zurück
Haselbach
Kreuzberg: Angespannte Stimmung zwischen Wanderern und Bikern
Die Rhön zieht viele Besucher an, die Frequenz der Freizeitnutzung in den Bergen nimmt zu. Wieso gerade am Kreuzberg zwischen Mountainbikern und Wanderern der Groll wächst.
Nicht unter die Räder kommen! In diesem  Sommer sind vermehrt Klagen laut geworden, dass sich das Verhältnis zwischen Mountainbikern und Wanderern gerade im Kreuzberg-Gebiet verschlechtert hat.
Foto: Alexander Mengel | Nicht unter die Räder kommen! In diesem  Sommer sind vermehrt Klagen laut geworden, dass sich das Verhältnis zwischen Mountainbikern und Wanderern gerade im Kreuzberg-Gebiet verschlechtert hat.
Michael Nöth
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:09 Uhr

"Die Stimmung ist momentan am Kippen!" - Mit diesem Satz beschreibt Oliver Scheuplein, Bereitschaftsleiter der Bergwacht Rhön, das derzeitige Verhältnis zwischen Radfahrern und Wanderern gerade am Kreuzberg. Dort, wo vor über 20 Jahren die Vereinbarung zum Fairständnis zwischen Wanderern und Mountainbikern unterzeichnet wurde, geht es offensichtlich nicht mehr ganz so fair zu, wie es der Rhönklub, der Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) und der Bayerische Radsport Verband (BRV) im Biosphärenreservat Rhön gerne sehen.

Georg Seiffert, Bürgermeister von Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld), erzählt beispielsweise von einer Begegnung erst unlängst unterhalb des Rothsees Richtung Holzberghof. Auf dem schmalen Weg sei ihm eine Gruppe Mountainbikerinnen von oben entgegen gekommen: "Ich musste mich mit einem Sprung hinter einem Baum in Sicherheit bringen." Eine Entschuldigung sei nicht zu hören gewesen, sagt der Bürgermeister.

Es geht nicht nur um Waldbaden und Sternegucken

Klaus Spitzl, Geschäftsführer des Naturparks Rhön, kennt solch unliebsamen Aufeinandertreffen auch aus eigenem Erleben. "Wir alle wissen, dass gerade in diesem Jahr die Freizeit-Nutzung in der Rhöner Natur zugenommen hat." Da gehe es nicht nur um Waldbaden und Sternegucken, sondern eben auch um die Rhön als Lauf-Paradies und als Rad-Revier. "Diese erhöhte Frequenz bringt uns natürlich auch viele Gäste für die Tourismusbetriebe", sagt Spitzl.

Auf den engen Wegen in der Rhön kommen sich Wanderer und Radfahrer schon mal sehr nahe. Kein Problem, wenn man gegenseitig Rücksicht nimmt. Wenn nicht, dann kommt es häufig zu Beschimpfungen.
Foto: Joachim Rübel | Auf den engen Wegen in der Rhön kommen sich Wanderer und Radfahrer schon mal sehr nahe. Kein Problem, wenn man gegenseitig Rücksicht nimmt. Wenn nicht, dann kommt es häufig zu Beschimpfungen.

Die Klagen über kritische Begegnungen würden sich hauptsächlich auf das Gebiet am Kreuzberg beziehen, sagt der Naturpark-Geschäftsführer: "Von meinen Rangern in der Langen Rhön höre ich von Konflikten mit Radfahrern kaum etwas!" Jochen Heinke, Initiator des Rhöner Mountain-Bike-Netzes aus Stetten (Lkr. Rhön-Grabfeld),  bestätigt das: "Ich beobachte, dass sich dort gerade die Leute, die von außerhalb kommen, an markierte Wege und verständnisvolles Miteinander halten. Wenn es Klagen gibt, dann aus Gründen des Naturschutzes."

Meist würden in diesen Fällen Mountainbiker Strecken befahren, die von gängigen Navi-Apps ausgewiesen sind. Laut Bergwacht indes wurden gerade in der Langen Rhön am vergangenen Wochenende an einem einzigen Tag 14 Verstöße registriert. "Und wenn der Kollege dann noch als 'Alter Sack' beschimpft wird, trägt das nicht zur Vertrauensbildung bei", sagt Bergwacht-Bereitschaftsleiter Scheuplein.

Das Kernproblem der schlechten Stimmung verorten Heinke, Spitzl und Scheuplein aber in das Gebiet am Kreuzberg, speziell auf die Zufahrt zum Flowtrail. Heinke wird da ganz kategorisch: "Das sind für mich keine Mountainbiker, das sind Downhiller!" Spitzl gibt zu, dass diese Biker mit ihren Schutzausrüstungen wie moderne Ritter aussehen. Dieses Martialische flöße schon Respekt bei Wanderern und Passanten ein.

Hinweise für Mountainbiker in der Rhön, achtsam zu sein, gibt es genug.
Foto: Marion Eckert | Hinweise für Mountainbiker in der Rhön, achtsam zu sein, gibt es genug.

So häuft sich die Klage über die teilweise aggressive Fahrweise vieler abfahrtsorientierter Radler, die den Kreuzbergbus zum Aufstieg nutzen und "in der Natur kaum sozialisiert sind", wie Oliver Scheuplein beobachtet hat. Auch Rhöner Mountainbiker würden sich deutlich von den Downhillern distanzieren, die nur ihren Adrenalin-Kick im Blick hätten. Und die die Ängste mancher Wanderer ignorierten, an denen sie mit hoher Geschwindigkeit und geringem Abstand vorbeisausen, ohne zuvor ein Zeichen zu geben. 

Radsport-Fachwart Neumann: Aufklärung vor Verteufelung

"Respekt und Toleranz sind hier gefragt", sagt Klaus Neumann. Der gebürtige Haselbacher ist Fachwart für Country Touren Fahren im Radsportbezirk Unterfranken Ost des BRV und war beim Deutschen Alpenverein in der Abstimmungsrunde e-MTB aktiv. "Mir ist es ein echtes Anliegen, dass Aufklärung vor Verteufelung geht", sagt der Rhöner, der in Niederwerrn (Lkr. Schweinfurt) wohnt.  "Wenn das nicht greift, dann bin ich auch für Lenkungsmaßnahmen, die neben einer Streckenentflechtung auch eine Nutzungsgebühr - verbunden mit einer Identifikationsnummer am Lenker und am Rucksack - die Mountainbiker im Kreuzberg-Gebiet identifizierbar macht."

Ideal, so Neumann und Spitzl unisono, wäre ein fruchtbarer Dialog, der solche Maßnahmen überflüssig mache. Genau den gab es schon 1999, als sich die Rhöner Kreisverbände des ADFC gemeinsam mit dem Rhönklub und dem Bezirk Unterfranken Ost des BRV für einen fairen Umgang zwischen Mountainbikern und Wanderern in der Rhön einsetzten.

Diese sieben Leitsätze von damals, die als Grundlage für ein faires Miteinander am Berg und in der Natur gelten, sieht Jochen Heinke immer noch eingehalten. Er sagt aber auch: "Es gibt einen kleinen Rest der Radler, die sich nicht daran halten. Ungefähr so viele wie die, die im Straßenverkehr Rote Ampeln und Parkverbote missachten."

Die sieben Fairständnis-Leitsätze in der Rhön

1. Fair miteinander umgehen: Freundlichkeit und gegenseitige Rücksichtnahme sind Voraussetzungen für den richtigen Umgang miteinander. Selbstverständlich halten sich alle an gesetzliche Vorschriften und an die vor Ort gültigen Regelungen. Auch die Ansprüche der einheimischen Bevölkerung werden von Mountainbikern und Wanderern respektiert.
2. Dem Schwächeren Vortritt lassen: Am Berg gilt das Vorrecht des Schwächeren. Mountainbiker fahren immer mit angemessener Geschwindigkeit und in ausreichendem Abstand an Wanderern, Hunden und Mitradlern vorbei. Wo sich Kinder auf den Wegen befinden, gilt immer Schritttempo!
3. Zeichen geben: Freundliche Deutlichkeit hilft Unfälle und Konflikte zu vermeiden. Wanderer und Mountainbiker nehmen am besten Blickkontakt auf und verständigen sich durch Zeichen. Nähert sich ein Mountainbiker einem Fußgänger offensichtlich unbemerkt, macht er durch einen freundlichen Gruß oder ein Klingelsignal auf sich aufmerksam. Mountainbiker fahren erst vorbei, wenn der Wanderer zu verstehen gibt, dass er auf den Überholvorgang gefasst ist. Wanderer machen solchen Mountainbikern gerne Platz zur Vorbeifahrt.
4. Natur und Umwelt schützen: Der Bergstiefel und das Fahrrad zählen bekanntlich zu den umweltfreundlichsten "Sportgeräten". Es liegt in der Verantwortung von Wanderern und Mountainbikern, sie auch so einzusetzen, dass der Natur Vorrang eingeräumt wird.
5. Auf den Wegen bleiben: Wanderer und Mountainbiker halten sich an die Wege. Wanderer suchen immer den naturschonendsten Aufstieg zum Gipfel. Mountainbiker halten sich an das gesetzliche Wegegebot. Ungeeignete Wege sind für Mountainbiker tabu. Wo man mit dem Mountainbike nur auf ungeeigneten Wegen hinkommen kann, sollte man es abstellen und zu Fuß weiter wandern.
6. Nur tagsüber unterwegs sein: In Dämmerungs- und Nachtstunden haben Wildtiere ein Recht auf ihre Ruhe. Eine sorgfältige Zeitplanung von Wander- und Mountainbiketouren ist deshalb wichtig, damit die Tour vor Einbruch der Dämmerung beendet sein kann.
7. Mit dem Rad oder dem Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV ) anreisen: Das Auto sollte, wo es möglich ist, zu Hause gelassen werden. Der Ausgangspunkt zur Mountainbike- oder Wandertour kann in vielen Fällen leicht auf zwei Rädern oder mit dem öffentlichen Personennahverkehr erreicht werden (Rhönbahn, Hochrhönbus).
Quelle: www.rhoentrail.com
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haselbach
Michael Nöth
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
Bergwacht
Biosphärenreservat Rhön
Deutscher Alpenverein
Fahrräder
Klaus Spitzl
Mountainbike
Mountainbiketouren
Nahverkehr
Naturparks
Naturschutz
Rhönklub
Straßenverkehr
Wanderer
Wandertouren
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • G. B.
    Womit man sicher überhaupt nichts erreicht, sind pauschale (Vor-)Urteile, die über die verschiedenen Medien verbreitet werden. Siehe das MaZi-Gemöhre von letzter Woche.

    Ich fahre seit 35 Jahren mit dem Rad regelmäßig auf den Kreuzberg, zunächst mit einem 7-Gang-Rad, heute mit einem MTB-Pedelec. Heute wurde mir nach nach einer Fahrt über 3 Hochrhöngipfel bei der Rückkunft nach NES am Ortseingang durch eine junge Autofahrerin krass die Vorfahrt genommen. Ohne meine Vollbremsung hätte sie mich vom Rad geholt. Also lautet meine Forderung: Jungen Frauen gehört kein Führerschein!
    Das ist natürlich Quatsch, aber in etwa das Niveau vieler Beiträge zum Thema.

    Nach meiner Meinung sollte man als ersten Schritt versuchen, auf die Gruppen, die Wege gemeinsam nutzen, also auf die Wanderer und die Mountainbiker, an den Zielpunkten einzuwirken und zur gegenseitigen Rücksichtnahme auffordern.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    M. E. wurde das Problem Radler/Wanderer mit den e-bikes und Pedelecs noch größer: da pfeiffen plötzlich Wohlstandbäuche mit Geräten, die sie nur mühsam beherrschen durch die Gegend.
    Andererseits beobachte ich aber auch immer wieder die "harten" Wanderer, denen schon beim Anblick eines Radlers der Kamm schwillt und der Blutdruck steigt, auch wenn Platz genug für beide wäre.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. F.
    Reglim, Sie haben mir das Wort aus dem Mund genommen. Es gäbe in so vielen Bereichen des Zusammenseins weniger Probleme, wenn jeder bereit wäre, auf den anderen ein bisschen Rücksicht zu nehmen. Zuzusehen wie sich unsere Gesellschaft entwickelt ist ein Trauerspiel.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Rücksichtnahme, ob man nun sitzt, läuft oder fährt, ist sicherlich eine der (zwischen)menschlichen Eigenschaften, die uns immer mehr verloren geht - Egoismus dagegen eine, die immer mehr zunimmt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. R.
    Ich kenne die örtlichen Gegebenheiten nicht. Aber laut Artikel fährt zum Einen ein Bus mit Fahrrädern hoch, es wird ein Flowtrail eingerichtet und dann wundert man sich das auch Mountainbiker fahren. Dass die dann nicht alle auf dem eingerichteten Trail bleiben ist doch vorhersehbar.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten