Wer heute die Energieversorgung für ein neues Haus plant oder eine neue Heizung braucht, steht vor einer schwierigen Entscheidung. Öl und Gas sind dabei keine Option mehr, Holzöfen und Pelletheizungen sind wegen Feinstaubausstoß in Verruf geraten. Eine Orientierung an Überlegungen, welche gesetzlichen Verordnungen in der Zukunft aufgelegt werden, gleicht derzeit einem Lotteriespiel. Wohin also geht die Reise für Häuslebauer? In Ostheim hat die Stadt nun die Entscheidung getroffen und gibt Bauwilligen die Richtung vor.
Die Ausweisung des Neubaugebiets Burgstraße in Ostheim beschäftigt den Stadtrat seit knapp zwei Jahren. Für die geplanten 25 Bauplätze gibt es über 40 Bewerber. Über die Erschließung haben sich die Bürgervertreter intensiv Gedanken gemacht und nun in puncto Energieversorgung einen richtungsweisenden Beschluss gefasst, der Stadt und Bauwilligen gleichermaßen zugutekommen soll. Der verpflichtende Anschluss an das Nahwärmenetz ist seit Dienstag beschlossene Sache.
Die Nachfrage ist in den vergangenen Monaten sprunghaft angestiegen
Seit 2012 gibt es das Nahwärmenetz in Ostheim, gespeist mit Fernwärme aus der örtlichen Biogasanlage. Größter Anteilseigner ist die Stadt Ostheim selbst. Bürgermeister Steffen Malzer ist bekennender Fan des Nahwärmenetzes und verfolgt dessen Verdichtung und Weiterentwicklung mit dem Ziel, Ostheim klimaneutral und unabhängig von fossilen Brennstoffen aufzustellen.
Während in den vergangenen zehn Jahren vorwiegend öffentliche Gebäude ans Netz angeschlossen wurden, ist die Nachfrage nach Anschlüssen bei Privathaushalten insbesondere seit dem Krieg in der Ukraine sprunghaft angestiegen. Michael Gottwald, Geschäftsführer der Biomasse Wärmeversorgung Ostheim GmbH, die das Nahwärmenetz betreibt, spricht von rund 70 Anfragen in den vergangenen sechs Monaten. Der Anschluss von 27 Haushalten ist dabei schon fix, für weitere 19 Anschlüsse liegen den Interessenten Angebote vor, informierte er bei der Stadtratssitzung.
Kosten für die Wärmeversorgung können bei der Hausfinanzierung fest eingeplant werden
Keine Frage, je mehr Anschlussnehmer am Nahwärmenetz hängen, desto rentabler ist die Anlage. Eine Erweiterung auf das Neubaugebiet Burgstraße ist daher das erklärte Ziel von Michael Gottwald, der dem Gremium in einer Präsentation aufzeigte, wie auch die künftigen Anschlussnehmer vom Nahwärmenetz profitieren sollen. Unter anderem in Form von Preisen, die für Häuslebauer attraktiv seien und die sie bei der Finanzierung schon fest einplanen können. Gottwald nannte eine einmalige Investition von rund 10.600 Euro für den Anschluss und jährliche Wärmekosten von rund 1100 Euro.
Die Erweiterung des Nahwärmenetzes auf das Neubaugebiet lässt sich einfach bewerkstelligen, so Bürgermeister Steffen Malzer. Das Prisma Hotel Rhönblick im Kleinen Burgweg ist bereits angeschlossen, von dort können die Leitungen in das angrenzende Neubaugebiet verlängert werden. An Investitionskosten rechnet Michael Gottwald mit rund 518.000 Euro, an Einnahmen, die eine Bafa-Förderung und die Anschlusskosten der Bauherren beinhalten, listete er 375.500 Euro auf. Dennoch machte Gottwald in der Stadtratssitzung unmissverständlich deutlich: "Nur wenn alle Häuslebauer im neuen Baugebiet ans Netz angeschlossen werden, rentiert sich die Investition. Nur dann lassen sich die kalkulierten Preise für die Anschlussnehmer halten."
Wie lange sind Bauwillige an den Vertrag mit der Biomasse Wärmeversorgung gebunden?
Im Gremium entwickelte sich in der Folge eine Diskussion, ob die Stadt den Bauwilligen in puncto Energieversorgung einen Anschlusszwang auferlegen solle oder die Entscheidung nicht doch jedem Einzelnen überlassen wolle. "Wenn diese Form der Energieversorgung das Nonplusultra ist, wird jeder Bauwillige selbst die Entscheidung dafür treffen", führte etwa Bettina Graumann ins Feld. Karina Dietz fragte nach der Dauer einer Anschlusspflicht, die Gottwald auf 15 Jahre bezifferte. Julian Lörzel nannte als Vorteil eine feste Kalkulationsbasis für die Energieversorgung, die bei der Hausplanung eingerechnet werden könne. Bürgermeister Steffen Malzer sprach von einem "Rundum-Sorglos-Paket", das die Stadt bei der Vergabe der Bauplätze mitliefere.
Wichtig war den Stadtratsmitgliedern in jedem Fall die Versicherung, dass Bauwillige trotz Nahwärmeanschluss die Möglichkeit haben werden, als sekundäre Energieformen Photovoltaik- oder Solaranlagen sowie Stromspeicher zu errichten. Auch Kaminöfen sollen möglich sein.
Stadt und Netzbetreiber teilen sich die Kosten auf
Mit 11:3 Stimmen fiel die Entscheidung am Ende für eine Anschlusspflicht der Grundstückskäufer an das Nahwärmenetz der Stadt Ostheim aus. Die Stadt wird beim Bau der Leitungen die Kosten für den Tiefbau übernehmen, das Wärmenetz selbst wird im Neubaugebiet von der Biomasse Wärmeversorgung Ostheim finanziert.