Weihnachten ohne Plätzchen und Christstollen – wie unrealistisch! Das ist auch dem Team der Ernährungspraxis am Bad Neustädter Rhön-Klinikum-Campus klar. Für die Ernährungsprofis sind die Festtage dennoch prädestiniert für den Start einer gesunden Ernährungsweise: "Es ist die Zeit der Nachdenklichkeit", so Oberärztin und Ernährungsmedizinerin Dr. Nagham Soda. Man geht in die Kirche und auf den Konzertabend. "Das reinigt die Seele. Warum nicht mit der Familie über gesunde Ernährung diskutieren", regt sie an.
"Essen ist nicht nur ein Bedürfnis", erinnert die Ernährungsmedizinerin. Essen ist Genuss. Im besten Falle passiere es mit Bedacht, Achtsamkeit und Dankbarkeit. Wer sich reflektiert ernähre, könne sich auch bewusst für Plätzchen und Christstollen entscheiden.
"Auch Gemüse und gesunde Lebensmittel können sehr lecker sein, wenn man sie mit Kräutern, Gewürzen und den richtigen Garungsarten schmackhaft zubereitet", betont Ernährungsfachkraft Lena Schneider. Das Problem seien am Ende nie die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr, schmunzelt Ernährungsfachkraft Günter Scheuring, "die Gewichtszunahme passiert zwischen Neujahr und Weihnachten".
Die drei Ernährungsprofis haben Tipps zusammengetragen, wie man sich möglichst gesund durch die Weihnachtstage schlemmt:
1. Gesündere Plätzchen backen
Viele Rezepte können abgeändert werden: Die Zuckermenge und das Fett reduzieren und stattdessen beispielsweise mehr Nüsse dazugeben. Gut ist es, wenigstens anteilsmäßig Vollkornmehl zu nutzen. Kaufen sei die schlechteste Option. "Wenn ich selbst backe, habe ich die Kontrolle. Auch das soziale Erlebnis des Backens mit Kindern, Großeltern, Geschwistern ist unbezahlbar", so Dr. Nagham Soda.
2. Festessen sorgfältig auswählen
Mehr Gemüse und Salat in die Menüplanung einbauen. Die Hälfte des Menüs, empfiehlt die Ernährungspraxis, sollte Gemüse sein, die andere Hälfte sollte sich aufteilen in einen Eiweißanteil und Beilagen. Das Eiweiß ist wichtig für Muskelerhalt und -aufbau. Vor allem aber sei es die Komponente, die satt macht. Enthalten ist Eiweiß beispielsweise in magerem Geflügel, Milchprodukten, Eier, Fisch und Hülsenfrüchten. "An mehreren Weihnachtstagen ist Abwechslung sinnvoll", so Lena Schneider. Mal mageres Fleisch, mal vegetarisch, auch ein Fisch-Gericht mit wertvollen Omega3-Fettsäuren könne aufgetischt werden.
3. Festessen anders zubereiten
Beim Zubereiten möglichst Fett sparen, indem man es mit dem Löffel abmisst. Das Team empfiehlt als gute Fette kaltgepresstes Rapsöl, Olivenöl (nur bis 160 Grad erhitzen) sowie Walnussöl oder Leinöl fürs Dressing. Am Ende ist das Öl auch ein Geschmacksträger. Das Fleisch erst in die Pfanne geben, wenn die schon heiß ist. So nimmt es weniger Fett auf. Eine weitere Möglichkeit: auf die Sahnesauce verzichten oder statt Sahne einen Schuss Milch in die Sauce geben. Fettärmer oder sogar fettfrei gelingen Gerichte mit Bratschlauch, Römertopf oder Dampfgarer.
4. Geschmackssinn trainieren
Sind Zucker-Ersatzstoffe eine Lösung oder Augenwischerei? "Teils, teils", sagt Günter Scheuring. Laut Fachgesellschaften seien Birkenzucker (Xylit) oder auch Erythrit besser für den Blutzucker-Spiegel als normaler Zucker. Sie haben wenig bis keine Kalorien und sind nicht kariogen. In großen Mengen kann Xylit allerdings abführend wirken. Honig enthält zwar gesunde Antioxidantien, Vitamine und Mineralien, hat aber genauso viel Kalorien wie Zucker und der Blutzuckerspiegel steigt gleich an. Die eigentliche Empfehlung des Teams: Insgesamt weniger süß essen. "Eine Ernährungsumstellung braucht Zeit. Geschmack ist auch eine Sache von Gewöhnung", so Dr. Soda.
5. Keine Mahlzeiten auslassen und auf die Portionsgrößen achten
Wer Mahlzeiten weglässt, weil er etwa aufs Weihnachtsabendessen hinfiebert, bekommt schnell Heißhunger. Besser sei es, die anderen Mahlzeiten klein zu halten. Ein leichtes Mittagessen seien etwa Gemüsesticks mit Kräuter-Joghurt-Dip oder Hummus. Frisches Obst mit Quark und Nüssen sei eine Alternative zum Frühstück. Wer Probleme hat, sich an kleine Portionsgrößen zu gewöhnen: "Oft hilft es schon, das Essen auf einem kleinerem Teller zu präsentieren", so Dr. Soda.
6. Saisonal, regional und nachhaltig einkaufen
Gerade Weihnachten gilt: nur kaufen, was man auch verbrauchen kann. Saisonal und regional gekauftes Gemüse hat einen höheren Nährwert als Gemüse aus dem Treibhaus. Gemüse und Salate dürfen unbegrenzt gegessen werden. Allerdings hat Gemüse sehr viele Ballaststoffe. Hat man sein Leben lang anders gegessen, muss die Umstellung langsam stattfinden. Sonst gibt es Verdauungsprobleme.
7. Genügend Wasser trinken
"Es gibt viele Arten von Hunger", erklärt Dr. Soda. Manchmal wird das Durstgefühl einfach nur falsch interpretiert. Der Körper signalisiert, ihm fehlt etwas. Was fehlt, sei oft aber kein Essen, sondern Flüssigkeit. Mindestens 1,5 Liter Wasser sollten gesunde Menschen am Tag trinken. "Im Winter bietet sich auch warmer, ungesüßter Tee an", so Lena Schneider.
8. Gesunde Snacks essen
Es muss nicht immer der Plätzchenteller sein. Warum nicht liebevoll aufgeschnittenes Obst anbieten? "Obst bitte immer in natur genießen", rät Dr. Soda. Sprich nicht in Saftform oder als Obstchips. Letztere enthalten laut dem Campus-Team einen unnötigen Zucker- und Fettanteil. Bei der Verarbeitung gehen zudem wichtige Vitamine verloren. Gut als Snacks eignen sich außerdem Nüsse, Datteln, Walnüsse, Mandeln. Durch ihren Fettanteil wird die Aufnahme vom Zucker verlangsamt. Heißhunger entsteht erst gar nicht.
9. Auf die Dosis achten
Gesunde Ernährung heißt ausgewogen, saisonal und abwechslungsreich zu essen, sagt Dr. Nagham Soda. Die Reduktion von Zucker, Salz und ungesunden Fetten ist sinnvoll. Entscheidet man sich trotzdem bewusst dafür, sei "eine kleine Handvoll" pro Tag eine gute Richtgröße. Etwa eine Handvoll Plätzchen oder eine Rippe Schokolade, bevorzugt Zartbitter mit hohem Kakao-Anteil (ab 80 Prozent). Dr. Soda rät auch, Ausnahmen gezielt einzuplanen.
10. Den Ausgleich suchen
Für Günter Scheuring besteht eine Lösung darin, im Anschluss ans Weihnachtsessen den Ausgleich zu suchen: "Nach einem üppigen Essen an den nächsten Tagen mal Intervallfasten oder Sport", schlägt er vor. 30 bis 60 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Tag sollte man einplanen, so Schneider. Dabei werden nicht nur Kalorien abgebaut, sondern auch das Immunsystem gestärkt und Stress abgebaut.