
Es gibt viel Wissen, das der Wald vermittelt und viele Fragen, die sich daraus ergeben. Insgesamt 22 Waldbesitzerinnen, die Betonung liegt hier ausdrücklich auf der weiblichen Form, haben sich am Samstag im Lohrer Stadtwald eingefunden, um Kenntnisse über das Thema Waldbewirtschaftung zu erlangen. Veranstaltet wurde das erstmalig angebotene Bildungsprogramm speziell für Frauen von der Außenstelle Lohr des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF).
"Frauen ticken anders und lernen lieber unter Frauen", hat die Initiatorin Katja Sander erkannt. Es gebe viele Frauen unter den Waldbesitzern, die nicht unbedingt an den männerdominierten Fortbildungen teilnehmen möchten, so die diplomierte Försterin, die beim AELF für Waldpädagogik und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. "In der Praxis haben Frauen auch eine andere Herangehensweise", weiß die Försterin aus eigener Erfahrung.
In vier verschiedene Gruppen haben sich die Teilnehmerinnen beim ersten von zwei Praxistagen unter der Anleitung von ihren Referenten aufgeteilt. Hanskarl Heilmann erklärt mit anschaulichem Material und diversen Werkzeugen, wie Setzlinge vor Wildverbiss geschützt werden können. "Eine frisch gepflanzte Tanne ist ein Gourmetstück für das Wild", verdeutlicht der Forstwirtschaftsmeister. Die Liste der Fressfeinde im Wald sei lang: Mäuse, Hasen, Rehe, Rotwild, "und am Schluss dann auch noch der Borkenkäfer", so Heilmann. Er ermuntert die Frauen, die Pflege im Wald langsam angehen zu lassen: "1000 Bäume am Tag könnt Ihr genauso wenig pflanzen, wie ein Jäger 1000 Hasen schießen kann."
Indes hat sich wenige Meter weiter eine Gruppe zu Heide Kuhlmann gesellt. Die Forstoberinspektorin klärt zeitgleich über die Grundkenntnisse verschiedener Baumarten auf. "Angst vor der Verantwortung im Wald braucht niemand zu haben", erklärt sie. Der für das Waldgebiet zuständige Förster stünde für Beratungen immer zur Verfügung.
Ein breitgefächertes Arsenal an Werkzeugen hat Christoph Hengst mitgebracht, der über das Thema Jungstandspflege referiert. Er fragt in die Runde, ob die Damen die Werkzeuge auch ihrer Aufgabe zuordnen können. Den speziellen Brombeerrechen hat allerdings noch niemand zu Gesicht bekommen. Wie ein überdimensionaler Eiskratzer sieht das Holzgerät aus, das dazu benutzt wird, den Auswuchs von Brombeerbüschen zu dezimieren. "Der Wald ist ein gut sortierter Einkaufsladen, es ist alles da", äußert der Forstwirtschaftsmeister. "Ihr seid für das Angebot zuständig."
Katja Sander selbst steht inmitten eines Waldabschnittes und berichtet in ihrer Gruppe über Bodenschonung und Arbeitssicherheit bei der Waldarbeit.
Insgesamt sechs Försterinnen haben sich bei dem Projekt "Bildungsprogramm Wald" für Frauen zusammengetan. Alle Waldbesitzerinnen verbindet dabei nicht nur ihre Begeisterung für den Wald, sondern auch das Anliegen, ihr Wissen rund um das Thema nachhaltige Waldbewirtschaftung weiterzugeben. "Die Inhalte sind die gleichen, die auch den Männern vermittelt werden", sagt Katja Sander, die sich über die Resonanz der Damen freut. Alleine im Landkreis Main- Spessart schätzt sie den Frauenanteil unter den Waldbesitzerinnen auf etwa 6000. Damit die forstliche Welt keine Männerdomäne bleibt, möchte Sander auch in der Zukunft Aufklärungsarbeit leisten. "Ein ausgesprochenes Bewusstsein für Naturschutz haben eindeutig wir Frauen", ist sich die Försterin sicher. Einmal im Jahr möchte möchte die AELF ab jetzt ein solches Frauenprogramm anbieten.