Amerikaner Königshofen besetzten." Fürs Rückspiel sei er, "wenn ich ehrlich sein soll, eher pessimistisch. Die können sich doch eine Niederlage vor heimischem Publikum gar nicht erlauben."
6. Alexander Eschenbach: "Ich glaube daran, dass wir gewinnen"
Alexander Eschenbach gehört mit seiner Firma seit weit mehr als einem Jahrzehnt zum Förderkreis des TSV. "Ich hatte ein 1:3 getippt, eine ehrenvolle Niederlage. Für mich war es dann fast der Herzstillstand, ein Wahnsinnserlebnis, eines der besten Heimspiele, die ich je gesehen habe", so Eschenbach. Es sei eine "fantastische Mischung aus Publikum, Spielern, Helfern und Stimmungsmachern" gewesen.
"Wir hatten ja eigentlich auch nichts zu verlieren. Dass wir es aber an diesem Tag, bei der Anspannung so auf den Punkt bringen, war sensationell. Der Jin Ueda zum Beispiel hatte einen sensationellen Tag, brachte seine beste Form genau da an den Tisch." Die gleiche Voraussetzung nähmen die Jungs nun mit nach Düsseldorf. "Die dort werden aber umstellen, sie müssen ja auch was anders machen. Damit wird es für uns noch schwerer. Wenn wir aber mal ein Spiel gewinnen, zum 1:0 oder 1:1, dann werden die nervös. Doch, ich glaube daran, dass wir gewinnen. Und dann fahren wir alle nach Frankfurt."