Toilettenpapier, Blumen, Nudeln, Gartenpools: Dass all diese Dinge möglichst jederzeit in den Regalen von Supermarkt und Baufachgeschäft stehen, ist Lkw-Fahrerinnen und -fahrern wie Enrico Hohlfeld zu verdanken. Er transportiert Waren über die Straßen zu den Kunden – Tag für Tag, seit 31 Jahren. Hohlfelds Arbeitgeber, das Logistikunternehmen Geis in Bad Neustadt, ist froh, Mitarbeiter wie Enrico Hohlfeld "auf den Bock" schicken zu können. Denn es gibt zu wenige von ihnen, "Fahrermangel" lautet das Stichwort. Auch an der Geis-Gruppe geht das Problem nicht spurlos vorüber.
"Ja, es gibt ein Fahrerproblem. Es wird immer schwieriger, Fahrer zu finden. Es kommen weniger junge Leute nach, die Bundeswehr als Fahrschule ist auch weg. Aber wir haben bereits 2014 ein Konzept entwickelt, um uns auf die Situation einzustellen", sagt Christian Hackl, Leiter zentrales Fuhrparkmanagement bei Geis Global Logistics.
Bei Geis in Bad Neustadt müssen bisher keine Aufträge abgelehnt werden
Zu Stoßzeiten wie dem Cybermonday müssen bei Geis zwar manches Mal Fahrten geschoben werden und "Mit mehr Fahrern könnten wir den Kunden natürlich noch mehr Dienstleistungen anbieten", so Hackl. Aber ansonsten würden sich die Auswirkungen des Fahrermangels noch in Grenzen halten: Fahrzeuge müssen nicht stehen bleiben und keine Aufträge abgelehnt werden.
Dennoch: "Ein Hotel hat 100 Zimmer, da bringt man mit ausgeklappter Couch und Zustellbett vielleicht 105 Leute rein, aber irgendwann ist die Kapazität auch erschöpft. So ist das auch bei uns, auch wir kämpfen um die Fahrer. Mit unserem eigenen Konzept haben wir einen Schlüssel gefunden, um damit umzugehen", sagt Christian Hackl.
Das berücksichtigt Faktoren wie Fluktuation, Krankheits-Ausfälle und Renteneintritte. Geis setzt bei der Gewinnung von Fahrpersonal vor allem auf die drei Bausteine Ausbildung, Qualifizierung von Quereinsteigern und Anwerbung von Fahrern aus dem Ausland. Die Kosten für den Lkw-Führerschein, die zwischen 6000 und 8000 Euro liegen, übernimmt Geis für seine Fahrer. Fahrzeuge seien schnell beschafft, wer vorne links im Lkw sitzt, das sei das entscheidende Kriterium.
Warum sich Lkw-Fahrer Enrico Hohlfeld manchmal ärgern muss
Denn auch wenn Enrico Hohlfeld oder seine Kollegen "vorne links" sitzen und der Lkw starten kann: Zerteilen können sie sich nicht und manches Mal muss sich Hohlfeld ärgern, wenn er den Frust eines unzufriedenen Kunden abbekommt. Zum Beispiel, weil er eine kaputte Ware ausliefern muss, für deren Beschädigung er nicht einmal selbst verantwortlich ist. Trotzdem fährt er gerne Lkw, acht Stunden im Büro sitzen oder am Fließband stehen, das wollte er nie.
"Das Schönste am Fahrerjob ist die Freiheit. Man hat viel Abwechslung, kann sich selbst den Tag organisieren und lernt viele verschiedene Leute kennen", sagt Hohlfeld. Aber er verhehlt auch nicht, dass der Verkehr in den letzten Jahren sehr zugenommen hat und sein Job mit viel Verantwortung verbunden ist. "Wenn im Büro etwas falsch läuft, kann man es auf der Tastatur wieder ausbügeln. Wenn ich irgendwo einen Fehler mache, kann es Tote geben".
Wie die Firma Geis in Bad Neustadt ihren Fahrern entgegenkommen will
Fühlt er sich nicht manchmal einsam, so ganz allein im Lkw oder am Rasthof? Weil Hohlfeld momentan als Springer bei Geis arbeitet und hauptsächlich im Nahverkehr fährt, ist das für ihn kein Thema. "Früher war ich mehr im Fernverkehr unterwegs, heute nur noch selten. Oft sehe ich die Kollegen an den Rastplätzen campieren, das ist nichts für mich", sagt er. Lieber ist er abends daheim bei Frau und Kindern.
"Das klassische Klischee aus der Presse, dass die Fahrer wochenlang unterwegs sind, auf dem Rastplatz kochen und schlafen, das trifft bei Geis ohnehin nicht zu. 95 Prozent unserer Fahrer sind abends zu Hause", sagt Christian Hackl. Allgemein sei Fahrer oder Fahrerin in den Köpfen vieler Menschen nicht unbedingt der beste Job: Soziale Kontakte blieben auf der Strecke und das Privatleben.
Lkw-Fahrer hat seine Berufswahl nicht bereut
Dem versucht die Geis-Gruppe entgegenzuwirken, indem sie ihre Fahrerinnen und Fahrern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt und den Job, soweit der Verkehr und andere Faktoren es zulassen, planbar gestaltet. Als Enrico Hohlfeld - im ersten Berufsleben Instandhaltungsmechaniker - vor über 30 Jahren als Lkw-Fahrer anfing, war das noch anders.
"Da hatten wir längere Arbeitszeiten, es gab keine Fahrerkarte und nicht mal ein Handy, auf dem man erreichbar war. Die Digitalisierung und die moderneren Fahrzeuge haben viel erleichtert. Es gab natürlich zu allen Zeiten Höhen und Tiefen. Aber insgesamt gesehen habe ich nie gedacht: 'Mir reicht es jetzt'", blickt der Lkw-Fahrer zurück.
Armer Träumer !!