Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, sagte einmal der große Schweizer Schriftsteller Hermann Hesse. Aber ein Zauber liegt auch in jedem Ende. Das befanden zumindest die Verantwortlichen und Gäste der Feier, mit der am vergangenen Dienstag die Außenstelle der Jakob-Preh-Berufsschule Bad Neustadt in Mellrichstadt offiziell geschlossen wurde.
Alle Redner, vorneweg der Schulleiter, Oberstudiendirektor Kurt Haßfurter, aber auch Landrat Thomas Habermann und Mellrichstadts Bürgermeister Eberhard Streit stellten diesen Gedanken in den Mittelpunkt ihrer Ansprachen. Es ist der nostalgische Zauber der Erinnerung an Vergangenes, aber auch der Zauber des Neuen und seiner Chancen, die zwangsläufig auf das Gewesene folgen.
In den Ansprachen klang aber auch immer wieder Dank an für die in der Mellrichstädter Außenstelle geleistete Bildungs- und Ausbildungsarbeit mit, und der wurde neben allen, die hier gewirkt haben, besonders Wolfgang Hippeli zuteil: Der Lehrer für Farbtechnik, der nun schon seit 37 Jahren an dieser Schule unterrichtet, muss mit Ende dieses Schuljahrs die letzten Lehrstätten räumen.
Zur letzten Feier in den altehrwürdigen Räumen, die früher einmal Scharen von Berufsschülern beherbergt haben, kamen auch Gäste aus dem Bereich des Handwerks und natürlich frühere Lehrer an der Schule, unter ihnen auch die früheren Schulleiter in Mellrichstadt Karl-Heinrich Wand, Peter Klier und Werner Walch.
Der Bad Neustädter Berufsschulleiter gab den Besuchern einen knappen Überblick über die Geschichte der Mellrichstädter Berufsschule. Die ersten Anfänge, führte er aus, reichen in das Jahr 1936 zurück. In diesem Jahr wurde der Unterricht an der „Städtischen Berufsschule“ aufgenommen, wenn auch nicht in dem Gebäude an der Sondheimer Straße, denn dieses war erst 1953 bezugsfertig. 1948 wurde die Mellrichstädter Berufsschule zur Kreisberufsschule erhoben und 1972 der Berufsschule in Bad Neustadt als Außenstelle angegliedert.
Anfangs gab es noch neun verschiedene Ausbildungsrichtungen, die Probleme wie Lehrermangel und Raumnot mit sich brachten. Die wurden zum Teil dadurch gelöst, dass von der Mellrichstädter Außenstelle weitere Außenstellen in verschiedenen Orten im Landkreis ausgesiedelt wurden, so Haßfurter.
Nach der Hochzeit wurden die sinkenden Schülerzahlen zum Problem – bis zum heutigen Tag. Denn mit den weniger gewordenen Schülern lohnte sich der Unterricht in Mellrichstadt nicht mehr, und so wurden die Klassen nach Bad Neustadt umgesiedelt. Nur die Malerausbildung blieb in Mellrichstadt, bis in diesen April hinein, mit Wolfgang Hippeli als Ausbilder – „dem letzten seines Standes“.Die Ausbildung der Maler und Lackierer in Mellrichstadt sei auch deswegen so effektiv gewesen, weil dieser Ausbildungszweig mit der Innung für das Malerhandwerk immer einen kompetenten und kooperativen Partner hatte. Diese Zusammenarbeit war so erfolgreich, dass der Mellrichstädter Berufsschule im Jahr 2010 vom Bundesverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz das bundesweit einmalige Prädikat „Beste Lernortkooperation“ verliehen wurde. Von Seiten der Schule war es vor allem Wolfgang Hippeli, der diese Zusammenarbeit realisierte. Er erinnerte auch daran, dass die Schule sehr oft weitere Preise, auch Staatspreise, für die anderen Ausbildungsrichtungen erhalten hatte.
Nachdenkliche Worte fand Landrat Thomas Habermann. Auch den Abschied von der Mellrichstädter Berufsschule solle man feiern, sagte er, weil damit die Erinnerung an viele große Leistungen verbunden ist. Die Schließung aber sei angesichts der gesunkenen Schülerzahlen unter dem Aspekt der Kosteneffizienz unumgänglich geworden. Aber der Blick dürfe mit Zuversicht in die Zukunft gerichtet werden. Denn mit der Einrichtung einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber werde das Haus einer neuen Bestimmung zugeführt, „und das ist keine Verlegenheitslösung“, machte der Kreischef deutlich. Damit komme der Landkreis der moralischen Verpflichtung nach, Menschen in Not aufzunehmen und ein wenig zu einer gerechteren Welt beizutragen. Darin sollten die Bürger eine Chance sehen.
Bürgermeister Eberhard Streit fügte an, dass die ehemalige Berufsschule in Mellrichstadt der beste Ort sei, um eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende einzurichten. Damit sei auch der Erhalt des Gebäudes zumindest mittelfristig gesichert.
Schulleiter Kurt Haßfurter hatte Wolfgang Hippeli dazu überredet, von seinen Erlebnissen als Lehrer in Mellrichstadt zu erzählen. „Ich bin ein Handwerker und kein Mundwerker“, sagte Hippeli zwar, trat dann aber doch ganz salopp vor die Besucher und erzählte Anekdoten, die von Gelächter und Beifall begleitet wurden. Etwa, wenn er berichtete, dass er beim Hochwasser im Juni 2013 mit zwei linken Gummistiefeln an den Füßen gegen die braunen Fluten im Schulhaus ankämpfte. Schüler und Lehrer seien hier eine echte Schulfamilie gewesen, sagte Hippeli, was angesichts ganz unterschiedlicher Schüler mit unterschiedlichen Hintergründen nicht selbstverständlich war.
Einen Film über die Berufsschule in Mellrichstadt gab es auch, und den führte Haßfurter dann den Besuchern vor, bevor er mithilfe von sieben Kollegen die Vergangenheit der Schule auf ganz andere Weise noch einmal lebendig werden ließ: Diese trugen längere Originalzitate aus Schuldokumenten vor, alle aus der Vergangenheit, und hätten doch, so Haßfurter, geradeso von gestern oder heute sein können. Mit einem besonderen Einfall schloss der Bad Neustädter Berufsschulleiter die Feierstunde: Er überreichte Kreisbaumeister Herbert Bötsch die Baupläne der Mellrichstädter Schule, und für Landrat Habermann hatte er den Bund mit Sicherheitsschlüsseln, die seit der Umrüstung auf neue Schlösser überflüssig geworden waren, in petto. Hippeli aber bekam den alten Schultresor als Geschenk und zur Erinnerung, dem er selbst mit seinen Schülern einen neuen Anstrich gegeben hatte.
Das Gitarrenensemble derBerufsfachschule für Musik Bad Königshofen (Leitung Johannes Tappert) umrahmte die Abschiedszeremonie musikalisch. Im Anschluss gab es einen Stehempfang im Erdgeschoss, wo auf einem langen Flur – in einer Art Zeitachse – mit Dokumenten und Exponaten die Geschichte der Mellrichstädter Berufsschule dokumentiert wurde. Daran hatten vor allem die ehemaligen Lehrer ihre helle Freude.