Für die evangelischen Kirchengemeinden in Mellrichstadt und den Stadtteilen wird das Jahr von Veränderungen geprägt sein. Die weiterhin selbständigen Kirchengemeinden Mühlfeld, Sondheim im Grabfeld mit Roßrieth, Bahra und Mellrichstadt gehen gemeinsam in die Zukunft und bilden seit 1. September 2023 die Pfarrei Emmaus. Dazu gehören auch die evangelischen Christen der Gemeinden Stockheim, Oberstreu, Mittelstreu, Frickenhausen und Wechterswinkel. Insgesamt betreut Pfarrer Andreas Werner, der seit 1997 in Mellrichstadt wirkt, nun 2077 Gläubige in den Gemeinden.
Ein Grund für den Zusammenschluss: Immer weniger Pfarrstellen in Deutschland können nachbesetzt werden – vor allem im ländlichen Bereich. So auch die Pfarrstelle in Mühlfeld. Pfarrer Gerhard Jahreiß, der 35 Jahre lang für die Gläubigen in Mühlfeld, Sondheim, Roßrieth und Bahra zuständig war, wurde 2018 in den Ruhestand verabschiedet. Seitdem steht das Pfarrhaus leer. Die Pfarrstelle kann auch auf lange Sicht nicht mehr besetzt werden, sagt Pfarrer Werner. "Es sind schlichtweg keine Bewerbungen da."
Pfarrstelle in Mühlfeld war fünf Jahre lang vakant
Vertreten wurde die Pfarrstelle von Pfarrer Michael Hofmann aus Willmars – bis zu dessen Abschied im Sommer 2021 – und Pfarrerin Beate Hofmann-Landgraf aus Irmelshausen. Mellrichstadts Pfarrer Andreas Werner betreute zuletzt die Gläubigen in Ostheim mit, da auch dort die Pfarrstelle nach dem Weggang von Pfarrer Andreas Biesold für zwei Jahre vakant war. Seit dem vergangenen Herbst sind nun Christine und Simon Dürr für die evangelischen Christen in Ostheim, Oberwaldbehrungen, Urspringen und Nordheim da. Für Mühlfeld war allerdings auch nach über fünf Jahren kein Pfarrer in Sicht, sagt Andreas Werner, der auch stellvertretender Dekan und Kirchenrat für Ökumene im Kirchenkreis Ansbach-Würzburg ist.
Entsprechend hat die Landeskirche gehandelt. Das denkmalgeschützte Pfarrhaus, eines der ältesten im Dekanat, wurde entwidmet und steht zum Verkauf. Und die eigenständigen Gemeinden, die vom Mühlfelder Pfarrer betreut wurden, gehören nun mit Mellrichstadt zur neuen Pfarrei Emmaus. Sie wurde nach dem biblischen Ort benannt, zu dem laut Überlieferung am Ostermorgen zwei Jünger unterwegs sind und denen sich – zunächst unerkannt – Christus anschließt, erläutert Pfarrer Werner im Gespräch mit dieser Redaktion. "Der Name steht daher auch für unseren gemeinsamen Aufbruch in eine gemeinsame Zukunft."
Innovatives Konzept für eine Landpfarrei: Mitarbeiter für die Verwaltung gesucht
Und nicht nur das: Pfarrer Andreas Werner sieht in den anstehenden Neuerungen auch eine Chance, die Pfarrei deutlich attraktiver zu gestalten, sodass sie in der Zukunft für Bewerber interessant sein könnte. Konkret: 1,5 Stellenanteile sind für die neue Pfarrei vorgesehen. Neben Pfarrer Werner ist also noch eine halbe Stelle frei. Seine Idee, dass diese nicht theologisch, sondern mit einer Verwaltungsfachkraft besetzt wird, sieht er als richtungsweisend für Landpfarreien an. Dies schaffe Raum für den Pfarrer, sich auf seine seelsorgerischen Aufgaben zu konzentrieren.
"Wir haben zehn Immobilien in der Pfarrei, verschiedene Schutzkonzepte, die erarbeitet werden müssen, und viele weitere verwaltungstechnische Dinge. "Warum sollte diese Aufgaben ein Pfarrer übernehmen und nicht jemand, der dies gelernt hat?", so Werner. Das Konzept sei innovativ und könne Kirchengemeinden im ländlichen Raum attraktiv machen. Das wird auch von höherer Stelle so gesehen: Die Landeskirche habe sich diesbezüglich sehr offen gezeigt, freut sich Werner. Und er ist sicher, dass die Stelle auch für Bewerberinnen oder Bewerber interessant sein wird.
Ein gemeinsamer Kirchenvorstand ist in Planung
Überlegt wird derzeit ebenso, nicht mit vier Kirchenvorständen weiterzuarbeiten, sondern einen gemeinsamen Kirchenvorstand für die Pfarrei Emmaus zu bilden, der alle vier Kirchengemeinden vertritt und in dem Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Auch das sieht Pfarrer Werner als Chance für das Zusammenwachsen der Kirchengemeinden, an dem im Vorfeld des Zusammenschlusses bereits zwei Jahre gearbeitet wurde.
"Wir probieren manches aus, manche Dinge werden neu gedacht, und wir merken an vielen Stellen, dass es geht", zieht Werner eine positive Zwischenbilanz. Das liegt möglicherweise auch daran, dass die Gläubigen bislang nicht viele Unterschiede durch die Neuerung erlebt haben. "Die Kirchengemeinden sind ja weiterhin selbstständig, und es ist immer ein Pfarrer da, der die Gläubigen versorgt."
Sonntags hält Pfarrer Werner zwei Gottesdienste im Pfarreienbereich
Was sich aber ändern wird und soll: "Wir wollen jetzt versuchen, eine gemeinsame Identität zu entwickeln", sagt Pfarrer Werner. Das fängt bei den Gottesdiensten an. Hier wurde ein neuer Plan entwickelt. Seit Februar werden am Sonntag für die Gläubigen zwei Gottesdienste zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten angeboten, die Pfarrer Andreas Werner hält. Entsprechend müssen sich die Gottesdienstbesucher nun informieren, wann und wo der Gottesdienst gefeiert wird. In Mellrichstadt, wo Pfarrer Werner üblicherweise sonntags um 10 Uhr und einmal im Monat um 18 Uhr vor die Gläubigen trat, gelten jetzt ebenfalls andere Zeiten.
Um die zu erfahren, setzt die Pfarrei auf moderne Kommunikationsmittel. Bewusst habe man sich entschieden, den in Mellrichstadt früher üblichen Gemeindebrief "Wegzeichen", der während der Corona-Pandemie eingestellt worden war, nicht wieder aufzulegen, sagt Werner. Die Herstellung sei aufwendig und teuer, zudem müssen Austräger gefunden werden, die den Gemeindebrief in die Häuser bringen.
Kirche setzt auf Information über moderne Kommunikationsmittel
Heute ist die neue Gemeindeapp ein hilfreicher Wegweiser für die Gläubigen in den Gemeinden. Sie ist seit September am Start und informiert nicht nur über Gottesdienste, sondern bietet auch allgemeine Informationen und gibt Impulse für die Gemeindearbeit. Die Inhalte der App werden von Pfarrer Werner erstellt. Er freut sich, dass die App bereits zahlreiche Nutzer hat und immer mehr dazukommen. Wer kein Smartphone hat, kann sich aber auch Handzettel mit den Gottesdienst-Zeiten in den Kirchen mitnehmen oder sich über die Zeitung informieren.
Auch wenn die Veränderungen in den Kirchengemeinden laut Pfarrer Werner ein heikler Prozess ist, der auch mit Opfern verbunden ist, hat er keine Angst um die Zukunft der Kirche. "Mir wäre nur bange, wenn wir uns nicht den Veränderungen stellen würden, die die Gesellschaft durchläuft", macht er deutlich. "Nicht alles wird weniger", sagt er etwa mit Blick auf die Gottesdienste, "sondern es wird einfach alles ein bisschen anders."