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Schweinfurt
Prozess um Tod am Radweg in Bad Neustadt: 19-jähriger Angeklagter entschuldigt sich bei den Angehörigen mit einem Brief
Von Reue war bislang bei dem Angeklagten in dem Prozess um den gewaltsamen Tod eines 26-Jährigen keine Spur. Das änderte sich nun. Was sonst noch passiert ist.
Zwei Männer müssen sich vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt wegen Mordes verantworten. Ein dritter Mann ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Sie sollen für den gewaltsamen Tod von Josef D. am 21. November 2021 in Bad Neustadt verantwortlich sein. 
Foto: Daniel Karmann, dpa | Zwei Männer müssen sich vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt wegen Mordes verantworten. Ein dritter Mann ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Sie sollen für den gewaltsamen Tod von Josef D. am 21.
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:21 Uhr

Die Frage nach der Reue ist eine, die früher oder später vor Gericht eine Rolle spielt. Etwas, das der 19-Jährige, der für den gewaltsamen Tod von Josef D. verantwortlich sein soll, bisher weder im Prozess gezeigt hat, noch ließ sich aus den Aussagen der Zeugen heraushören, dass er irgendetwas bereue. Prozesstag für Prozesstag sitzt der junge Mann zwischen seinen Verteidigern, der Kopf gesenkt, die Hände ineinander gefaltet.

Dann aber, am fünften Verhandlungstag in der Schweinfurter Stadthalle, gibt es da einen Brief, den er an die Hinterbliebenen von Josef D. geschrieben hat, bereits einen Tag vor Prozessbeginn am 27. September. Seine Verteidigerin bringt ihn vor. Er möchte sich für die Tat entschuldigen. "Dieser Brief macht meine abscheuliche Tat nicht wieder gut", liest die Vorsitzende Richterin daraus vor. Aber es tue ihm leid. 

Der Anwalt der Nebenklägerin, die ehemalige Frau von Josef D., hat den Brief an seine Mandantin weitergegeben. Und sie habe gesagt, es sei doch nur der Versuch, sich vor Gericht in ein besseres Licht zu rücken.

19-Jähriger räumte "vorsätzliche Tötung" ein

Der 19-Jährige hatte am ersten Verhandlungstag vor knapp einem Monat über seine Verteidigung eingeräumt, Josef D. mit mehreren Messerstichen getötet zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und seinem 21-jährigen Mitangeklagten Mord in Mittäterschaft vor. In seiner Einlassung war von Mord keine Rede, sondern lediglich von der "vorsätzlichen Tötung". Ob es sich also tatsächlich um Mord handelt, entscheidet am Ende das Gericht.

Doch an diesem Dienstag geht es zuerst noch um die Vernehmungen des 21-Jährigen, der wegen Beihilfe zum Mord auf der Anklagebank sitzt. Gleich am 22. November 2021, also an dem Tag, als Spaziergänger in den frühen Morgenstunden die Leiche von Josef D. an einem Radweg in Bad Neustadt fanden, vernahmen die Beamten den jungen Mann. Es sei eine "zähe Vernehmung" gewesen, sagt die Polizeibeamtin, die daran beteiligt war, vor Gericht.

21-Jähriger wurde vom Zeugen zum Beschuldigten

Zuerst habe man den 21-Jährigen als Zeugen vernommen. Später an dem Abend, nachdem ihn die Beamten immer wieder auch über die Vernehmungen seiner damaligen Freundin und des anderen 21-jährigen Beschuldigten aufgeklärt haben, habe er detaillierter erklärt, was sich am 21. November 2021 am Rande von Bad Neustadt zugetragen haben soll.

Und als schließlich herauskommt, dass er den beiden Männern ein Messer geliehen haben soll, sei er vom Zeugen zum Beschuldigten geworden, sagt die Beamtin vor Gericht. Als er festgenommen werden sollte, sei es aus ihm herausgebrochen, er habe gezittert und erzählt, dass der 19-Jährige Josef D. umgebracht habe. Dass der 21-Jährige, der mit am Tatort war, Josef D. "die Fresse zertreten" habe und dass die beiden jungen Männer auf die Frage, wozu sie das Messer bräuchten, "um Josef abzustechen" geantwortet hätten.

Geliehenes Messer sei stumpf gewesen, die Klinge abgebrochen

Später, in einer Videovernehmung, die das Gericht vorspielt, wird er die letzte Aussage wieder zurücknehmen und behaupten, ein Satz wie "Wir bringen ihn um" sei nie gefallen. Er habe vielleicht damit gerechnet, dass sie ihn bedrohen, aber nicht, dass sie Josef D. töten würden.

Das Messer, das er ihnen geliehen hatte, so sagte es der 21-Jährige bei seiner Vernehmung, sei stumpf gewesen, die Klinge abgebrochen. Am selben Abend noch habe er es von seinem Kumpel zurückbekommen, mit den Worten: "Du kannst das Messer ruhig nehmen, damit ist nichts passiert." Ob dieser das geliehene Messer, das nicht die Tatwaffe war, dennoch zumindest in der Hand trug während der Tat, bleibt unklar.

Mit diesem Verhandlungstag steht auch wieder im Raum, dass die erste Beschuldigtenvernehmung des 21-Jährigen möglicherweise nicht verwertet werden darf. Das hängt damit zusammen, dass einem heranwachsenden Tatverdächtigen im Falle der Beschuldigung einer Verbrechensbeteiligung ein Pflichtverteidiger zur Verfügung gestellt werden muss. Der Polizeibeamte, der die Vernehmung damals führte, musste einräumen, dass dies nicht erfolgt sei.

Die Verhandlung wird am Mittwoch um 9 Uhr fortgeführt. Ein Urteil ist für Donnerstag, 27. Oktober, geplant.

 
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  • hubertus.kiesel@online.de
    Es ist doch gar nicht nachweisbar, wann der Brief geschrieben wurde. Wäre er mit der Post an die Angehörigen geschickt worden, dann wäre das anders. Man sollte die Verteidigerin fragen, ob sie dem Täter zu diesem Brief geraten hat. Und auch gleich fragen, wann er denn wirklich geschrieben wurde.
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  • lutterbeck
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  • olivergehrsitz@web.de
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  • weisdergeier@gmx.net
    Dann aber, am fünften Verhandlungstag in der Schweinfurter Stadthalle, gibt es da einen Brief, den er an die Hinterbliebenen von Josef D. geschrieben hat, bereits einen Tag vor Prozessbeginn am 27. September. Seine Verteidigerin bringt ihn vor. Er möchte sich für die Tat entschuldigen. "Dieser Brief macht meine abscheuliche Tat nicht wieder gut", liest die Vorsitzende Richterin daraus vor. Aber es tue ihm leid. Was tut Ihm Leid? GAR NICHTS. Schrecklich. Und der rest der Welt Interssiert mich nicht. Und nun schreibe ich schnell einen Brief das ich gut weg komme.
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