"Sonntags geschlossen" steht an der Tür zum Laden von Ullrich Amthor. Der Bäckermeister wird aber sein Schild ändern und den Sonntag um den Donnerstag ergänzen. "Es hilft nicht mehr, an den Symptomen herumzudoktern, einschneidende Veränderungen sind notwendig, um den Betrieb zu retten", begründet der Geschäftsinhaber aus Waltershausen seine Vorgehensweise und empfiehlt seinen Berufskollegen, nicht mehr auf Hilfe von außen zu warten.
Drei Ereignisse waren es, die den Bäckereibesitzer und Obermeister der Bäckerinnung Bad Kissingen/Rhön-Grabfeld zum Handeln veranlasst haben: ein Zeitungsartikel über einen Kollegen bei Straubing, eine Ankündigung zur Preiserhöhung von seinem Hauptlieferanten und seine eigene Corona-Erkrankung mit einem schweren Verlauf.
Die Preise können nicht noch weiter angehoben werden
"Mein Zustand hat mir Zeit gegeben, darüber nachzudenken, wie es weitergehen soll", erinnert sich Amthor. In dem Zeitungsbericht seien genau die Probleme geschildert worden, die ihn auch betreffen. Zu guter Letzt sei dann noch der Brief des Lieferanten gekommen, dass die Preise für einen Großteil der Zutaten seiner Backwaren zum 1. Oktober angehoben werden müssen.
"Ich kann nicht weiter die Preise heraufsetzen", war sich der Handwerker rasch im Klaren, "mir laufen ja die Kunden weg". Seit Ausbruch der Corona-Epidemie seien seine Produkte durchschnittlich etwa 20 Prozent teurer geworden. Seit dem Frühjahr hätten sich noch zusätzlich Rohstoffe und Energie verteuert. "Ich müsste noch mal 20 Prozent draufschlagen, um meine Kosten zu decken, das macht aber die Kundschaft nicht mit", ist Amthor überzeugt. Schon jetzt gehe der Umsatz zurück, weil die Menschen sparsamer mit ihrem Geld umgehen würden.
Der Personalmangel wird immer eklatanter
Darüber hinaus könne er auch nicht einfach die Produktion erhöhen. "Dazu habe ich nicht die Leute", betont Amthor und kommt auf den Personalmangel zu sprechen, der immer eklatanter werde. Die Lage sei inzwischen so, dass er Aufträge ablehnen muss, weil er mit seinen Mitarbeitern am Limit sei. Er wollte sich eigentlich langsam aus der Produktion zurückziehen, um sich auch etwas mehr seinen zahlreichen Ehrenämtern zu widmen, sagt der 61-Jährige, doch immer wieder müsse er einspringen. Er wolle sich jetzt in erster Linie auf seine Stammkunden konzentrieren.
Um die Herstellungsmenge der Zeit vor der Krise zu erreichen, bräuchte er zwei zusätzliche Kräfte. "Die gibt es aber nicht - und schon lange keine Auszubildende." Er habe immer mal wieder Praktikanten, aber keiner sei letztendlich geblieben. Bei den großen Betrieben schlage der Personalmangel noch stärker durch, sodass in letzter Zeit viele Filialen geschlossen worden seien.
Die Kosten verringern und die Arbeitsbedingungen attraktiver machen
Es sei zu befürchten, so Ullrich Amthor, dass manch kleinerer Betrieb auf der Strecke bleibt, weil die gestiegenen Kosten nicht mehr zu decken seien. Die von der Politik angekündigte Unterstützung sei bisher nur ein Lippenbekenntnis gewesen. Die Corona-Hilfen seien dagegen sehr nützlich gewesen - "und haben mich gerettet, aber wie sieht es mit einem neuen Paket aus?"
Auf Hilfe von Außen will Amthor nun nicht mehr warten. "Ich muss handeln, ehe es zu spät ist." Für ihn bedeutet das: die Kosten verringern und die Arbeitsbedingungen attraktiver machen. Zuerst hatte er den Sonntagsverkauf eingestellt und jetzt will er einen weiteren Ruhetag und für das Personal eine Vier-Tage-Woche einführen. Das möchte er durch eine Komprimierung der Regelarbeitszeit erreichen. "Statt an sechs Tagen mit weniger Stunden, wird an vier Tagen mit mehr Stunden gearbeitet." Die Arbeitszeit soll auch erst später beginnen. Dadurch würden die Mitarbeiter in den Genuss von mehr Freizeit kommen. Auf diesem Wege hofft er, zusätzliches Personal gewinnen zu können.
Diese ausufernden Öffnungszeiten sind ein Geschwür der großen Konzerne.
Wenn du Samstags nach 12 noch Hackfleisch wolltest, gabs Mecker von der Chefin. Dann warst du eben vor 12 da.
Alles war keinerlei Problem und Diskussion. Reine Erziehung und das hat funktioniert.
Heute können wir neu das überleben lernen…