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Mellrichstadt
Neue Christusfigur im Stadtpark Mellrichstadt: Warum die hölzerne Skulptur so gut in den alten Friedhof passt
Der einstige Friedhof von Mellrichstadt dient heute als Stadtpark. Dort ziert seit Kurzem ein hölzerner Christus die Stadtmauer. Wo kommt die 40 Jahre alte Figur her?
Neuer Blickfang im alten Friedhof: Die Christusfigur von 1980, die jahrzehntelang auf dem Gelände der Berufsschule stand, ziert jetzt den Stadtpark in Mellrichstadt.
Foto: Simone Stock | Neuer Blickfang im alten Friedhof: Die Christusfigur von 1980, die jahrzehntelang auf dem Gelände der Berufsschule stand, ziert jetzt den Stadtpark in Mellrichstadt.
Simone Stock
 |  aktualisiert: 27.04.2022 02:26 Uhr

Wer nicht genau hinsieht, kann sie leicht übersehen. Und doch ist sie in den vergangenen Tagen schon vielen Mellrichstädtern ins Auge gefallen. Eine drei Meter hohe und ebenso breite Christusfigur ziert neuerdings den Ostteil des ehemaligen Stadtfriedhofs und fügt sich dabei harmonisch in das Areal an der Stadtmauer ein. Die steinerne Front der historischen Wehrmauer wirkt wie ein passender Rahmen für das hölzerne Kunstwerk.

Kurios: Für viele ist die Christusfigur ein neuer Anblick, obwohl die Skulptur bereits seit über 40 Jahren in Mellrichstadt beheimatet ist. 1980 wurde sie von der Abschlussklasse des ehemaligen bayerischen Landessprengels für Bildhauer an der damaligen Berufsschule in Mellrichstadt angefertigt, weiß Dietmar Balling. Wie der Mellrichstädter Künstler, der an der Berufsfachschule für Holzbildhauer in Bischofsheim lehrt, aufzeigt, trägt die Figur unverkennbar die Handschrift des Nürnberger Bildhauers Walter Ibscher (1926-2011), der früher die überbetriebliche Praxisausbildung der angehenden Holzbildhauergesellen an der Berufsschule in Mellrichstadt leitete.

2015 wurde die Christusfigur an der Berufsschule entfernt

Bis die Mellrichstädter Außenstelle der staatlichen Jakob-Preh-Berufsschule Bad Neustadt, beheimatet in der Sondheimer Straße, im Jahr 2015 aufgelöst und zur Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge umgebaut wurde, zierte die Christusfigur den Kubus der Maler-, Tüncher- und Lackiererinnung im Hinterhof. Die Auszubildenden im Maler-Handwerk waren bis dahin noch von Fachlehrer Wolfgang Hippeli in den Räumen in Mellrichstadt unterrichtet worden.

'Die Christusfigur trägt eindeutig die Handschrift von Walter Ibscher': Holzbildhauer Dietmar Balling (rechts) erklärt Bürgermeister Michael Kraus die Besonderheiten der hölzernen Skulptur.
Foto: Simone Stock | "Die Christusfigur trägt eindeutig die Handschrift von Walter Ibscher": Holzbildhauer Dietmar Balling (rechts) erklärt Bürgermeister Michael Kraus die Besonderheiten der hölzernen Skulptur.

Als im Zuge der Flüchtlingskrise viele Muslime in die Unterkunft einzogen, wurde das christliche Symbol von der Gebäudewand entfernt, um kein Konfliktpotenzial zu schaffen, erinnert sich Dietmar Balling. Wie er sagt, hatte Kreisbaumeister Herbert Bötsch dem damaligen Bürgermeister Eberhard Streit angeboten, die Christusfigur der Stadt zu überlassen, um in Mellrichstadt einen geeigneten neuen Standort zu finden.

Das war auch ganz im Sinne von Dietmar Balling und Wolfgang Hippeli, die beide stets ein Auge auf die Holzfigur hatten, die für die alte Berufsschulgeschichte und das Holzbildhauerhandwerk in Mellrichstadt steht. "Wer sich auskennt, sieht sofort, dass diese Skulptur die Handschrift von Walter Ibscher trägt",  sagt der Künstler. Eine Besonderheit für einen besonderen Platz in Mellrichstadt.

Warum der neue Standort perfekt gewählt ist

Der neue Standort hätte passender nicht ausgewählt werden können. Im alten Friedhof, der heute als Stadtpark dient, fügt sich neben Blumen und Sträuchern nicht nur das Leichenhaus von 1877 ins historisch anmutende Stadtbild ein, es finden sich auch einige schöne Grabsteine an der Stadtmauer. Dazu passt die Christusfigur aus Eichenholz geradezu perfekt, findet auch Bürgermeister Michael Kraus. "Ein feiner Übergang vom Sakralen zum Künstlerischen", merkte der Stadtchef bei der Vorstellung des neuen Blickfangs im Stadtpark an.

Die Christusfigur an der Stadtmauer wirkt nahezu freischwebend. Künstler Dietmar Balling (rechts) zeigt Bürgermeister Michael Kraus die Befestigung mit einer Stahlrohr-Konstruktion.
Foto: Simone Stock | Die Christusfigur an der Stadtmauer wirkt nahezu freischwebend. Künstler Dietmar Balling (rechts) zeigt Bürgermeister Michael Kraus die Befestigung mit einer Stahlrohr-Konstruktion.

Die Restaurierung der Skulptur hatte der städtische Bauhof unter der Federführung von Manfred Reder übernommen. Nach über vier Jahrzehnten, in denen die Figur Wind und Wetter ausgesetzt war, gab es einiges zu tun. Unter anderem waren die Arme mit einer Spannweite von knapp drei Metern locker und mussten mittels einer Stahlkonstruktion, die natürlich möglichst unauffällig bleiben sollte, befestigt werden.

Bauhof-Mitarbeiter Udo Endres übernahm den Bleibeschlag für den Wetterschutz. An Kopf und Armen, wo Schnee liegenbleiben und Wasser ins Holz eindringen kann, hat der Fachmann das Holz mit Bleiblech beschlagen und überkantet, lobt Dietmar Balling die Arbeit von Endres ganz im Sinne alter Holzbildhauertradition.

Stahlrohre geben der Skulptur Stabilität

Bevor die Figur im Stadtpark aufgestellt werden konnte, folgte die Montage auf ein Stahlrohrgerüst. Wie Balling aufzeigt, wurden 1980 die Arme und der Korpus aus drei ausgewählten Holzteilen einzeln gefertigt und mittels einer Holzverbindung zusammengefügt. Die Stahlrohrhalterung sorgt nun in den kommenden Jahrzehnten für Stabilität. Gestiftet wurden die Metallrohre vom Überlandwerk Rhön.

Brigitte Proß, Geschäftsführerin des Stadtmarketingvereins Aktives Mellrichstadt, wurde in den vergangenen Tagen häufig auf die neue Skulptur im alten Friedhof angesprochen. Auch sie freut sich über das schöne Werk am neuen Standort. Wie sie ankündigt, wird noch ein passendes Schild erstellt, das über die Geschichte der Christusfigur informiert.

Wie der alte Friedhof  zum Stadtpark wurde

Der alte Friedhof am nördlichen Ausgang der historischen Innenstadt war um 1794 angelegt worden, wie eine Geschichtstafel an der Stadtmauer in Mellrichstadt informiert. Katholische und evangelische Christen wurden am damaligen Stadtrand beerdigt. 1874 folgte die Erweiterung des Friedhofs.
Wie es auf der Infotafel heißt, wurde der Friedhof 1937 mit der Verlängerung der Bauerngasse durch die Stadtmauer durchbrochen und zweigeteilt. Bis 1978 wurde das Areal als Stadtfriedhof genutzt. Ende 1999 wurde der Friedhof aufgelassen, und die noch darin vorhandenen sterblichen Überreste wurden entfernt.
In den Folgejahren wurde der alte Friedhof zu einem Park neben der Stadtmauer umgestaltet. Heute wird das Areal als Erholungsort und für Stadtmarketingaktionen, etwa als Zauberwald, genutzt.
ski
 
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