Das Sportbad ist ein Sorgenkind der Stadt. Doch den Mellrichstädtern ist ihr Bad lieb – und mittlerweile auch ziemlich teuer. Mehrere hunderttausend Euro investiert die Stadt jedes Jahr in den laufenden Betrieb. Über allem schwebt das Damoklesschwert einer dringend anstehenden Generalsanierung oder gar eines Neubaus. Ein zweistelliger Millionenbetrag steht im Raum. Geld, das die Stadt nicht auf der hohen Kante hat. Während staatliche Förderprogramme seit Jahren auf sich warten lassen, steigen die Baukosten und machen die Mammutaufgabe für die Verantwortlichen nicht einfacher.
Bürgermeister Michael Kraus will derweil nicht abwarten, bis das Bad so marode ist, dass es geschlossen werden muss. Die Nachrichten über das Ende des Hallenbads in Bad Kissingen im vergangenen Oktober – Dach und Tragwände waren laut einer Untersuchung in einem dramatisch schlechten Zustand – haben auch in Mellrichstadt die Alarmglocken schrillen lassen. Der Stadtchef will handeln, "solange wir das Heft dazu noch in der Hand haben". Architekt Dominik Wukowojac wurde mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt, um zu ermitteln, was in puncto Technik und Gebäudestatik angepackt werden muss. "Dann können wir schnell reagieren, sobald sich ein Fördertopf für das Schwimmbad auftut."
Sportbad ist auch wichtig für die Schulen
Eine gute Nachricht in dieser Hinsicht hatte die Stadt bereits im April 2021 erhalten: Die Regierung von Unterfranken hat bescheinigt, dass das Sportbad für den Schwimmunterricht der Schulen gebraucht wird. Diese "Feststellung des schulischen Bedarfs", wie es im Amtsdeutsch heißt, ist wichtig, um Fördermöglichkeiten auszuloten.
Doch wie schaut es mit der Bausubstanz aus? Und wie stabil läuft die Technik in den Katakomben des Schwimmbads? Bei einer informellen Sitzung setzten Statiker Dieter Federlein, Architekt Dominik Wukowojac und Betriebsleiter Wolfgang Fritz die Stadtratsmitglieder ins Bild. Nur wer weiß, wo der Schuh drückt, kann zu gegebener Zeit handfeste Entscheidungen treffen.
Seit zehn Jahren werden Schäden genau beobachtet
Dieter Federlein vom Ingenieurbüro Federlein in Salz kennt die Schwachstellen im Sportbad genau. Er begleitet die Sicherungsmaßnahmen, die bereits Ende der 1980-er Jahre eingeleitet werden mussten, bis heute. Grund allen Übels für die Schäden im Hallenbad ist ein Stoff, ohne den ein Schwimmbetrieb nicht möglich ist: Chlor wird zur Desinfektion des Wassers beigesetzt, hat aber auf Dauer ernste Nebenwirkungen für die Bausubstanz. Die chlorhaltige Luft löst Lochfraß-Korrosion im Stahl der Betondecken und -pfeiler aus. Das Hallen-Freibad, 1972 als Vorzeigeobjekt der Stadt gebaut, musste daher bereits 1988 im Bereich der Empore gesichert und verstärkt werden, wie Dieter Federlein aufzeigte.
2008 traten erste Risse auf, die Korrosion im Stahl und den tieferliegenden Betonteilen schreitet fort, so der Fachmann. "Diese Entwicklung kann man bremsen, aber nicht aufhalten." Seit 2011 gibt es daher ein Monitoring, das Schäden im Rahmen über der Schwimmhalle dokumentiert. "Es treten zwar immer mehr Risse auf, aber keine großen Sprünge", informierte Dieter Federlein, der die neuesten Daten erst Mitte Januar abgelesen hat. Daher müsse man nicht akut tätig werden, jedoch sei es angeraten, sich dringend um ein Konzept für die Zukunft zu bemühen.
Schwimmbad-Sanierung: Agieren statt reagieren
Trotz aller Probleme und Mängel machte er der Stadtführung Hoffnung, dass für das Mellrichstädter Sportbad noch nicht aller Tage Abend ist. "Es ist fünf vor Zwölf, aber die Bausubstanz ist noch nicht so schlecht, dass das Bad nicht mehr saniert werden kann", versicherte der Fachmann.
"Agieren statt reagieren" ist auch die Linie von Architekt Dominik Wukowojac. Er rief die Stadtratsmitglieder dazu auf, sich Gedanken zu machen, wie das Schwimmbad der Zukunft aussehen soll. Ein Gesamtkonzept muss her, und dabei müsse von Seiten der Stadt klar definiert sein, was gewünscht wird. Erst dann können die Kosten ermittelt werden. Und zu guter Letzt: Was ist wirtschaftlich? Diese Frage ist gegeben, wenn die Kosten für eine Sanierung ähnlich hoch ausfallen wie für einen Neubau. Eine Förderung werde es dann nämlich nur für den Neubau geben, so Wukowojac. Neben der engen Zusammenarbeit mit Dieter Federlein will der Architekt daher noch einen Schwimmbadtechniker ins Boot holen, der bei der Machbarkeitsstudie seine Expertise einbringen soll.
Neue Technik wird dringend gebraucht
Klar sei laut Wukowojac, dass eine neue Schwimmbad-Technik, die zweifellos dringend gebraucht werde, nicht mehr im Keller untergebracht werden kann. "Dafür brauchen wir heute deutlich mehr Platz." Wo also kann die Technik ergänzt werden, wohin mit Schwallwasserbehältern, Pumpen und Lüftungsanlage? Und wie kann die Technik im laufenden Betrieb erneuert werden? Zumal die Technik für Hallen- und Freibad zusammenhängt. "Es wäre ideal, wenn wir das trennen könnten", so Wukowojac.
Fragen stehen noch hinter der künftigen Beckengröße und der Wassertiefe, dem Hupboden und ob Liegebereiche im Hallenbad eingerichtet werden. Dazu muss auch entschieden werden, ob das Bad ein Sportbad bleiben soll.
Zweistelliger Millionenbetrag wird fällig
Klar ist: Das einstige Vorzeigebad aus den 1970-er Jahren wird sich mit der Maßnahme deutlich verändern. "Heute würde ein Schwimmbad dieser Größe etwa 20 Millionen Euro kosten", versicherte Dominik Wukowojac. Allein die Kosten für den Abriss im Fall eines Neubaus schätzt der Experte auf knapp eine Million Euro. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die Stadt, egal, ob die Entscheidung für eine Sanierung oder einen Neubau fällt, einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen muss.
Bürgermeister Michael Kraus ist gespannt, wie die Machbarkeitsstudie ausfallen wird, die allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen wird. "Unser Ziel muss sein, die Möglichkeit zum Schwimmen in Mellrichstadt zu erhalten", so der Stadtchef.
Betriebsleiter Wolfgang Fritz kann der Baustart gar nicht schnell genug gehen. "Es ist einfach alles alt bei uns", beschreibt er die Situation. Die Chlorgasanlage muss erneuert werden, für die alte gibt es keine Ersatzteile mehr. "Jeden Tag passiert etwas, und wir müssen am Ball bleiben, wenn wir das Bad erhalten wollen", appellierte Fritz an die Verantwortlichen.