"Die Stimmung ist momentan am Kippen!" - Mit diesem Satz beschreibt Oliver Scheuplein, Bereitschaftsleiter der Bergwacht Rhön, das derzeitige Verhältnis zwischen Radfahrern und Wanderern gerade am Kreuzberg. Dort, wo vor über 20 Jahren die Vereinbarung zum Fairständnis zwischen Wanderern und Mountainbikern unterzeichnet wurde, geht es offensichtlich nicht mehr ganz so fair zu, wie es der Rhönklub, der Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) und der Bayerische Radsport Verband (BRV) im Biosphärenreservat Rhön gerne sehen.
Georg Seiffert, Bürgermeister von Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld), erzählt beispielsweise von einer Begegnung erst unlängst unterhalb des Rothsees Richtung Holzberghof. Auf dem schmalen Weg sei ihm eine Gruppe Mountainbikerinnen von oben entgegen gekommen: "Ich musste mich mit einem Sprung hinter einem Baum in Sicherheit bringen." Eine Entschuldigung sei nicht zu hören gewesen, sagt der Bürgermeister.
Es geht nicht nur um Waldbaden und Sternegucken
Klaus Spitzl, Geschäftsführer des Naturparks Rhön, kennt solch unliebsamen Aufeinandertreffen auch aus eigenem Erleben. "Wir alle wissen, dass gerade in diesem Jahr die Freizeit-Nutzung in der Rhöner Natur zugenommen hat." Da gehe es nicht nur um Waldbaden und Sternegucken, sondern eben auch um die Rhön als Lauf-Paradies und als Rad-Revier. "Diese erhöhte Frequenz bringt uns natürlich auch viele Gäste für die Tourismusbetriebe", sagt Spitzl.
Die Klagen über kritische Begegnungen würden sich hauptsächlich auf das Gebiet am Kreuzberg beziehen, sagt der Naturpark-Geschäftsführer: "Von meinen Rangern in der Langen Rhön höre ich von Konflikten mit Radfahrern kaum etwas!" Jochen Heinke, Initiator des Rhöner Mountain-Bike-Netzes aus Stetten (Lkr. Rhön-Grabfeld), bestätigt das: "Ich beobachte, dass sich dort gerade die Leute, die von außerhalb kommen, an markierte Wege und verständnisvolles Miteinander halten. Wenn es Klagen gibt, dann aus Gründen des Naturschutzes."
Meist würden in diesen Fällen Mountainbiker Strecken befahren, die von gängigen Navi-Apps ausgewiesen sind. Laut Bergwacht indes wurden gerade in der Langen Rhön am vergangenen Wochenende an einem einzigen Tag 14 Verstöße registriert. "Und wenn der Kollege dann noch als 'Alter Sack' beschimpft wird, trägt das nicht zur Vertrauensbildung bei", sagt Bergwacht-Bereitschaftsleiter Scheuplein.
Das Kernproblem der schlechten Stimmung verorten Heinke, Spitzl und Scheuplein aber in das Gebiet am Kreuzberg, speziell auf die Zufahrt zum Flowtrail. Heinke wird da ganz kategorisch: "Das sind für mich keine Mountainbiker, das sind Downhiller!" Spitzl gibt zu, dass diese Biker mit ihren Schutzausrüstungen wie moderne Ritter aussehen. Dieses Martialische flöße schon Respekt bei Wanderern und Passanten ein.
So häuft sich die Klage über die teilweise aggressive Fahrweise vieler abfahrtsorientierter Radler, die den Kreuzbergbus zum Aufstieg nutzen und "in der Natur kaum sozialisiert sind", wie Oliver Scheuplein beobachtet hat. Auch Rhöner Mountainbiker würden sich deutlich von den Downhillern distanzieren, die nur ihren Adrenalin-Kick im Blick hätten. Und die die Ängste mancher Wanderer ignorierten, an denen sie mit hoher Geschwindigkeit und geringem Abstand vorbeisausen, ohne zuvor ein Zeichen zu geben.
Radsport-Fachwart Neumann: Aufklärung vor Verteufelung
"Respekt und Toleranz sind hier gefragt", sagt Klaus Neumann. Der gebürtige Haselbacher ist Fachwart für Country Touren Fahren im Radsportbezirk Unterfranken Ost des BRV und war beim Deutschen Alpenverein in der Abstimmungsrunde e-MTB aktiv. "Mir ist es ein echtes Anliegen, dass Aufklärung vor Verteufelung geht", sagt der Rhöner, der in Niederwerrn (Lkr. Schweinfurt) wohnt. "Wenn das nicht greift, dann bin ich auch für Lenkungsmaßnahmen, die neben einer Streckenentflechtung auch eine Nutzungsgebühr - verbunden mit einer Identifikationsnummer am Lenker und am Rucksack - die Mountainbiker im Kreuzberg-Gebiet identifizierbar macht."
Ideal, so Neumann und Spitzl unisono, wäre ein fruchtbarer Dialog, der solche Maßnahmen überflüssig mache. Genau den gab es schon 1999, als sich die Rhöner Kreisverbände des ADFC gemeinsam mit dem Rhönklub und dem Bezirk Unterfranken Ost des BRV für einen fairen Umgang zwischen Mountainbikern und Wanderern in der Rhön einsetzten.
Diese sieben Leitsätze von damals, die als Grundlage für ein faires Miteinander am Berg und in der Natur gelten, sieht Jochen Heinke immer noch eingehalten. Er sagt aber auch: "Es gibt einen kleinen Rest der Radler, die sich nicht daran halten. Ungefähr so viele wie die, die im Straßenverkehr Rote Ampeln und Parkverbote missachten."
Ich fahre seit 35 Jahren mit dem Rad regelmäßig auf den Kreuzberg, zunächst mit einem 7-Gang-Rad, heute mit einem MTB-Pedelec. Heute wurde mir nach nach einer Fahrt über 3 Hochrhöngipfel bei der Rückkunft nach NES am Ortseingang durch eine junge Autofahrerin krass die Vorfahrt genommen. Ohne meine Vollbremsung hätte sie mich vom Rad geholt. Also lautet meine Forderung: Jungen Frauen gehört kein Führerschein!
Das ist natürlich Quatsch, aber in etwa das Niveau vieler Beiträge zum Thema.
Nach meiner Meinung sollte man als ersten Schritt versuchen, auf die Gruppen, die Wege gemeinsam nutzen, also auf die Wanderer und die Mountainbiker, an den Zielpunkten einzuwirken und zur gegenseitigen Rücksichtnahme auffordern.
Andererseits beobachte ich aber auch immer wieder die "harten" Wanderer, denen schon beim Anblick eines Radlers der Kamm schwillt und der Blutdruck steigt, auch wenn Platz genug für beide wäre.