
Es ist ein besonderer Anblick, der sich den Experten des Deutschen Kita-Preises bei strahlendem Sonnenschein am Dienstag am Rande von Oberelsbach bietet: Neben einem Gehege mit Hühnern und Ziegen ist mitten auf einer grünen Wiese ein kleiner Pavillon aufgebaut. Darunter stehen Kindergarten- und Schulkinder mit selbstgenähten Röcken, leckeren Kuchen und frischem Gemüse. Idylle pur.
Stefan Clotz und Michael Schröter sind aus Hamburg und München gekommen. "Wir sind durch die Rhön gefahren und haben gesehen, was das für eine schöne Natur hier ist", schwärmt Stefan Clotz und fügt hinzu: "Die schöne Natur ist das Eine. Was man aber daraus macht, ist das Andere. Und das bewundern wir hier sehr!"
Von 520 Bewerbern nur acht im Finale: Bündnis aus Oberelsbach ist dabei
Die beiden Fachexperten besuchen in ganz Deutschland die Finalisten des Deutschen Kita-Preises. Von 520 Bewerbern in der Kategorie "Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres" sind acht ins Finale gekommen – einer davon ist das "Bündnis Biosphärenkinder". "Ihr habt jetzt schon Grund zu feiern", sagt Clotz.
Beim Kita-Preis wird auf vier Qualitätsaspekte geachtet: Kindorientierung, Partizipation, Lernen im Prozess und Sozialraumorientierung. In Oberelsbach lobt Clotz vor allem den Umgang mit der Natur: "Die Bewahrung der Umwelt bringt alle zusammen!" Und wie das in der Rhön gelebt werde, sei für die Experten "ein bisschen Paradies".

Daneben konnten die Rhöner vor allem mit ihrem Pragmatismus, mit dem sie die Dinge angehen, punkten, sagt Schröter: "Uns hat das Loslegen und die Kommunikation beeindruckt. Alles, was machbar ist, wird gemacht und jeder darf mitmachen. Das gefällt uns richtig gut!" Vor allem seien dies Prozesse, die andere nachmachen könnten.
Bei ihrer Reise durch Deutschland, treffen die Beiden auf Finalisten, die in ganz unterschiedlichen Kontexten arbeiten, erklärt Schröter: "Deswegen kann man auch nicht einfach sagen, welches das beste Bündnis ist." Jeder versuche unter den gegebenen Rahmenbedingungen das Beste für die Kinder herauszuholen.
Unterschiede zwischen den Finalisten sind groß
Wie groß die Unterschiede zwischen den jeweiligen Bündnissen sind, wird klar, als Clotz den Kindern erzählt, dass er und Schröter als Nächstes nach Dortmund fahren: "Dort leben die Kinder zwischen hohen Häusern und sie können nicht auf die Spielplätze, weil zu viele gefährliche Dinge dort liegen."
Auch wenn es in Oberelsbach sozusagen von Natur aus idyllischer zugeht als bei anderen Bündnissen, war die Entscheidung, dass die Rhöner ins Finale kommen, schnell getroffen. "Wir saßen im Familienministerium in Berlin zusammen und die Bewerbung war auf dem Papier schon so beeindruckend, dass Oberelsbach unverhandelbar war", sagt Clotz.
Dies bestätigt auch Schröter: "Uns hat total überzeugt, dass hier ein ganzes Dorf zusammenkommt, um den Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Dieses Gemeinsame fanden wir richtig klasse!"
Kinder präsentieren in Oberelsbach ihre Projekte
Und dieses Gemeinsame ist auch am Dienstag zu spüren, wenn Erzieherinnen unterschiedlicher Einrichtungen zusammen mit den Kindern präsentieren, was sie tun. Da sind zum Beispiel Anna, Jette und Milla, die zusammen mit Miriam Roßhirt, Erlebnispädagogin aus dem Hort, stolz präsentieren, was sie dort schon alles genäht haben.

Und nicht nur auf dem Tisch liegen selbst produzierte Schlampermäppchen, Körbe oder Lesezeichen – nein, die Kinder tragen auch selbst genähte Röcke oder Schürzen. "Das macht uns viel Spaß", sind sich die drei Neunjährigen einig.
Emma und Hannah, beide sieben Jahre alt, zeigen, was sie im Hort erlebt haben. In den Osterferien waren sie beispielsweise zusammen beim Hühnermobil und konnten viel über die Hühner Hilda, Hildegard, Hannelore und Henriette lernen.
Die Kindergartenkinder Pauline, Matthias und Marie puzzeln derweil stolz mit Erlebnisbäuerin Sarah Heimgärtner ihr Gemüse-Memory. Welche Wurzel gehört zu Karotte oder Knoblauch? "Wir bringen den Kindern spielerisch die Kreisläufe in der Landwirtschaft bei", so Heimgärtner. Dafür besuchen die Kinder des Kommunalen Kindergartens einmal im Monat ihren Biohof.

Ein Projekt, das Unterelsbach zusammenbringt, wird jeden ersten Freitag im Monat laut angekündigt. Sehr laut sogar! Denn dann ziehen die Kindergartenkinder aus St. Elisabeth lautstark durchs Dorf und kündigen "Kaffee und Kuchen" an. Wenn Jung und Alt dabei auf dem Kirchplatz zusammenkommen, haben alle viel Spaß, versichern Fiona, Tilda, Felicia und Marlon.
Die Einrichtungen für die Kinder sind ein "Geschenk" für die Gemeinde
"In diesem Jahr feiert der Kindergarten von Unterelsbach 90-Jähriges, der von Oberelsbach 50-Jähriges und der Hort wird fünf Jahre alt", so Bürgermeister Björn Denner. "Wir hatten deshalb überlegt, was wir tun können, um Danke zu sagen, denn es ist ein Geschenk, dass wir solche Einrichtungen haben."
Da sie zeigen wollten, was das Tolle an so einer "Biosphärenkindheit" sei, kamen sie auf die Idee sich beim Deutschen Kita-Preis zu bewerben. "Es freut uns, dass diese Idee so eingeschlagen hat und wir gesehen werden", so der Bürgermeister.
"Dass wir im Finale sind, gründet auf der guten Zusammenarbeit in allen Bereichen", ist Miriam Roßhirt überzeugt. Lea Fuchs, Leiterin der Kita St. Elisabeth in Unterelsbach, freut sich, dass mittlerweile noch mehr Kooperationen entstanden sind.
"Oft wird nur von Städten gesprochen und es kam einem so vor, als wenn das Dorf vergessen wird", sagt Silke Brauner, Erzieherin in Unterelsbach. "Aber es hat Charme und Lebensqualität auf dem Dorf. Hier kommt man zusammen und das wird vom Kindergarten an gelebt."
Barbara Schöneberger führt durch die Preisverleihung
Mitte November entscheidet eine Fachjury, wer die ersten drei Plätze belegt. Diese sind mit Preisgeldern von 25.000 Euro, 15.000 Euro und 10.000 Euro hoch dotiert. Fünf Bündnisse bekommen einen Anerkennungspreis in Höhe von je 1000 Euro.
In einer von Barbara Schöneberger moderierten Preisverleihung am 28. November werden die Ergebnisse dann verkündet. Das Rhöner Bündnis darf mit fünf Personen zur Gala anreisen. Diese wird auch im Livestream zu sehen sein – in Oberelsbach plant man bereits ein Public Viewing.