Seit über 300 Jahren gibt es die Ostheimer Streckbräu. Wenn den Leuten das Bier so lange schon schmeckt, kann es kein schlechtes sein. Im trüben Lockdown-Winter 2020 hat der Franken-Tatort-Spurensicherer und Kabarettist Mathias Egersdörfer seine Geschmacksknospen mit Streckbier entzückt und den Ruf Rhöner Biere ins Land getragen.
Streck-Bräu aus Ostheim ist Deutschlands Brauerei des Jahres
Und nun die Meldung aus Cem Özdemirs Landwirtschaftsministerium: Die Streck-Bräu ist Deutschlands Brauerei des Jahres. Hopfen und Malz sind beim Rhöner Brauhandwerk also lange nicht verloren. Und der Titel ist Balsam in weiter sehr herausfordernden Pandemie-Zeiten.
Axel Kochinki leitet die älteste Brauerei des Landkreises in zehnter Generation. 16 Jahre alt war er, als er sich für den Brauer-Beruf entschied, die Geschwister waren andere berufliche Wege gegangen. Der 300. Geburtstag wurde 2018 groß gefeiert, Corona war noch weit weg. "Bier ist für mich Heimat", sagt Kochinki. Also kommen auch die Gerste für das Bier aus dem Streutal und das Malz aus der Mellrichstädter Malzfabrik.
Die Streck-Bräu ist eine durch und durch regionale Brauerei, die ihre Bierspezialitäten hauptsächlich in der hessischen, bayerischen und thüringischen Rhön verkauft. Aber auch in Berlin ist der Ostheimer Gerstensaft schon angekommen. Einmal in der Woche geht ein Lkw mit Rhöner Bier zu ausgewählten Clubs in die Bundeshauptstadt. Und sogar in eine Staffel der US-Fernsehserie "Homeland" haben es Streckbier-Flaschen mit ihrem besonderen Etikett geschafft, weil man bei Dreharbeiten in Berlin auf den Rhöner Gerstensaft aufmerksam geworden war.
Doch als Film-Requisite sichert man nicht das Überleben eines alteingesessenen Betriebes. Corona hat dem Unternehmen, wie so vielen Kleinbrauereien, schwer zugesetzt. "Das war keine schöne Zeit", sagt der Ostheimer. Abgesagte Feste und Gastronomie im Lockdown machten der Streck-Bräu schwer zu schaffen, deren Ausleger vor vielen Gasthäusern der Region wirbt. "Unsere Haupteinnahmequellen waren de facto nicht mehr da", erzählt Kochinki. Die Verwaltung im Homeoffice, die Brauerei nur zwei Stunden am Tag geöffnet. Es waren bedrohlich schwere Zeiten. Dann einen Betrieb wieder hochzufahren, wenn alle nach frischen Fässern schreien, war schon 2021 eine Herausforderung.
Mehr Anerkennung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gastronomie
Bei Axel Kochinki keimt auch jetzt wieder Hoffnung auf. "Es herrscht Aufbruchstimmung, ist mein Eindruck", sagt der gelernte Braumeister. Urlaube und Feste würden wieder geplant. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gastronomie erhielten wieder mehr Anerkennung von der Öffentlichkeit. "Das finde ich schön und das weiß ich zu schätzen", so der Brauereichef. Um so mehr freue er sich jetzt über die hohe Auszeichnung. Es sei für ihn und seine Belegschaft ein wohltuendes Lob. "Ganz ehrlich, das tut wirklich gut", sagt Kochinki.
"Der Bundesehrenpreis ist für unsere kleine Familienbrauerei wie der Gewinn der Champions League", sagt Axel Kochinki und ist dabei sehr stolz auf seine Mitarbeiter, die mit viel Begeisterung hinter dem Unternehmen stehen. Besonders hebt er die Leistung von Braumeister Benjamin Betz hervor, einem unverkennbaren Oberpfälzer. Seine Leistung sei überdurchschnittlich, so der Brauereichef.
Der hat in den vergangenen Jahren schon einige neue Varianten für das Biersortiment gebraut: Das 1718 aus dem Jubiläumsjahr, ein Helles oder das Doldengrün, für das der Hopfen von Hand gezupft wird wie in früheren Tagen. "Es gibt ganz viel Wandel. Alleine die letzten Jahre der Craft-Biere haben gezeigt, wie dynamisch ein Markt sein kann. Es gibt wieder mehr kleine Brauereien und das Bewusstsein für Bier als ein hochwertiges, wertvolles Lebens- und Genussmittel ist deutlich gestiegen", zeigte sich Kochinki schon im Jubiläumsjahr optimistisch. An dieser Grundeinstellung hat sich bis heute nichts geändert.
Das Geschmacksgeheimnis des Rhöner Bieres
Über sein Geschmacksgeheimnis sagt der Brauereibesitzer: "Die entscheidende Zutat ist Liebe." Das macht den Unterschied, ist sich der Inhaber von Strecks Brauhaus sicher. Da verhalte es sich wie bei einem Marmorkuchen. Der von seiner Mutter gebackene schmecke dem Diplom-Braumeister auch besser als ein gekaufter Kuchen. "Weil sie ihn mit ganz viel Liebe und besten Zutaten zubereitet", erklärt Kochinki.
Deshalb legt die Familienbrauerei auch beim Bierbrauen Wert auf Liebe – und natürlich moderne Technik. "Wir leben das, was wir machen", so der Inhaber. Vielleicht mache sie genau dies erfolgreich, mutmaßt er. "Aber es gehört auch ein bisschen Glück dazu", sagt Axel Kochinki und strahlt dabei übers ganze Gesicht.
Der Goldene Ehrenpreis ist die höchste Auszeichnung, die ein deutsches Unternehmen der Ernährungswirtschaft für seine Qualitätsleistungen erhalten kann. An dem traditionsreichen Wettbewerb in der Produktkategorie "Bier" beteiligten sich 115 Brauereien mit rund 750 Bieren. Prämiert wurden schließlich zwölf Brauereien.
Dass die Auszeichnung für die Streck-Bräu am Ende in Berlin von der Grünen Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Manuela Rottmann aus Hammelburg, überreicht wurde, ist noch eine kleine regionale Pointe am Rande. Rottmann hatte sich schon im Wahlkampf zur Bundestagswahl, also mitten in der Pandemie, nach der Lockdown-Lage bei den Ostheimern erkundet, wofür sie sich höchsten fachlichen Respekt bei dem CSU-Mann Kochinki erwarb.
Ob der Titel der Streck-Bräu den einen oder anderen verkauften Kasten mehr beschert und der gute Ruf noch weiter ins Land getragen wird, werden die nächsten Monate zeigen. Wichtiger dürfte sein, dass die Region weiß, was sie an ihren regionalen Anbietern hat.