Das Herz rast oder stolpert. Es ist aus dem Takt geraten. Das zentrale Organ wieder in den richtigen Rhythmus zu bringen, ist – nomen est omen – Aufgabe der Rhythmologie, einem Spezialgebiet der Kardiologie. Der Fachbereich Rhythmologie und interventionelle Elektrophysiologie am Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt hat eine neue Chefärztin bekommen: Dr. Anja Schade hat am 1. Juni die Nachfolge von Prof. Dr. Thomas Deneke angetreten. Damit bildet sie gemeinsam mit Prof. Dr. Sebastian Kerber das neue chefärztliche Führungsteam der Kardiologie.
Dr. Anja Schade ist am Campus keine Unbekannte. Sie war bereits von 2005 bis 2014 in der Kardiologie tätig, seit 2008 als Oberärztin. 2015 wechselte sie an das Helios Klinikum Erfurt, wo sie bis zur Rückkehr an den Campus Bad Neustadt als Chefärztin der Rhythmologie tätig war. Die Privatdozentin ist Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie und verfügt über die Zusatzqualifikationen Rhythmologie und Herzinsuffizienz.
Wie sie selbst sagt, sei es schon in sehr jungen Jahren ihr Wunsch gewesen, Ärztin zu werden. "Mein Vorbild war meine Kinderärztin. Sie war sehr wissend und geradlinig, zwar streng, aber ungemein nett. Ich habe viel Hochachtung vor ihr gehabt."
Rhythmologie und Ablation: Was ist das?
Es sind auch die biologischen und physikalischen Zusammenhänge, die die 1973 im thüringischen Nordhausen geborene Schade an der Medizin interessieren. So kam es auch nicht von ungefähr, dass sich die Rhythmologie während ihres Studiums in Leipzig und darauf folgend in der internistischen und kardiologischen Ausbildung in Erfurt als Spezialgebiet herausbildete.
Was ist Rhythmologie? Der Taktgeber des Herzens ist der sogenannte Sinusknoten im rechten Vorhof des Herzens. Dessen Zellen erzeugen eine elektrische Erregung, die sich über das Herz normalerweise geordnet ausbreitet. Diese sorge dafür, erklärt Anja Schade, dass das Herz regelmäßig Blut auswerfen kann und der Blutstrom im Herzen geregelt läuft. Wenn die elektrische Erregung gestört ist, kommt es zu Herzrhythmusstörungen, zu dem erwähnten Herzrasen oder Herzstolpern.
Für Abhilfe sorgt in so einem Fall in der Regel die Ablation. Dabei werden mithilfe eines Katheters die krankhaften Erregungsherde verödet. Sie sind dann nicht mehr funktionsfähig, stören den Herzrhythmus nicht mehr und das Herz kann wieder normal schlagen. Am Rhön-Klinikum in Bad Neustadt werden im Jahr rund 1400 Ablationen durchgeführt, informiert Schade. Etwa 70 bis 80 Prozent der Patienten seien danach beschwerdefrei.
Schnell Hilfe leisten und die Lebenserwartung des Patienten verlängern
"Mit einer Katheterablation kann bei sehr vielen Menschen sehr schnell eine Verbesserung herbeigeführt werden", erläutert die Chefärztin. "Etlichen Patienten kann Heilung verschafft werden und anderen jahrelange Beschwerdefreiheit." Genau das sei für sie das Faszinierende an der Rhythmologie oder auch generell an der Kardiologie. Man könne zeitnah Hilfe leisten und die Lebenserwartung des Patienten deutlich verlängern.
"Es ist für einen Arzt immer wieder befriedigend zu erleben, wenn es dem Patienten besser geht", beschreibt die Medizinerin ihre Berufsmotivation. Zu dieser würden auch die vielen sozialen Kontakte mit Patientinnen und Patienten sowie den Kolleginnen und Kollegen gehören. Und die Freude bei wissenschaftlichen Fortentwicklungen.
Im Bereich der Rhythmologie habe es in den letzten Jahren zahlreiche Fortschritte gegeben, so Anja Schade. Die Ärztin listet unter anderem die sogenannte "Pulsed-Field-Ablation" auf. Dabei findet eine ganz neue Energieform Anwendung, die am Rhön-Klinikum Campus in Bad Neustadt auch schon praktiziert wird. Diese erlaubt eine gezielte und für den Patienten schonendere Katheterbehandlung. Hier würden in den nächsten Jahren weitere Fortentwicklungen erwartet werden, "die wir unseren Patienten frühzeitig zugänglich machen wollen", betont Schade. "Die Kardiologie ist ein Bereich, der nie still steht."
Auch die Behandlungen in der Kardiologie werden ambulanter
Diese Dynamik beinhaltet jedoch ebenfalls Herausforderungen. Auch die Kardiologie werde ambulanter, blickt die Chefärztin in die Zukunft. Dafür müsse eine gute Struktur aufgebaut werden, was nicht einfach sei angesichts der sinkenden Zahl niedergelassener Ärzte. Als Herausforderung sieht sie vor diesem Hintergrund die alternde Gesellschaft mit einer zunehmenden Zahl an Patientinnen und Patienten.
Für sie als Chefärztin sei es angesichts dessen von Bedeutung, dass die Klinik durchorganisiert ist und niedergelassene und Klinikärzte eng zusammenarbeiten. "Einfachere Eingriffe werden in Zukunft sehr standardisiert und gut organisiert in enger Kooperation mit ambulant tätigen Ärzten ablaufen. Das schafft Kapazitäten, um komplexer erkrankte Patienten mit bestmöglicher Medizin zu versorgen", sagt sie.
Was liegt Dr. Anja Schade persönlich am Herzen? "Mir ist es wichtig, den Patienten als Ganzes mit all seinen Wünschen und Vorstellungen zu betrachten und sich nicht nur auf ein Thema zu fokussieren." Trotz ihrer Leitungsfunktion käme der Patientenkontakt nicht zu kurz. "Ich sehe jeden Tag Patienten und stehe natürlich auch selbst am Operationstisch." Es wäre auch schade, wenn dem nicht so wäre, betont sie. "Der Kontakt mit Patienten ist mir sehr wichtig." Nicht nur mit den Patienten, auch mit den Kolleginnen und Kollegen. "Es macht Spaß, im Team zu arbeiten."
In ihrer Freizeit ist Schade gerne mit ihrem Ehemann in der Natur zum Wandern unterwegs. Die Rhön wurde bereits erkundet. "Ich mag die Mittelgebirgslandschaften", erklärt die Medizinerin, die in ihrer ursprünglichen Heimat den Harz vor der Tür hatte. Bewegung an der frischen Luft ist schließlich auch gut für die Gesundheit, weiß sie aus Erfahrung.