Eigentlich schaut Peggy Pusch, die sich in der Community für lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTQIA+) in Rhön-Grabfeld engagiert, gerne Fußball. Von der momentan laufenden Fußball-Weltmeisterschaft (WM) im Wüstenstaat Katar hat sie sich bisher kein Spiel angesehen und möchte das auch in Zukunft nicht tun. Der Grund sind die Aussagen des Katarischen WM-Botschafters Khalid Salman, Schwulsein sei verboten, weil es ein geistiger Schaden sei.
Peggy Pusch gründete im September 2022 den Verein "Pride NES" in Bad Neustadt mit und ist dessen Vorsitzende. Der Verein, der sowohl queeren als auch heterosexuellen Menschen offensteht, möchte öffentlich über die Lebensumstände gesellschaftlicher Minderheiten, insbesondere über die Situation queerer Menschen, aufklären. So sollen die Akzeptanz von und der Austausch zwischen Personen verschiedener sexueller Orientierungen gefördert werden.
Auch Personen aus Rhön-Grabfeld kommen nun zum LGBTQIA+-Stammtisch
"Zu Beginn kamen auch viele negative Reaktionen, etwa 'Wie könnt ihr nur so einen Verein gründen?'", erzählt Peggy Pusch auf Nachfrage dieser Redaktion. Auch würden sie und andere Mitglieder der LGBTQIA+-Community noch immer angefeindet. Doch sie würden auch viel
Dankbarkeit und Zuspruch erfahren, von heterosexuellen wie von schwulen und lesbischen Menschen. Vor allem aber von Personen, die sich nicht ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig fühlen (Transgender) oder deren Eltern, so Pusch.
Auch der LGBTQIA+-Stammtisch am Donnerstagabend in Puschs Bar "Peggys Wohnzimmer" in Bad Neustadt werde seit der Vereinsgründung besser angenommen. "Als ich damit anfing, saß ich alleine da. Oder es kamen nur Personen von weiter weg, weil sie Angst hatten, erkannt zu werden. Mittlerweile sind auch regelmäßig Leute aus Rhön-Grabfeld dabei, die sonst nur in Würzburg beim Stammtisch waren", zeigt sich Pusch erfreut.
Peggy Pusch schaut die Weltmeisterschaft nicht
Mancher setze sich erst mal nicht direkt an den Stammtisch zu den Mitgliedern von Pride NES, sondern nur in die Nähe. Aber schon nach kurzer Zeit falle meist die Scheu: "Und dann kommen nach ein bisschen Smalltalk die brennenden Themen auf den Tisch, zum Beispiel die WM", so Pusch. "Die ist für mich übrigens Geschichte, obwohl ich eigentlich gerne Fußball schaue. Man kann doch nicht sagen, nur weil jemand eine andere sexuelle Orientierung hat, ist er geisteskrank. Diese Aussage des Botschafters war ein Schock für mich", fügt Peggy Pusch hinzu.
"Wie kann die FIFA in ihre Statuten schreiben, dass eine Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung verboten ist und dann sagt ein Botschafter so etwas? Entschuldigung, aber das geht gar nicht!", sagt Pusch verärgert. Dass die deutschen Fußballer sich dann noch nicht einmal trauen würden, etwas dagegen zu sagen und lediglich auf einem Foto ihren Mund zuhalten, finde sie nicht in Ordnung.
Auch wenn sie selbst immer die Weltmeisterschaft unterstützt habe: "Dieses Jahr meide ich das Turnier komplett", so Pusch. Auch die anderen Mitglieder ihrer LGBTQIA-Community würden sich die Spiele nicht ansehen.
Vater eines transsexuellen Kindes berichtet in Bad Neustadt
Umso wichtiger ist es ihr, mit "Pride NES" Menschen jeder sexuellen Orientierung und Identität eine Anlauf- und Austauschmöglichkeit zu geben. In Kürze soll eine spezielle Beratung für transsexuelle Kinder und Jugendliche und deren Eltern anlaufen. Pusch und ihre Mitstreiter planen, dass dafür regelmäßig ein Sexualtherapeut für Transgender von der Anlaufstelle in Würzburg nach Bad Neustadt kommt.
"Dafür bräuchten wir noch einen Raum, zum Beispiel von der Stadt Bad Neustadt", so die Vorsitzende von Pride NES. Im Januar wird außerdem der Vater eines transsexuellen Kindes von seinen Erfahrungen berichten. Wer daran teilnehmen möchte, kann sich beim Verein anmelden.