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Mittelstreu
Vier Orte, vier Originale bei der Rhöner Mundartrallye: Wer kennt die Steigerung von Pfeifferdeckl?
Wenn vier Kabarettisten-Gruppen mit vier Chauffeuren zu vier Rhöner Veranstaltungshallen fahren, geht's ganz schön rund. Ganz im Sinne des begeisterten Publikums.
Bei der Mundart-Rallye in Wargolshausen, Mühlbach, Mittelstreu und Reichenbach waren Owanning, Kaumannsware, Fredi Breunig und die Sumbarcher Waschweiber dabei.
Foto: Ansgar Büttner | Bei der Mundart-Rallye in Wargolshausen, Mühlbach, Mittelstreu und Reichenbach waren Owanning, Kaumannsware, Fredi Breunig und die Sumbarcher Waschweiber dabei.
Michael Nöth
 |  aktualisiert: 12.04.2025 02:33 Uhr

Mundart, witzig und spritzig präsentiert, ist das eine. Musikalischer Hörgenuss mit feinsinnigen Rhöner Texten das andere. Beide Zutaten gab es bei der Original Rhöner Mundart-Rallye zu erleben – in Mittelstreu im "Wilden Mann" samt Wirtshaus-Feeling ("Bei Euch ist's ja noch wie sonst, richtig heimelig!"), im Gästehaus Wargolshausen ("Schönster Backstagebereich in Rhön-Grabfeld!"), im Gemeindehaus Mühlbach ("Die Vorfreude auf den Abend war schon beim Ankommen der Gäste zu spüren!") und im Sportheim Reichenbach ("Proppenvoll, wir mussten noch Stühle aus dem Dachboden holen!"). Dazu passte genau der Mix der Akteure. "Er wurde in allen vier Veranstaltungsorten besonders gelobt", bilanzierte Fredi Breunig, einer der Initiatoren aller Mundart-Rallyes im näheren Umkreis.

Sumbarcher Waschweiber waschen Politikern den Pelz

Und zu dieser Mischung trugen die Premieren-Gäste aus dem thüringischen Sonneberg bestens bei. Die Sumbarcher Waschweiber Frieda und Hulda fegten mit ihrem fränkisch-itzgründer Dialekt durch die vier Rhöner Orte, als ob sie hier schon immer für Witz und gute Laune sorgen würden. Sie wuschen nicht nur "ihren" Männern, sondern auch Politikern gehörig den Pelz. "Bei uns in Deutschland darf sich jeder das Geschlecht selbst aussuchen, nur net sei Heizung", kommentierten sie das umstrittene Gesetz der vormaligen Ampel-Regierung. "Mei Mann hat auf unner Gasheizung so lang eingeplappert, bis sie zur Wärmepumpe wurde!"

Die beiden Waschweiber, die im normalen Leben Silvia Otto und Doris Motschmann heißen, sind seit 28 Jahren gemeinsam unterwegs – mit Auftritten im BR und MDR. Ihre komödiantische Heimat ist der Faschingsverein "Kuckuck" Sonneberg. Als geübte Närrinnen machten sie auch nicht vor sich selbst Halt: "Bist du Vegetarier oder Veganer?", fragte Frieda. Huldas Antwort: "Ich bin Meganer. Ich ess alles, was mega lecker is!" In Mühlbach beispielsweise fanden sie die kleinen "Bierfläschlich" so niedlich, dass sie am liebsten geblieben wären.

Owanning stellten schnell ihr Programm um

Mit der Hymne auf das "gude bayrische Bier" hatten die drei Waldberger Hardcore-Dialektiker von Owanning ihr Publikum auch schnell auf ihrer Seite. Ede Bühner an der Gitarre, Bernhard Schlereth und Martin Raab an den Quetschen mussten ihre Lied-Strophen vom von Schnee verschütteten Huhn Lotte und dem Heimat-Lob teils simultan ins höhere Deutsch übersetzen, weil ihr Publikum die Wortwahl der Walddörfer nicht sofort dechiffrieren konnte. Dabei geriet Martin Raab so ins Schwitzen, dass er von einer um sein Wohlergehen besorgten Frau im Publikum flugs mit einem Schweißtuch ausgestattet wurde.

Owanning – der Name bedeutet "Ackerfurche", wie zwei Experten im Reichenbacher Publikum, BBV-Obmann Mathias Klöffel aus Großbardorf und Jäger Marco Weißensel aus Nüdlingen, kenntnisreich bestätigten – hatten in Wargolshausen das Volkslied "Was wird meine Mutter sagen" komplett durchgesungen. Das Publikum hat artig applaudiert. Erst hinter der Bühne erfuhren die drei Waldberger, dass die Kaufmannsware, die kurz vor ihnen in Wargolshausen Station gemacht hatte, genau dieses Lied schon gesungen hatte. "Wir haben natürlich danach unser Programm umgestellt. Ich bin mal gespannt, was die Mittelstreuer sagen, wenn die Wilden Schlehen dort das Lied anstimmen", lachte Ede Bühner.

Kaufmannsware sind nicht die Spice-Girls

Und prompt beschied das Publikum im "Wilden Mann" bei der ersten Strophe den vier charmanten Sängerinnen: "Das Lied hammer grad scho ghört!" Die, ganz die Profis, blieben beim Lied, spielten statt dem Andante von Owanning das Prestissimo der Kaufmannsware, dichteten spontan ein paar Strophen hinzu – und hatten damit ihrem Publikum ihre überraschende Musik-Kunst präsentiert. Das hatten Edith Hüttner (Tuba), Angelika Enders (Flügelhorn), Theresa Seiffert (Klarinette) und Ilona Zirkelbach (Akkordeon) zuvor schon beim Couplet über den augenzwinkernden Gebrauch von Eigenurin bestens bestätigt.

Mit ihrem feinen Satzgesang (Wenn ich wöllt, wie ich könnt, aber ich well net) im Zusammenspiel mit ihrer professionellen Musik sind die "Wilden Schlehen aus der Rhön" echt Kult. Nach Reichenbach beispielsweise kam zum Mundart-Abend eine Kleinbus-Ladung Kaufmannsware-Fans extra aus Augsfeld im Haßgau angereist. Und die unterschreiben die Aussage vom "Frauenpower-pur-Song" ohne Bedenken: "Wir sind nicht die Spice-Girls, nur die Mädels aus dem Biosphärenreservat, wir stehen unter Naturschutz, denn um uns wärs schad!" Wie treffend.

Fredi Breunig macht einen auf Trump und verlangt Lach-Zoll

Trefflich streifte auch Fredi Breunig, der humoristische Tausendsassa aus Salz, durch die Schlagzeilen der jüngeren Zeitgeschichte. A la Trump will er künftig bei seinen Auftritten Lach-Zoll einsammeln. "20 Euro extra. Des muss scho drin sei. Wenn der US-Präsident auf unbewohnten Inseln der Antarktis selbst von Pinguinen zehn Prozent mehr verlangt!" Auch den neumodischen Errungenschaften in der Haustechnik stehe er kritisch gegenüber. Er habe die Zeit gestoppt, die sein absenkbarer Klodeckel braucht. Und festgestellt: "Ich bin im Prostagutt-Forte-Alter. Da muss ich scho widder aufs Klo, bevor der ganz unten ist!"

Auch mit dem Respekt vor dem Alter sei es seiner Beobachtung nach nicht mehr weit her. Wenn er seinen Vater früher gefragt hatte, ob er ein Eis haben könne, und seine Antwort "Pfeifferdeckl" war, dann wusste Jung-Fredi, dass er noch eine Chance hat. Wenn er aber mit der Steigerung von "Pfeifferdeckl" geantwortet hatte, do wusst ich, heut geht nix mehr! Und kennt Ihr die Steicherung?" Gespannte Pause im Publikum. "Hundspfotze gitts!" Und alle in den vier Sälen wussten, dass mit diesem väterlichen Ausspruch der Spaß zu Ende war.

 
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