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BAD KÖNIGSHOFEN
Kochtöpfe und Pfannen statt Paragraphen
Seit 40 Jahren in der Gastronomie: Christian Fischer, ehemaliger Düsseldorfer, übernahm das Schlundhaus in Bad Königshofen und baute es aus.
Foto: Regina Vossenkaul | Seit 40 Jahren in der Gastronomie: Christian Fischer, ehemaliger Düsseldorfer, übernahm das Schlundhaus in Bad Königshofen und baute es aus.
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:44 Uhr

Interessante Geschichten haben Menschen zu erzählen, die von einer Stadt mitten in die ländliche Idylle gezogen sind. Oft wird über die Landflucht gesprochen und den Zwang, dem Arbeitsplatz hinterherzuziehen, aber es gibt auch die gegenteilige Bewegung. In einer Serie wollen wir Leute vorstellen, die auf dem Land ihre neue Wahlheimat gefunden haben. Wurden ihre Erwartungen erfüllt? Welche Vor- und Nachteile sehen sie? Wir befragten Christian Fischer, der von Düsseldorf nach Bad Königshofen zog.

Frage: Wann sind Sie in den Landkreis Rhön-Grabfeld gezogen und wie kam es dazu?

Christian Fischer: Ich bin in Düsseldorf geboren, aufgewachsen und habe nach dem Abitur ein Jurastudium begonnen. In Bad Königshofen besaß mein Großvater Otto Hübner seit 1917 ein historisches Gebäude, das Schlundhaus, in dem während der schwedischen Besatzungszeit das Hauptquartier der feindlichen Armee untergebracht war. Er betrieb dort eine Weinkellerei, die nach seinem Tod 1946 zunächst seine Tochter, meine Mutter Sybille, übernahm. Als sich für mich die Möglichkeit abzeichnete, das Haus zu übernehmen, griff ich zu. Für mich bedeutete das eine berufliche Perspektive, bei der ich meine Vorliebe für das Kochen umsetzen konnte. Ich warf mein Studium über Bord und begann eine Kochlehre im Hotel Steigenberger in Düsseldorf. Nach meiner Gesellenprüfung zog ich endgültig nach Bad Königshofen und baute zunächst den Gewölbekeller des Schlundhauses um. Dort servierte ich ab 1978 Getränke und kleine Gerichte und baute gleichzeitig zunächst das Erdgeschoss mit Küche, Gasträumen und WC-Anlage aus, 1984 kamen Gästezimmer im ersten Stock dazu, 1990 weitere Gästezimmer und eine Wohnung für meine Eltern im zweiten Stock. 2006 erfolgte dann der Umbau des Innenhofs zum Hofgarten. Eigentlich hatte ich mir das Leben auf dem Lande ruhiger vorgestellt, aber vor lauter Arbeit wurde daraus nichts. Gastronomie- und Hotelbetrieb laufen bis heute gut und es gibt immer viel zu tun. In Düsseldorf hielt mich nichts, weil ich dort schon alles durchgemacht hatte als Schüler, als Student und als politisch Aktiver. Ich hatte damals den „Bund demokratischer Schüler“ gegründet, wir waren parteiunabhängig und liberal und kannten alle Kneipen.

Haben Sie sich schnell eingelebt und Kontakte knüpfen können?

Fischer: Ich kannte Bad Königshofen schon seit meiner Kindheit und durfte dort viele Ferientage verbringen. Deshalb wusste ich, was auf mich zukam. Da ich ein sehr kontaktfreudiger Mensch bin, habe ich keine Schwierigkeiten, Menschen kennenzulernen. 1980 habe ich geheiratet und engagierte mich im Stadtrat von 1984 bis 1990.

Was sind für Sie die Vorteile vom Leben auf dem Lande?

Fischer: Man ist nicht so anonym wie in der Stadt, hier kennt man sich und lebt miteinander. Wohnungen, Lebensmittel, Kindergärten – alles ist preiswerter als in Ballungszentren und man kann die Natur genießen. Solange ich einen Hund hatte, ging ich mit ihm bei jedem Wetter spazieren. Ich finde es auch schön, etwas aufzubauen und die Früchte der Arbeit zu genießen.

…. und die Nachteile?

Fischer: Durch die Nähe blühen oft Klatsch und Tratsch – aber da stehe ich drüber. Das gibt es in Städten auch innerhalb von Gruppen und Cliquen.

Gibt es etwas, das Sie hier besonders vermissen?

Fischer: Ich vermisse nichts und bin wunschlos glücklich – meine Familie bedeutet mir sehr viel. Einkaufstechnisch habe ich keine Probleme, ich unterstütze gerne den Einzelhandel vor Ort. Und was ich in den hiesigen Geschäften nicht einkaufen kann, kaufe ich in Bad Neustadt.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten an ihre Gemeinde oder an den Landkreis, was würden Sie sich wünschen?

Fischer: Ich wünsche mir eine verkehrsberuhigte Innenstadt. Die Supermärkte am Stadtrand ziehen die Leute vom Zentrum weg, deshalb sollte man dieser Entwicklung etwas entgegensetzen. In einer ruhigen Innenstadt wohnen die Leute lieber, nutzen die Cafés und Restaurants und kaufen in Ruhe in den Fachgeschäften ein. Leerstehende Geschäfte könnten zu Wohnraum umgebaut werden. Mehr preiswerte Wohnungen wären ein weiterer Wunsch. Außerdem wünsche ich der Tischtennismannschaft des TSV, dass sie erfolgreich ist und in der 1. Bundesliga bleibt.

 
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