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Frickenhausen
Obstbaumschnitt jetzt im Frühjahr: Mit diesen 6 Tipps vom Gartenprofi ernten Sie bald die besten Früchte
Obstbäume im Garten sind toll, doch sie wollen auch gepflegt werden. Warum man sie je nach Alter anders behandeln muss und was Sie beim Schnitt beachten sollten.
Georg Hansul war viele Jahre lang Fachberater für Gartenkultur und Landespflege am Landratsamt Rhön-Grabfeld. Er weiß, worauf es beim Obstbaumschnitt ankommt.
Foto: Gerhard Fischer | Georg Hansul war viele Jahre lang Fachberater für Gartenkultur und Landespflege am Landratsamt Rhön-Grabfeld. Er weiß, worauf es beim Obstbaumschnitt ankommt.
Kristina Kunzmann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:16 Uhr

Schnipp, Schnapp, und schon ist der Ast ab. Wenn Georg Hansul einen kurzen Blick ins Geäst wirft, dann routiniert seine Baumschere ansetzt und dabei zufrieden lächelt, merkt man: Er ist in seinem Element. Dass Hansul sich auskennt, verwundert nicht, schließlich hat er Gartenbau studiert und arbeitete mehr als drei Jahrzehnte lang als Fachberater für Gartenkultur und Landespflege am Landratsamt Rhön-Grabfeld.

Worauf kommt es an beim Obstbaumschneiden? Das verriet Georg Hansul pünktlich zur Baumschnitt-Frühjahrssaison bei einem Rundgang durch den idyllisch gelegenen Kreislehrgarten in Frickenhausen. Hier sind seine sechs Tipps:

1. Das Ziel des Obstgehölzschnittes kennen

Georg Hansul gibt Tipps, wie man die Qualität des eigenen Obsts steigern kann.
Foto: Gerhard Fischer | Georg Hansul gibt Tipps, wie man die Qualität des eigenen Obsts steigern kann.

"Das Ziel des Obstbaumschnittes ist nicht die Steigerung des Obstertrages, sondern die Steigerung der Fruchtqualität", betont Georg Hansul. Wenn ein Baum überhaupt nicht geschnitten wird, dann trägt er zwar oft jede Menge Früchte, aber: "Die sind halt dann sehr klein und viele davon fallen herunter, weil der Baum sie nicht alle ernähren kann. Viele hängen außerdem im Schatten und die Äste verzweigen sich sehr weit und steil nach oben, wo dann auch die Früchte hängen".

Die Äste sollten sich außerdem nicht gegenseitig behindern. Ziel ist, sie in einer möglichst flachen Stellung zu halten, damit man im unteren Bereich das Obst ernten kann, auch wenn der Baum sehr hoch ist.

2. Zeitpunkt des Schnittes ist entscheidend

Solche Schnittwunden, die durch den Schnitt an Verzweigungsstellen entstehen, heilen beim Baumschnitt im Frühjahr und Sommer sofort, nach dem Herbstschnitt dauert es länger.
Foto: Gerhard Fischer | Solche Schnittwunden, die durch den Schnitt an Verzweigungsstellen entstehen, heilen beim Baumschnitt im Frühjahr und Sommer sofort, nach dem Herbstschnitt dauert es länger.

Herbsttragende Obstbäume (Apfel, Birne, Pflaume) schneidet man laut Hansul normalerweise von Anfang Februar bis Ende März bei Temperaturen nicht unter -5 Grad. "Manchmal werden Bäume aus praktischen Gründen mit der Ernte geschnitten, das kann die Fruchtqualität der verbleibenden Früchte negativ beeinflussen. Oft fallen die dann auch noch herunter, weil sie nicht mehr richtig versorgt werden", gibt der Experte zu bedenken.

Sommertragende Sorten wie Süßkirsche, Sauerkirsche oder Beerenobst kann man auch im Sommer gleich nach der Ernte schneiden, spätestens bis Mitte August, besser früher. Dann findet die Wundheilung an den Schnittstellen sofort statt. Schneidet man die Bäume im Herbst, bleiben die Schnittwunden bis zum Austrieb im Mai des darauffolgenden Jahres offen.

Der Herbstschnitt bietet sich aber zum Beispiel an, wenn man einen sehr starkwüchsigen Obstbaum in seinem Wachstum bremsen will. "Dann schneide ich ihn im Herbst im noch grün-belaubten Zustand. So wird Energie weggenommen, mit der Herbstfärbung zieht sich der Baum zurück und diese Energie wird eingelagert", erklärt Georg Hansul.

3. Das richtige Werkzeug verwenden

Eine scharfe Baumschere mit gegenläufiger Klinge, eine Klappsäge (beides im Bild), ein Messer und eine Drahtbürste hat Georg Hansul in seinem Baumschnitt-Werkzeugkasten.
Foto: Gerhard Fischer | Eine scharfe Baumschere mit gegenläufiger Klinge, eine Klappsäge (beides im Bild), ein Messer und eine Drahtbürste hat Georg Hansul in seinem Baumschnitt-Werkzeugkasten.

"Wichtig ist eine scharfe Baumschere", erklärt Georg Hansul und zeigt, dass es von Vorteil ist, wenn die Klingen der Schere gegenläufig sind. "Sonst bleibt oft ein Zapfen am Ast stehen". Außerdem hat er in seinem Werkzeugkasten eine Klappsäge und ein Messer. Und etwas, das man dort auf den ersten Blick nicht vermutet: eine Drahtbürste.

Damit entfernt Hansul Moos und Flechten an den Bäumen, die zwar nicht schädlich für den Baum sind. "Aber wenn es überhandnimmt, behindert es die Rindenatmung, das Triebwachstum wird dadurch vermindert. Flechten entstehen zum Beispiel, wenn Schlehenhecken in der Nähe sind oder die Bäume sehr eng stehen."

4. Richtige Erziehung ist bei jungen Bäumen wichtig

In der Erziehungsphase sollte auf die richtige Aststellung der Hauptleitäste geachtet werden. Ideal sind laut Georg Hansul etwa 45 bis 60 Grad.
Foto: Gerhard Fischer | In der Erziehungsphase sollte auf die richtige Aststellung der Hauptleitäste geachtet werden. Ideal sind laut Georg Hansul etwa 45 bis 60 Grad.

Im Alter bis etwa zehn Jahre nach der Pflanzung steht die Erziehung der Bäume im Mittelpunkt. Es geht dabei laut Hansul darum, dem Gewächs die gewünschte Form zu geben und seine Verzweigung zu fördern. "Dabei hilft es, lange einjährige Triebe einzukürzen, denn hinter ihnen entstehen drei neue Triebe. So wird auch das Wachstum des verbleibenden Triebes gefördert, der Ast wird stabiler", erläutert der Baum-Fachmann. Beim jungen Baum ist dieses Anschneiden auf eine Knospe wichtig, um ihn zu kräftigen.

Auch auf die passende Aststellung sollte in dieser Jugendphase geachtet werden, wünschenswert ist laut Hansul ein Winkel von etwa 45 bis 60 Grad. "Diese Leitast-Stellung ist wichtig, da man sie später nicht mehr korrigieren kann", sagt Hansul.

Drei bis vier Hauptleitäste, das sind die dicksten Äste, hält er für ausreichend. Darüber, in der "nächsten Etage", folgen die Fruchtäste. Im Rahmen des Erziehungsschnittes sollte ein Abstand zwischen Hauptleit- und Fruchtästen hergestellt werden. Seitenverzweigungen dürfen stehen bleiben.

5. Mittelalte Bäume auslichten und nicht einkürzen

Zu viel Moos und Flechten am Baum können das Triebwachstum behindern. Ihnen rückt Georg Hansul mit einem unerwarteten Werkzeug, der Drahtbürste, zu Leibe.
Foto: Gerhard Fischer | Zu viel Moos und Flechten am Baum können das Triebwachstum behindern. Ihnen rückt Georg Hansul mit einem unerwarteten Werkzeug, der Drahtbürste, zu Leibe.

Ist der Baum zehn bis etwa 50 Jahre alt und damit in der Ertragsphase, benötigt er einen Erhaltungsschnitt, um noch weitere Jahre Obst tragen zu können. "Ziel dieser Schnittart ist, durch das sogenannte Auslichten ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Blatt -und Fruchtmasse herzustellen und das Wachstum in eine günstigere Richtung zu lenken".

"In den Hausgärten werden die einjährigen Triebe oft noch in der Ertragsphase eingekürzt, weil vielleicht diese Endtriebe außen am Baum sehr lang sind. Hinter der Schnittstelle kommen drei neue Triebe, dann wird das eher so besenartig und die Krone zu dicht. Die Früchte, die im Inneren der Krone sind, hängen dann im Schatten und werden nicht richtig reif", rät Hansul, nur in der Erziehungsphase einzukürzen.

In der Ertragsphase soll der Baum nicht noch dichter werden, deshalb ist das Auslichten wichtig, auch Ableiten genannt. Dabei wird an Verzweigungsstellen gekürzt statt wie in der Jugend an jungen Trieben. Äste, die schräg nach außen gehen, sollten stehen gelassen werden. Zur Verdeutlichung hat Georg Hansul einen alten Spruch parat. "Nach dem Schnitt muss man seinen Hut durch den Baum werfen können, so licht muss der Baum sein".

6. Alte Bäume entlasten und verjüngen

Ein kurzer Blick ins Geäst und schon weiß Georg Hansul, welcher Ast entfernt werden muss.
Foto: Gerhard Fischer | Ein kurzer Blick ins Geäst und schon weiß Georg Hansul, welcher Ast entfernt werden muss.

Im Frickenhäuser Kreislehrgarten stehen auch Bäume, die schon hundert oder mehr Jahre auf dem Buckel haben. Maßgeblich im Baumalter über 50 Jahren ist der Verjüngungsschnitt. "Oft haben diese Bäume schon viel getragen, ihre Zweige hängen nach unten und wachsen an der Spitze auch nicht mehr großartig", zeigt Hansul an einem Beispiel.

Indem man nach unten hängende Zweige herausnimmt, kann man solche betagten Gewächse entlasten. Äste, die schräg nach oben zeigen, sollten auch in dieser Phase wie im Ertrag gefördert werden. Möglich ist dies durch kräftiges Ableiten und starke Schnitteingriffe, wodurch das Wachstum in eine günstigere Richtung geleitet wird und auch wieder neue Triebe entstehen können.

 
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