zurück
Bad Königshofen
Ärger über Neuordnung der Apotheken-Notdienste: Warum Grabfelder an manchen Tagen fast 40 Kilometer fahren müssen
In Bayern werden die Notdienste ab 2025 mit Computerhilfe eingeteilt. Bad Königshofen geht an 27 Tagen im Jahr leer aus. Die Wohnortnähe bleibt auf der Strecke. 
Dr. Gundula Weigand, Inhaberin der Stadtapotheke in Bad Königshofen, ärgert sich über die Neuordnung der Apotheken-Notdienste in Bayern.
Foto: Gerhard Fischer | Dr. Gundula Weigand, Inhaberin der Stadtapotheke in Bad Königshofen, ärgert sich über die Neuordnung der Apotheken-Notdienste in Bayern.
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 29.12.2024 02:31 Uhr

Christian Machon, Pressesprecher der Apotheker im Landkreis Rhön-Grabfeld und Beisitzer im Vorstand der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK), hat Anfang der Woche in einer Pressmitteilung die Neuordnung der Apotheken-Dienste in Bayern verkündet. Dort ist von einem "digitalen Verplan-System die Rede", von "gerechter Verteilung" der Dienste und davon, dass "jederzeit Zugang zu einer Notdienst-Apotheke" für die Patientinnen und Patienten bestehe.  

Was schön klingt, sorgt im Grabfeld für einigen Unmut. Derzeit noch bei den Apothekern selbst. Aber ab Januar 2025 womöglich auch bei Kranken, die eine Notdienst-Apotheke brauchen. Denn es kann passieren, dass ein Bad Königshöfer nach Ostheim oder Bad Kissingen fahren muss, um seine Tabletten oder seine heilenden Tropfen zu holen.   

Großes Unverständnis bei Apotheken vor Ort

Bei Gundula Weigand, Inhaberin der Bad Königshöfer Stadtapotheke in der Hindenburgstraße, stößt die Neuordnung "auf großes Unverständnis". Alleine im Januar-Notdienst-Plan findet sie drei Tage, an denen keine der drei Apotheken in Bad Königshofen, aber auch keine in Bad Neustadt Notdienst hat. Die Folge: Grabfelder müssen zum Beispiel am 11. Januar 2025 nach Bad Kissingen fahren. Das sind 36 Kilometer Entfernung. Am 14. Januar läge die nächste Notdienst-Apotheke mit gut 32 Kilometern einfacher Entfernung in Ostheim. Oberelsbach am 20. Januar ist mit gut 36 Kilometern ebenfalls eine ordentliche Strecke entfernt.   

Wer zum Beispiel in Sulzdorf oder Trappstadt wohnt und sich mit Handys auskennt, mag vielleicht eine kürzere Alternative in den Haßbergen oder in Thüringen finden. Andere werden, wie früher, den Apotheken-Notdienst am Schaufenster ihrer Bad Königshöfer Stamm-Apotheke ablesen wollen – um dann verärgert festzustellen, dass die Fahrt jetzt bis nach Oberelsbach geht.    

Gundula Weigand ist entsprechend verärgert über dieses Einteilung. Diese neue Regelung erzeuge "genau das falsche Bild in der Politik und in der Bevölkerung, dass auf die derzeitige Zahl der (Land-)Apotheken auch gut verzichtet werden kann", schreibt sie in einem offenen Brief an die BLAK in München.

Offener Brief von Stadt- und Mohren-Apotheke

"Wir freuen uns jetzt schon auf Beschwerden unserer Kunden, wenn diese nachts über 35 Kilometer (plus Rückfahrt) mit einem kranken Kind im Auto bis zur nächsten Apotheke fahren dürfen", schreibt Weigand in ihrem offenen Brief, den sie auch im Namen ihres Bruders Michael Weigand unterzeichnet hat, der die Mohren-Apotheke in der Martin-Reinhard-Straße führt.

Mit der Ankündigung von Machon, "92 Prozent der Menschen in Bayern finden weiterhin eine Notdienst-Apotheke innerhalb von 20 Kilometern", können die beiden Apotheken-Betreiber nicht viel anfangen, weil das Grabfeld offensichtlich zu den anderen acht Prozent gehört.

Der Witz: Die Apotheken in Bad Königshofen seien nicht gefragt worden, ob sie zusätzliche Bereitschaftsdienste absolvieren würden, um die Lücken zu füllen, die die digitale Verplanungs-Software offenbar geschaffen hat. "Wir hätten keine Probleme damit, etwas häufiger eingeteilt zu werden, um eine patientenfreundlichere Versorgung für Bad Königshofen zu gewährleisten", schreibt die Chefin der Stadt-Apotheke.   

Verschlechterung der Versorgung

Für das Grabfeld bedeutet diese Neuerung eine Verschlechterung der Versorgung. Als es noch eine Apotheke in Saal gab, bildeten die Grabfelder Apotheken einen eigenen Notdienst-Kreis. Mit der Schließung der Apotheke in Saal wurde ein gemeinsamer Kreis aus Bad Neustädter und Bad Königshöfer Apotheken gebildet. Innerhalb von elf Tagen waren also acht Bad Neustädter und drei Bad Königshöfer Häuser mit Notdiensten dran. Mit gut 20 Kilometern war die bisherige Entfernung zwischen beiden Städten vertretbar, wie Weigand findet.    

Die Nachricht, dass das Grabfeld in der Notdienst-Versorgung der Apotheken zum Jahreswechsel geschwächt wird, rief am Mittwoch auch die Mitglieder der Grabfeld-Allianz bei der Lenkungsgruppensitzung in Wülfershausen auf den Plan. Das Gremium sprach sich einstimmig gegen die Praxis aus, das Grabfeld durch die Neustrukturierung derart zu vernachlässigen. "Das spielt nur den Versand-Apotheken in die Hände", so beispielsweise die Sorge des Allianz-Vorsitzenden Jürgen Heusinger.  

Machon: Neues System hat viele positive Seiten

Christian Machon hat als Vorstand der BLAK in der Arbeitsgruppe mitgewirkt, die das neue Notdienst-Verteil-System für Bayern ausgearbeitet hat. Er verteidigt den neuen Apothekendienst-Plan. "Das ist eine große Erleichterung", so Machon im September gegenüber "Apotheke ad hoc". Er selbst hat für seine Bad Neustädter easy-Apotheke nur noch 22 statt 46 Notdiensten zu leisten. Viele Kolleginnen und Kollegen in ganz Bayern würden von der Reform profitieren. Schließlich seien die mitunter vielen Dienste eine Belastung für die Apotheker. Das neue System soll etwa ein Drittel der Dienste in Bayern ersparen.  

In der Vergangenheit hingen Verkaufschancen für eine Apotheke oft auch von der
Zahl der zu leistenden Dienste in einem Notdienst-Kreis zusammen. Die Auflösung dieser Kreise und die Verteilung durch das Computer-System helfe letztendlich, Apotheken-Standorte zu erhalten.

Machon respektiere den Einsatzwillen der Grabfelder Apotheker auf der einen Seite. "Aber wir können nicht bei 2800 bayerischen Apotheken nachfragen, ob Änderungen gewünscht sind", so Machon. Die von Gundula Weigand angesprochenen Lücken im Januar bestätigt Machon. Nach seiner Zählung sind es im Jahr 2025 insgesamt 27 Tage von 365, an denen im Grabfeld kein wohnortnaher Apothekennotdienst Bereitschaft habe.

Anpassungsmöglichkeiten sind da

"Wenn das so ist, dann ist das so", nimmt Machon die Situation im Grabfeld zur Kenntnis. Insgesamt würden die Vorteile der Notdienst-Neuordnung schlicht überwiegen. Gleichwohl deutet Machon gegenüber dieser Redaktion an, dass die Software und der Algorithmus noch Anpassungen erfahren könnten.       

Was das Grabfeld betrifft, so könnten auch Apotheken in den Haßbergen oder in Thüringen einspringen. Dann müssten aber die Apotheker die dortigen Notdienste in ihre Aushänge mit aufnehmen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Königshofen
Gerhard Fischer
Christian Machon
Gräberfelder
Jürgen Heusinger
Michael Weigand
Stadt Bad Königshofen
Versandapotheken
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Michael Zink
    Zitat: "Dann müssten aber die Apotheker die dortigen Notdienste in ihre Aushänge mit aufnehmen."

    Warum macht das das verplante äh Verplan-System nicht?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Frank Stößel
    Wieder einmal erleben wir ein Kuddelmuddel, wenn man sich in Planung alleine auf Algorithmen verlässt. Das Beispiel Apotheken-Notdienst im Grabfeld zeigt uns, dass bei aller Digitalität noch immer gesunder Menschenverstand und geschulter Sachverstand gefragt sind. Noch einmal miteinander reden, b e v o r so ein Plan aktiviert wird, nach Fehlern und Schwächen schauen, scheint unerlässlich zu sein. Lächerliche Ausreden der Macher helfen jetzt wenig. Die notwendige Reparatur mit Menschenverstand ist gefragt. Was die viel beschworene KI wohl zu diesem Kuddelmuddel sagen würde? "D e n k e n" musst Du schon selbst, Menschlein, Du Krone der Schöpfung.". Und zuweilen wohl auch umdenken und umlenken.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus - Peter Eschenbach
    Easy Apotheke ist ja auch online unterwegs. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Man kann Herrn Machon nur wünschen das nicht aufgrund der Neueinstellung Menschen auf Ihr Medikament verzichten müssen, weil sie kein Auto haben oder gesundheitlich nicht in der Lage sind lange Strecken zu fahren. Wieder ein Beweis das Service immer mehr abgebaut wird und gleichzeitig das Schreien lauter wird das Deutschland abgehängt wird. An der Ampel liegt das nicht, aber das weiß Herr Machon ja. Komisch nur das selbst seine Kollegen in Bad Königshofen, auch in anderen Regionen, nichts davon halten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten