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Bad Neustadt
"Übergriffig" oder gerechtfertigt? Der Ordnungsdienst ließ in Bad Neustadt ein Schaufensterplakat abhängen
Ein abgehängtes Oratoriums-Plakat löste in der Stadt eine Debatte über Freiheit und Vorschrift aus. So will das Ordnungsamt künftig seine Kontrollen handhaben.
Was ist erlaubt, was verboten? Die Plakatierung in Schaufenstern in der Hohnstraße hat in Bad Neustadt jüngst für Aufregung gesorgt.
Foto: Ines Renninger | Was ist erlaubt, was verboten? Die Plakatierung in Schaufenstern in der Hohnstraße hat in Bad Neustadt jüngst für Aufregung gesorgt.
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 08.12.2024 02:31 Uhr

Ein kleines Plakat schlägt aktuell in Bad Neustadt hohe Wellen. Worum geht es? Das Plakat des Anstoßes warb für das Elias-Oratorium der Kantorei Bad Neustadt und hing in einem Schaufenster in der Hohnstraße. Legal? Illegal? Die Antwort darauf ist offenbar nicht ganz einfach. Sicher ist, Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes ließen es abhängen. Was nicht nur die betroffene Geschäftsinhaberin, sondern offenbar auch die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler im Umfeld erzürnte.

Stadträtin Anne Zeisner (CSU) brachte den Vorfall unter "Sonstiges" in die vorletzte Stadtratssitzung, mit der Bitte, das Geschehen zu prüfen: "Das hat für Unruhe gesorgt." Bürgermeister Michael Werner versprach Aufarbeitung. 

Die Innenstadt gilt in Sachen Plakate als "besonders geschützter Bereich"

In der jüngsten Sitzung nun Werners Antwort, die jedoch erneut für Diskussionen sorgte. Die Innenstadt gelte laut Plakatierungsverordnung als "besonders geschützter Bereich". Eine Plakatierung ist in Ausnahmen dennoch möglich. Der Kommunale Ordnungsdienst sei einer massiven Wildplakatierung im Umfeld des besagten Schaufensters nachgegangen. Um "rechtssicher" und "konsequent" zu bleiben – man könne nicht im einen Fall "verwarnen", im anderen nicht – wurden alle Plakate entfernt. 

In der Regel gehe man "mit Fingerspitzengefühl" vor, verstehe sich als "Dienstleister" für die Bürgerinnen und Bürger und mache, oft auf dem kurzen Dienstweg, zahlreiche Dinge möglich: "Was wir leisten und zulassen, darüber wird nie gesprochen", monierte Werner. "In diesem Fall war es einmal ein Abhängen. Das hat gleich Wellen geschlagen."

Anne Zeisner nannte die Aktion "übergriffig" und einen "Eingriff in die Freiheit"

Die Ladeninhaberin, so Zeisner, interpretiere ihre Plakatierung als zulässig und von der Plakatierungsverordnung gedeckt. Auch sie selbst, so Zeisner weiter, empfände das Plakatabnehmen in Geschäften als "übergriffig"und "Eingriff in Freiheit". Sollte die Verordnung das ermöglichen, würde sie den Antrag stellen, diese "komplett neu zu überdenken". Sei hingegen ein Fehler gemacht worden, müsste man sich dafür "sauber entschuldigen".

Auch Alexander Barthelmes (CSU) wollte im Fortgang der Diskussion geklärt wissen: War das Handeln von der Satzung gedeckt? "Müssen wir die Satzung ändern? Oder ist die Satzung einmal falsch angewendet worden?" Gerald Pittner (Freie Wähler) fragte: "Warum muss ich ein legales Plakat abhängen, wenn daneben ein illegales hängt?"

Ordnungsamt: Man habe entschieden, "Schaufenster künftig nicht zu kontrollieren"

Werner sprach von einem "besonderen Einzelfall" im Rahmen einer massiven, illegalen Plakatierung. "In dem Fall ging es nicht anders", sagte er. Und: "So wie es gelaufen ist, ist es aus unserer Sicht richtig." Der Sachverhalt sei aufgearbeitet und damit das Thema für ihn erledigt.

"Für die Bürger und die Betroffenen ist es nicht aufgearbeitet", entgegnete Zeisner. Er wolle weder den Kommunalen Ordnungsdienst noch einzelne Gewerbetreibende "durch den Kakao ziehen", so Werner. Für ihn sei das Thema abgehakt. Was ihm als Quintessenz wichtig ist: "Die Satzung ist richtig. Die Plakatierungsverordnung müssen wir nicht verändern."

Im Nachgang zur Stadtratssitzung erklärt der Leiter des Ordnungsamtes, Oliver Seufert: Die Reinhaltung des Stadtgebietes sei sehr zeitaufwändig und fordere "sofortiges Eingreifen". Die Aktion habe auf eine "eindeutig rechtswidrige Plakatierung" abgezielt. "Leider ist bei der Aktion eine Veranstaltung mit zum Opfer gefallen, die wir seitens der Stadt grundsätzlich unterstützen und die sogar genehmigungsfähig gewesen wäre". 

Entscheidend für die Zukunft: Fortan wolle man es Geschäftstreibenden einfacher machen. Man habe entschieden, "Schaufenster künftig nicht zu kontrollieren" und die Entscheidung über "Aufhängen oder nicht den Betreibern zu überlassen".

 
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Kommentare
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  • Klaus - Peter Eschenbach
    Die Kommentare zeugen wieder einmal von der Sichtweise bis zur Hauswand denken und kein Stück weiter, zumal die Stadt doch eine Entscheidung getroffen hat, die zufriedenstellend ist. Der Ladeninhaber darf selber entscheiden (Und Punkt). Es ist halt modern geworden zu meckern, ohne den Hintergrund zu kennen. Ich interfrage auch oft Dinge, aber wenn man Entscheidungen aufgrund von Ereignissen neu überdenkt, ist doch alles getan was man tun konnte. Oder wird hier jetzt auch kommuna schon Wahlkampf betrieben?
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  • Cilli Mahler
    passiert das in anderen Ländern, spricht man da bei uns schnell von Zensur und übergriffigen Behörden. Bei uns aber ist das"alles richtig" gelaufen.

    Wer dient hier eigentlich wem? Der Bürger der Stadt oder die Stadt dem Bürger?

    Wenn es finanziell für die Stadt mal enger werden sollte, hätte ich schon einen Vorschlag für Einsparungen: Solche Leute an die Luft setzen!
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  • Manfred Englert
    Übergriffig und vermessen!!
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  • Thomas Diener
    Wahnsinn , hat das Ordnungsamt und die Behörden nichts anderes und vielleicht auch sinnvolles zu tun .
    Und immer diese fadenscheinige Ausreden !
    Erst einmal Gehirn einschalten und dann handeln !
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  • Gertrud Körner
    Da hat der Hl. Bürokratius aber heftig zugeschlagen!
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