
Steigende Energie- und Materialpreise, gestörte Lieferketten und eine nicht einschätzbare Sicherheitslage: Die Reich GmbH in Mellrichstadt muss sich derzeit einer Reihe von Problemen stellen. Die Auswirkungen einer globalen Krise belasten das familiengeführte Unternehmen und fordern die Geschäftsführung. Wie kann die Politik hier eingreifen und Ansätze schaffen, um die Rahmenbedingungen für mittelständische Betriebe im Land zu verbessern? Die Geschäftsführung gab dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Florian von Brunn, dazu drei Fragen mit auf den Weg in den bayerischen Landtag.
Der Chef der Bayern-SPD hatte dem Mellrichstädter Automobilzulieferer am vergangenen Freitag einen Besuch abgestattet und sich über Herausforderungen und Perspektiven des Familienunternehmens für den Standort Mellrichstadt und den Landkreis Rhön-Grabfeld informiert. Begleitet wurde er dabei unter anderem vom Kreisvorsitzenden der SPD, René van Eckert, sowie Stadträtin Karoline Karg.
Alles wird teurer: Das macht die Planung für Firmen schwierig
Im Gespräch wurde deutlich: Auch wenn sich die Reich GmbH gut aufgestellt sieht und auf eine stabile Auftragslage verweist, sind es die derzeitigen Unwägbarkeiten bei den Kosten, die der Geschäftsführung Kopfzerbrechen machen. "Die Energiepreise steigen immer weiter, und auch das Material ist, wenn überhaupt verfügbar, sehr teuer", schilderte Georg Smolorz die aktuelle Situation. Die Preise für Stahl, einem wichtigen Rohstoff für die Firma, sind seit dem Krieg in der Ukraine stark angestiegen. Dazu sorgen unterbrochene Lieferketten für Verzögerungen in der Produktion, zeigte der Leiter des Bereichs Business Development und Vertrieb in einer Präsentation auf. Kurzum: "Eine verlässliche Kalkulation auf längere Sicht ist derzeit nicht möglich."
Wie Georg Smolorz deutlich machte, sorgen auch Umweltauflagen für immer größere Belastungen bei mittelständischen Unternehmen. Und noch etwas drückt auf das Betriebsergebnis: "Wir können lediglich 70 Prozent der Preissteigerungen an unsere Kunden weitergeben", so Smolorz. Einen Millionenbetrag an Mehrkosten muss das Unternehmen allein stemmen. Ein Betrag, der erwirtschaftet werden muss. "Das Management ist hier stark gefordert", machte der Chef der Unternehmensentwicklung deutlich. Aus Sicht der Geschäftsführung ist das nun auch die Staatsführung. Wie kann Politik hier helfen? Für Nina und André Reich, die das Unternehmen in der vierten Generation leiten, eine Frage, die für die Zukunft Gewicht hat.

Dabei ist das Unternehmen in den vergangenen 15 Jahren durchaus krisenerprobt, so Georg Smolorz. "Wir haben nach der Finanzkrise die Dieselkrise, Corona und den Chipmangel bewältigen müssen, nun stellt uns der Krieg mit steigenden Energie- und Materialkosten vor die nächsten Herausforderungen."
Um Azubis zu finden, muss das Unternehmen heute Werbung machen
Florian von Brunn fragte in dem Zusammenhang, ob sich auch der Fachkräftemangel im Familienunternehmen bemerkbar macht. "Es ist auf jeden Fall schwieriger geworden, Fachkräfte zu finden und auch die Ausbildungsplätze zu besetzen", bestätigte Nina Reich. Das Unternehmen setze seit jeher darauf, Fachkräfte selbst auszubilden. Doch während früher die Nachfrage stets höher gewesen sei als das Angebot an Ausbildungsplätzen, habe sich die Situation mittlerweile gedreht. "Heute müssen wir bei Berufsanfängern Werbung für unsere Firma machen."
Dabei biete die Reich GmbH sichere Arbeitsplätze in der Region. "Wir sind stolz darauf, dass wir auch in der Corona-Krise keine Mitarbeiter entlassen mussten", zeigte Georg Smolorz auf. 850 Mitarbeiter sind am Firmensitz in Mellrichstadt beschäftigt, 85 Mitarbeiter arbeiten im Werk Reich LLC in Asheville in den USA. 40 Mitarbeiter zählt zudem die Firma Reich MIM in Schwarzenberg in Sachsen, wo Metallpulverspritzgussteile hergestellt werden. Auch wenn sich das Geschäftsfeld vom reinen Automobilzulieferer mittlerweile deutlich ausgedehnt hat, liegt hier der Grundstock für den Erfolg der Reich GmbH. "In nahezu jedem Fahrzeug mit Dieselmotor, das weltweit auf den Straßen unterwegs ist, steckt ein Stück Reich", informierte Smolorz Florian von Brunn.
Drei Fragen an die Abgeordneten im bayerischen Landtag
In der Geschäftsführung setze man auch im 103. Jahr des Firmenbestehens alles daran, so flexibel wie möglich auf die aktuellen Unwägbarkeiten und die Unsicherheiten des Weltmarkts zu reagieren. "Jeder Tag stellt uns vor neue Herausforderungen", so der Chef der Unternehmensentwicklung. Daher hatte die Geschäftsführung drei Fragen an den SPD-Fraktionsvorsitzenden formuliert, die er mit in den Landtag nehmen sollte.
Die erste Frage zielte in Richtung der seit dem vergangenen Jahr immer weiter steigenden Energiekosten. "Welche Ideen haben Sie, um den Mittelstand zu entlasten beziehungsweise zu unterstützen?" Florian von Brunn verwies dabei sogleich auf die Abschaffung der EEG-Umlage, was den Strompreis senken werde, zudem solle der Netzausbau forciert werden.

Eine weitere Frage zielte auf die Inflation sowie Fahrtkosten ab: "Gerade im ländlichen Raum, wo die Menschen zumeist auf das Auto angewiesen sind, sind die Treibstoffpreise und die Inflation für die Menschen kaum noch tragbar. Wie sieht ihr Fahrplan für die Zukunft bei der Entlastung der Bürger aus?" Florian von Brunn versicherte, dass er durchaus wisse, dass das Auto auf dem Land gebraucht werde. "Daher setzen wir auf ein klimaneutrales Auto", so der Chef der Bayern-SPD.
Gasembargo Schritt für Schritt, nicht Knall auf Fall
Im Allgemeinen gelte festzuhalten, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut und sämtliche Verfahren diesbezüglich beschleunigt werden müssen. Der Abbau der Bürokratie sei hier ein großes Thema. Er setze dabei auf Wirtschaftsminister Robert Habeck, der seiner Meinung nach "einen guten Job" mache. In puncto Gasembargo machte er deutlich, dass die SPD den Ausstieg aus russischem Gas Schritt für Schritt angehen möchte.
Die letzte Frage der Reich-Geschäftsführung zielte auf die Standortsicherung ab: Neben steigenden Material- und Energiekosten werden Forderungen nach höheren Gehältern lauter. Ein betriebswirtschaftliches Wirtschaften werde immer schwieriger. "Welche Maßnahmen wollen sie ergreifen, um die Abwanderung der Industrie ins Ausland und/oder Entlassungswellen zu verhindern?"
Florian von Brunn versprach, die Fragen dem Wirtschaftsausschuss und dem Klimaausschuss im bayerischen Landtag vorzutragen. "Wir haben viele neue Leute in der Fraktion, die hier an Antworten mitarbeiten werden", versicherte er.