
Noch läutet sie, die Glocke an der Eingangstür der Bad Neustädter Marien-Apotheke. Immer dann, wenn ein Kunde das Geschäft betritt, um beispielsweise Herzmedikamente abzuholen, Halstabletten oder Heftpflaster zu kaufen. Doch bald wird die Türglocke niemanden mehr ankündigen, vorerst jedenfalls. "Ja, wir schließen. Zumindest übergangsweise, bis sich jemand findet, der die Apotheke übernehmen möchte", bestätigt Inhaberin Elke Schenker auf Nachfrage dieser Redaktion Gerüchte, die seit einigen Tagen in Bad Neustadt und Umgebung kursieren.
Wann genau Schluss sein wird, steht noch nicht fest: "Den Notdienst an diesem Samstag, 4. Januar, werden wir noch ableisten und danach zeitnah schließen. Wir werden unsere Stammkunden per Brief informieren und einen Zettel an die Apotheke hängen." Nach der Schließung sollen die Kunden des Bad Neustädter Geschäfts über die Elstal-Apotheke in Oberelsbach, die Schenker ebenfalls führt, und den Medikamenten-Fahrdienst weiter versorgt werden. "Wir lassen niemanden allein", so die 54-Jährige.
Schenker hatte die seit 1899 bestehende Marien-Apotheke 2020 zusammen mit der Elstal-Apotheke von Wolfgang Schleier übernommen. "Sie nun zu schließen, ist sehr schwer für mich, ich werde die Gespräche mit meinen Kunden hier vermissen. Aber es geht nicht anders", sagt Schenker. Eine Ursache dafür sei der Fachkräftemangel. "Mein angestellter Apotheker ist 72 Jahre alt, der möchte aufhören. Einen Ersatz habe ich nicht gefunden". Sie selbst verfüge aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr über genug Energie, um zwei Apotheken zugleich gerecht werden zu können.
Apothekerin nennt die Parksituation in der Roßmarktstraße in Bad Neustadt als Ärgernis
Die politischen Rahmenbedingungen für Apothekerinnen und Apotheker seien nicht gut. Als weiteren Schließungsgrund nennt sie Umsatzverluste durch die Sperrung der Falaiser Brücke im Jahr 2023. "Da konnten wir zusehen, wie der Umsatz schlagartig um 30 bis 40 Prozent nach unten ging". Das Geschäft laufe bis heute nicht so gut wie vor der Sperrung. Schenker kritisiert die Kommunikation der Stadtverantwortlichen mit Geschäftsinhabern wie ihr als unzureichend.

Als weiteres Ärgernis nennt die Apothekerin die Parksituation in der Roßmarktstraße. Mitunter würden Strafzettel an Kunden verteilt, wenn diese nur kurz etwas in der Marien-Apotheke erledigen. Wer einmal vor ihrem Geschäft einen Strafzettel erhalten habe, komme nicht wieder, glaubt Elke Schenker. "Auch wenn unser Medikamenten-Ausfahrer nur kurz anhält, um die zweite Ladung zu holen, hat er oft schon ein Knöllchen an der Windschutzscheibe", sagt sie. Zur Zeit ihres Vorgängers als Apotheken-Inhaber sei dies kulanter gehandhabt worden, so Schenker. Dass sie nun schließe, sei auch eine Entscheidung "gegen die Stadt".
Elke Schenker hat die Hoffnung für die Bad Neustädter Marien-Apotheke noch nicht aufgegeben
Endgültig abmelden will die Apothekerin die Marien-Apotheke aber noch nicht. Denn die Hoffnung, dass sie doch noch eine Person findet, die die Apotheke weiterführen möchte, habe sie nicht aufgegeben. "Ich bin Optimistin. Die Marien-Apotheke verursacht als kleine Apotheke nicht so hohe Kosten wie größere Geschäfte", sagt Schenker. Sie sei gut ausgestattet und von ihr in den letzten Jahren renoviert worden.
Die Elstal-Apotheke in Oberelsbach wird Schenker weiterführen. Auch, weil diese ein Seniorenheim versorgt. Und, weil es in Bad Neustadt noch weitere Apotheken gibt. "Wenn ich in Oberelsbach die Apotheke schließe, macht dort keiner mehr eine auf", so Schenker. Kündigungen habe sie keine ausgesprochen und den drei Mitarbeitenden der Marien-Apotheke angeboten, in die Oberelsbacher Apotheke zu wechseln.