Das Wasser im großen 50-Meter-Becken glitzert in der Abendsonne, Schwimmer ziehen ihre Bahnen, Kinder tummeln sich auf der Freibadrutsche oder tauchen im Wellenbad ab. Freizeitidylle herrscht am Donnerstagabend auf der Freibadanlage, während gleich nebenan, in der Oskar-Herbig-Halle, Fakten auf den Tisch kommen, die über die Zukunft des Sportbads in Mellrichstadt entscheiden.
Dementsprechend groß war das Interesse an der Stadtratssitzung: Über 50 Gäste wollten sich aus erster Hand informieren, welche Möglichkeiten die Machbarkeitsstudie für das Schwimmbad bietet, die Architekt Dominik Wukowojac, Statiker Dieter Federlein und Technikexperte Klaus Meyer auf großer Leinwand präsentierten. "Wir beschäftigen uns seit zehn Jahren mit der Schwimmbad-Sanierung, aber so weit wie heute waren wir noch nie", machte Wukowojac deutlich. Auch wenn noch längst keine konkreten Pläne auf dem Tisch liegen, gibt die Studie eine Marschroute vor, die im Kern die Trennung in zwei Bauabschnitte – Freibad und Hallenbad – beinhaltet und es möglich macht, die Arbeiten anzupacken, ohne dafür das Bad für mehrere Jahre komplett schließen zu müssen.
Wie kann es gelingen, das Schwimmbad zu erhalten?
"Es ist eine der drängendsten Fragen der letzten Jahre in Mellrichstadt: Wie kann es der Stadt gelingen, ihr Schwimmbad zu erhalten?", daran ließ Bürgermeister Michael Kraus eingangs keinen Zweifel. Der einstige Prestige-Bau aus der Zeit der Grenzlandförderung ist mittlerweile 50 Jahre alt und muss dringend saniert werden, auch ein Neubau steht im Raum.
Doch woher das Geld nehmen? Aufgrund der aktuellen Situation auf dem Bausektor mit galoppierenden Preisen gehen die Experten derzeit von Baukosten von über 20 Millionen Euro aus. Ohne staatliche Förderung kann die Stadt solch eine Summe nicht stemmen. Da traf es sich doch wie eine glückliche Fügung, dass dem Bürgermeister kurz vor der Stadtratssitzung eine E-Mail von Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) ins Postfach geflattert war, in dem sie auf ein neues Bundesprogramm zur Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur aufmerksam machte.
Förderprogramm kommt genau zum richtigen Zeitpunkt
476 Millionen Euro stellt der Bund hier insgesamt zur Verfügung, und aus diesem Topf könnte auch das Mellrichstädter Freibad Zuschüsse erhalten. In der Zeit von 15. August bis 30. September können Antragsskizzen eingereicht werden, und die Machbarkeitsstudie liefert hierfür passgenau die Grundlage.
Eine Punktlandung, freute sich der Stadtchef, der die Pläne zur Sanierung von Beginn seiner Amtszeit an vorangetrieben hatte und sich dafür auch die Unterstützung der zuständigen Bundes- und Landtagsabgeordneten gesichert hat. In den vergangenen Monaten stand Kraus dabei in engem Austausch mit Staatssekretärin Manuela Rottmann (Grüne), die ebenfalls ein waches Auge auf kommende Förderprogramme hat.
Hallenbad- und Freibadtechnik werden voneinander getrennt
Eine zukunftsfähige Lösung für das Sportbad sehen die Verantwortlichen in einer Trennung von Hallen- und Freibad, insbesondere, was die Technik betrifft. "Daher soll in einem ersten Bauabschnitt zunächst einmal das angepackt werden, was eigentlich gar nicht kaputt ist, nämlich das Freibad", erläuterte Architekt Dominik Wukowojac aus Mellrichstadt. Im Bereich hinter dem Wellenbad, Richtung Sportplatz, soll ein neues Gebäude mit Duschen, Umkleiden und Sanitärräumen gebaut werden, in dem künftig auch die Technik für das Freibad autark betrieben werden kann.
Bislang sind im Untergeschoss des Hallenbads die technischen Anlagen für das gesamte Bad untergebracht, und die dringend notwendige Erneuerung passt nicht mehr in den Bestandsbau. Über die Details informierte Klaus Meyer vom Ingenierbüro Möller + Meyer aus Gotha. "Die Trennung sichert die Zukunft des Freibads für die nächsten 30 Jahre", machte Michael Kraus dazu deutlich. Ob das 50-Meter-Becken in puncto Bahnbreite und Wassertiefe verkleinert wird, um das Bad in der Zukunft energieeffizienter zu betreiben, ist da noch Zukunftsmusik.
Architekt Dominik Wukowojac setzt auf Nachhaltigkeit
Inklusive dem Verlegen neuer Leitungen vom Technikgebäude mit Anschluss an die Becken rechnet Architekt Wukowojac beim Freibad mit Kosten von aktuell 4,3 Millionen Euro netto. Beim Hallenbad stehen andere Summen im Raum. Knapp 17 Millionen Euro brutto schlagen nach derzeitigem Stand zu Buche, wenn das Hallenbad von Grund auf saniert wird. Da das Gebäude laut Statiker Dieter Federlein (IB Federlein Ingenieurgesellschaft in Salz) eine klare Trennung in der Baukonstruktion aufweist, ist es durchaus möglich, die schadhaften Teile insbesondere bei der Dachkonstruktion zu entfernen und das Bad auf der bestehenden, stabilen Gründung neu aufzubauen. Ein Weg, der für Architekt Dominik Wukowojac vor allem beim Thema Nachhaltigkeit punktet.
Die Alternative wäre der Abriss und ein Ersatzneubau in Richtung Sportplatz, der von der Sportplatzfläche einen guten Teil abknabbern würde. Umgerechnet auf die 4000 Quadratmeter Fläche des jetzigen Hallenbads würden dafür knapp 23 Millionen Euro fällig. Eine Empfehlung, in welche Richtung es gehen soll, wollte das Expertenteam dem Stadtrat nicht aussprechen. Mit diesen Fragen wird sich das Gremium zu gegebener Zeit beschäftigen müssen.
Blick auf Effizienz und regenerative Energien
Fällt die Entscheidung für eine Sanierung, könnte das Hallenbadgebäude um eine Etage verkleinert werden, was es möglich macht, das Bad künftig energieeffizienter und somit auch kostengünstiger zu betreiben. Mit dem Anschluss an die Biogasanlage und der Installation von Photovoltaik und Solartechnik auf dem Dach wären in puncto Energieversorgung die passenden Weichen gestellt.
Bis das Hallenbad allerdings einmal angepackt werden kann, sind weitere Förderprogramme nötig, die der Stadt finanziellen Spielraum verschaffen. "Hier muss sich noch viel bewegen, um diese Summen abzufedern, und wir müssen die Augen in alle Richtungen offen halten", erläuterte der Architekt. Doch die Weichen für den ersten Abschnitt Freibad sind gestellt. "Mit der Machbarkeitsstudie haben wir nun eine Landkarte in den Händen, mit der wir vor einem großen Weg stehen und ein erstes Etappenziel vor Augen haben", umriss der Bürgermeister bildlich das Erreichte.
Die Projektskizze für das neue Förderprogramm des Bunds kann jedenfalls dank der guten Vorbereitung sofort zu Beginn der Einreichungsfrist abgeschickt werden. Und vielleicht bewahrheitet sich für Mellrichstadt ja dann die Redewendung: Der frühe Vogel fängt den Wurm.