Damit hatten die Veranstalter des ersten "Oberelsbacher Gesprächs" nicht gerechnet: Beim Start der Informations- und Diskussionsreihe des Marktes Oberelsbach und der Umweltbildungsstätte zum Thema Klimawandel war die Elsthalle zur Freude des Teams um Bürgermeisterin Birgit Erb proppenvoll. Das Thema Klimawandel zieht eben. Und das Thema des Abends, die Zukunft des heimischen Waldes in Zeiten des Klimawandels, stieß in der waldreichen Rhön naturgemäß auf besonders großes Interesse.
So füllten nicht nur Vertreter aus Kommunen, Forstverwaltungen, des Naturparks, von Naturschutzverbänden oder des Biosphärenreservats den großen Saal. Die weitaus überwiegende Zahl der fast 200 Interessierten waren Waldbesitzer, wie eine Frage in die Runde eindrucksvoll belegte.
Klimawandel schon da
Entsprechend galt das Interesse wohl eher waldbaulichen Fragen in Zeiten des Klimawandels. Allerdings erwiesen sich die weiteren Aspekte des Themas Zukunftswald Rhön als so interessant aufbereitet, dass kaum jemand die fast dreistündige Veranstaltung vor dem Ende verließ. Das galt vor allem für die Präsentation von Dr. Tobias Gerlach. Der stellte aktuelle Forschungsergebnisse aus den von menschlicher Nutzung ausgenommenen Kernzonen des Biosphärenreservats vor. Er ging dabei nicht nur auf die herausragende Vielfalt seltener Tier- und Pflanzenarten dank der vielfältigen Waldstrukturen in der Rhön ein. Er belegte auch klar, dass der Klimawandel schon jetzt Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt und damit zum Beispiel auch die Verdrängung seltener Vögel mit sich gebracht hat.
Ebenso wie die folgenden Referenten ließ er keinen Zweifel daran: Der Klimawandel ist in der Rhön längst angekommen. Eindrücklich bekräftigte das seine Kollegin Alana Steinbauer, die an der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats die Themen Klimawandel und Klimaanpassung bearbeitet. Anhand von eindrucksvollen Grafiken demonstrierte sie zwei Entwicklungen. In Oberelsbach und der oberen Rhön sind gerade in den letzten Jahren auf der einen Seite die Temperaturen angestiegen, während auf der anderen Seite gleichzeitig die Niederschläge zurückgegangen sind. Letzteres wirkt sich im eh schon sehr niederschlagsarmen östlichen Bereich der Rhön besonders stark aus.
Kein Schnee mehr im Winter
Die Lage dürfte sich nach den von ihr vorgestellten Prognosen noch wesentlich verschärfen. Hat sich die Durchschnittstemperatur in den vergangenen Jahren um etwa 1,5 Grad erhöht, werde bis zum Ende des Jahrhunderts mit 3,5 bis vier Grad gerechnet. Dabei soll sich die Zahl der extrem heißen Tage vergrößern, während Frost- und Schneetage weiter zurückgehen. Zudem dürften sich beispielsweise die Quellschüttungen um 20 bis 30 Prozent reduzieren.
Dieser Analyse konnte Oliver Kröner weitgehend zustimmen. Der Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt (AELF) betonte zwar den Ernst der Lage, stellte aber auch klar, dass es mit dem Wald und der Waldbewirtschaftung in der Rhön weitergehen werde. "Die Wälder werden künftig allerdings anders aussehen", zeigte er sich überzeugt.
Von "Trockenstress" und steigende Temperaturen sei besonders die Fichte betroffen, die in der Rhön kaum noch eine Zukunft habe. Überraschenderweise, so der Waldfachmann, schwächle auch die Kiefer. Sorgen bereitet auch die Buche. Hier befürchtet Kröner eine dramatische Entwicklung. Profitieren von den klimatischen Veränderungen könnte hingegen die Eiche. Die Traubeneiche könnte ein Hoffungsträger für die Zukunft sein. Kröner stellte aber auch fest, dass sich schon mancher Hoffnungsträger später als ungeeignet erwiesen hat.
Kein Patentrezept
Wie könnte nun der Klimawald der Zukunft aussehen. Der AELF-Chef machte deutlich, dass diese Frage hoch komplex ist und in jedem einzelnen Fall je nach Standort mit den Förstern geklärt werden müsse. Er machte auch deutlich, dass auch dann Unwägbarkeiten vorhanden sind. "Wer streut, rutscht nicht aus", lautete daher seine Anregung zur Schaffung artenreicher Wälder.
In nächster Zeit erwartet Kröner die Herausgabe eines offiziellen Leitfadens zur Baumartenwahl für den Klimawald der Zukunft, an dem sich die Fachleute orientieren können. Als einen Ansatz daraus nannte der Fachmann die verstärkte Nutzung seltener heimischer Baumarten wie Elsbeere oder Speierling. Herantasten könne man sich auch an die Verwendung von Bäumen aus Regionen mit ähnlichen klimatischen Bedingungen wie der Weißtanne aus der Slowakei. Eine weitere Möglichkeit sei die Nutzung eingeführter Baumarten wie der Douglasie. Entscheidend seien aber in jedem Fall der Standort und die Mischung der Arten.
Enge Kooperation
Damit es mit der Waldbewirtschaftung in der Rhön weitgeht, führte Kröner einige Rahmenbedingungen auf. Dazu zählte er motivierte Waldbesitzer und kompetente Berater, auskömmliche Holzpreise, ausreichend Saatgut und tragbare Wildbestände. Zu einem Punkt hatte er gute Nachrichten mitgebracht: Es sei zu erwarten, dass die staatliche Förderung für waldbauliche Maßnahmen in Kürze erhöht wird. Einen weiteren wichtigen Faktor nannten schließlich Bürgermeisterin Erb und einige Teilnehmer der abschließenden Diskussion: die enge Zusammenarbeit von AELF, Forstbetriebsgemeinschaften, Kommunen und Waldbesitzern.