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Bad Neustadt
Lust auf Wald und Mut zu Waldbesitz: Warum drei Rhönerinnen bewusst ihr Walderbe antreten
Wald ist Knochenarbeit. Dennoch entscheiden sich auch immer mehr Frauen, ihren Waldbesitz aktiv zu verwalten. Drei verraten, weshalb Wald für sie Herzensangelegenheit ist.
Sagen ganz klar Ja zum Waldbesitz: Marina Bindrim, Antonia Schmück und Kreszentia Langen haben kürzlich zusammen mit insgesamt 30 Frauen den Kurs 'Waldwissen2go – women only' des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt besucht.
Foto: Ines Renninger | Sagen ganz klar Ja zum Waldbesitz: Marina Bindrim, Antonia Schmück und Kreszentia Langen haben kürzlich zusammen mit insgesamt 30 Frauen den Kurs "Waldwissen2go – women only" des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft ...
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 03.07.2024 02:45 Uhr

Über 30 Waldbesitzerinnen aus den Rhön-Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen besuchten jüngst den Kurs "Waldwissen2go – women only" des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt. Der Workshop richtete sich ausschließlich an Frauen. Drei der Teilnehmerinnen verrieten, was ihnen Wald bedeutet und welche Ziele sie mit ihren Wäldern verwirklichen möchten.

1. Marina Bindrim (64) aus Höchheim-Gollmuthhausen: Früher pflegte sie als Krankenschwester ihre Patienten, inzwischen hegt sie als Waldfegerin Bäume

Waldfegerin Marina Bindrim ist nahezu jeden Morgen mit einem Trupp Frauen in den Wäldern rund um Gollmuthhausen unterwegs.
Foto: Ines Renninger | Waldfegerin Marina Bindrim ist nahezu jeden Morgen mit einem Trupp Frauen in den Wäldern rund um Gollmuthhausen unterwegs.

"Vor zweieinhalb Jahren habe ich in Gollmuthhausen die Waldkörperschaft 2 mit knapp 110 Hektar als Vorsitzende übernommen. Die Körperschaft hat 64 Mitglieder. Als Frau bin ich da inzwischen voll etabliert. Als ich damals übernommen habe, wusste ich allerdings nicht wirklich, was auf mich zukommt. Dabei bin ich mit Wald groß geworden! Ganz früher als Kind habe ich mit meiner Mutter Reisig gemacht, später habe ich beim Sägen und Aufsetzen geholfen. Natürlich schüren wir auch mit Holz.

Trotzdem, das Ausmaß der Arbeit im Wald hatte ich unterschätzt: Es muss abgeholzt, Zaun gebaut, neu aufgeforstet, gepflanzt und ausgegrast werden. Abgesehen vom Verkauf, der Bürokratie, den Fördergeschichten. Und immer gilt es, Helfer zu finden, eine horrende Organisation!

Nahezu jeden Morgen bin ich mit einem Trupp Frauen im Wald unterwegs. Zweieinhalb Stunden, länger schafft es das Kreuz nicht. Waldfeger heißt unsere Whatsapp-Gruppe. Sieben Waldfegerinnen sind wir insgesamt. Wald ist Knochenarbeit. Dafür sieht man, was man tut. Und man wächst mit seinen Aufgaben. Viel Wissen habe ich mir selbst angeeignet, ich versuche auch so viele Veranstaltungen wie möglich zu besuchen. Außerdem habe ich mir ein Netzwerk aus Försterinnen und Förstern aufgebaut.

Früher habe ich mich als Krankenschwester um meine Patienten gekümmert. Jetzt pflege ich unsere Bäume. Der Wald ist unsere Lunge. Der Klimawandel beschäftigt mich. Zwei Jahre habe ich mit dem Borkenkäfer gekämpft. Wir hatten einen sehr großen Befall, das Ende der Fahnenstange ist da leider auch noch nicht in Sicht. Jetzt haben wir Probleme mit der Eiche und ich habe Angst, dass wir die auch verlieren könnten. Die Grundfrage, die ich mir stelle und auf die ich Antworten in diesem Kurs zu finden hoffe: Was hält dem Klimawandel stand?"

2. Kreszentia Langen (64) aus Arnshausen: Wald ist für die Rentnerin und Yogalehrerin gelebte Dorfgemeinschaft und ein Erbe, das gepflegt werden will.

Für Waldbesitzerin Kreszentia Langen aus Arnshausen (Lkr. Bad Kissingen) hat Waldbesitz und dessen Pflege etwas mit naturnahem und nachhaltigem Leben zu tun.
Foto: Ines Renninger | Für Waldbesitzerin Kreszentia Langen aus Arnshausen (Lkr. Bad Kissingen) hat Waldbesitz und dessen Pflege etwas mit naturnahem und nachhaltigem Leben zu tun.

"Vor fünfzehn Jahren habe ich zwei Hektar Wald bei Arnshausen (Lkr. Bad Kissingen) geerbt. Seither bin ich Mitglied in der Jagdgenossenschaft, inzwischen Schriftführerin. Darüber hinaus habe ich mich nie groß um den Wald gekümmert. Dann las ich in der Zeitung von dieser Veranstaltung und bekam Lust, mir etwas Grundwissen anzueignen. Nicht, dass ich irgendwie Änderungsbedarf hätte, ich will mich einfach informieren. Es ist toll, wie viele junge Frauen auch hier sind.

Wald ist für mich gelebte Dorfgemeinschaft. Wald ist aber auch Erbe, das gepflegt werden will. Eines Tages möchte ich den Wald an meinen Sohn weitergeben. Wald erdet. Dieses Bodenständige will ich weitergeben. Früher habe ich in der Verwaltung gearbeitet, inzwischen bin ich Rentnerin und Yogalehrerin. 

Meine Familie hat neben dem Wald auch Streuobstwiesen und Hühner. Wir leben naturnah. Das ist mir wichtig. Früher, als man selbst alles gepflegt hat und jeder Bescheid wusste, lief das Leben runder. Heute gibt jeder die Arbeit ab, andere sollen's tun und durch das Kleinteilige, weiß man oft gar nicht, welche Schäden man selbst verursacht. Hätten die Leute mehr Hintergrundwissen, bräuchte man vielleicht das ein oder andere Gesetz gar nicht. Mehr Eigenverantwortung wäre mein Wunsch. 

Der Wald generiert auch teilweise unseren Brennstoff. Wir heizen mit Pellets, aber haben ergänzend einen kleinen Holzofen. Der wird ab Oktober mit Holz aus unserem Wald geschürt. Darin kann ich auch kochen oder backen. "

3. Antonia Schmück (34) aus Oberthulba: Die Jung-Waldbesitzerin will nachhaltig und klimafreundlich Aufforsten und damit einen Erholungsraum schaffen

Antonia Schmück aus Oberthulba ist erst seit kurzem Waldbesitzerin. Wald ist für sie Erholungsraum. 
Foto: Ines Renninger | Antonia Schmück aus Oberthulba ist erst seit kurzem Waldbesitzerin. Wald ist für sie Erholungsraum. 

"Erst kürzlich habe ich dreieinhalb Hektar Wald in Oberthulba (Landkreis Bad Kissingen) von meinen Eltern geerbt. Nicht mega viel, aber so viel, dass man sagt: Was macht man damit? Wir sind vier Kinder, unter denen Haus, Grundstücke, Wald und Wiesen aufgeteilt wurden. Ich wohne in Fulda und arbeite im Bereich Lebensmitteltechnologie. Eigentlich dachte ich: Okay, ich erbe den Wald, den lass' ich einfach wachsen. Da habe ich nicht viel zu tun."

Jetzt ist es so: Oh Fichten – Käferbefall! Plötzlich hat man einen gerodeten Wald, zumindest eine Freifläche. Warte ich nun auf Naturverjüngung? Pflanze ich was an? Was wären überhaupt klimafreundliche Bäume? Was stünde noch in 100 Jahren? Eines Tages will ich meinen Enkeln schließlich sagen können: Ich habe mir Gedanken gemacht. Deshalb besuche ich diesen Kurs. Es gibt auch so viele Fördermöglichkeiten, da muss man sich erst einmal hineindenken.

Das Aufforsten ist mir wichtig, außerdem Klimafreundlichkeit, Nachhaltigkeit. Ich fange glücklicherweise nicht bei null an. Mein Vater hat viel Vorarbeit geleistet. Die Zusammenarbeit mit ihm und meinem zuständigen Förster ist super. Den Wald sehe ich als Erholungsraum. Durch einen schönen Wald spazieren zu gehen, ist ein tolles Gefühl.

Ein Waldstück liegt an der Extratour Thulbataler. Gleichzeitig zählt natürlich auch der wirtschaftliche Aspekt. Vielleicht wird meine heute 15 Monate alte Tochter eines Tages einen Baum, den mein Vater aufgeforstet hat, herausnehmen, um ein schönes Möbelstück daraus zu bauen und sich da einen Traum erfüllen. Vielleicht braucht sie ihn auch einfach als Brennholz. Momentan sind noch die Zapfen ihr Highlight."

 
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Kommentare
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  • Heinrich Höllerl
    Toller Artikel! Und den Begriff „Waldfeger*in“ muss ich mir unbedingt merken!
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