Kaum Bewegung, wenig Kontakte, viel Zeit vor Fernseher oder Computer und dann der Hunger auf Süßes: Jedes sechste Kind in Deutschland hat während der Pandemie zugenommen, bei den Zehn- bis Zwölfjährigen war es sogar jedes dritte Kind. Das hat zuletzt eine repräsentative Eltern-Umfrage im Auftrag der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) gezeigt. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Ernährung. Doch wie sieht gesunde Ernährung überhaupt aus? Auf was sollten Eltern achten? Diese zehn Tipps hat Ernährungsexpertin Annegret Hager vom Verbraucherservice Bayern in Würzburg.
1. Richtig und ausreichend trinken
Limo, Cola, Eistee - in den vergangenen 50 Jahren hat sich der Konsum von zuckergesüßten Softdrinks aller Art verfünffacht. "Für Kinder sind diese Getränke besonders schädlich, weil sie sehr viel Zucker enthalten", sagt Annegret Hager. Genug zu trinken ist wichtig. Kleinkinder sollten täglich etwa einen Liter trinken, Schulkinder bis zu 1,5 Liter. "Ideale Durstlöscher sind stilles Wasser, Mineralwasser und ungesüßte Kräuter- oder Früchtetees", sagt die Ernährungsexpertin. Auch stark verdünnter Obstsaft im Verhältnis 1:3 oder 1:4 sei zwischendurch okay.
2. Regelmäßig essen
Mehrere Untersuchungen bestätigen: Wer viele kleine statt drei große Hauptmahlzeiten isst, nimmt im Schnitt insgesamt mehr Kalorien auf. Zudem steigt bei jeder noch so kleinen Nahrungsaufnahme der Blutzuckerspiegel, die dadurch ausgelöste Insulinausschüttung bremst die Fettverbrennung aus. "Wichtig sind daher regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten mit Essenspausen zwischendurch", sagt Hager. Die Eltern sollten darauf achten, dass die Portionen für die Kinder nicht zu groß sind. Und: Langsam-Essern soll man die Zeit lassen, die sich brauchen, und Ablenkungen am Tisch vermeiden. Wenn Kinder zwischendurch einen kleinen Snack brauchen, dann empfiehlt Hager frisches Obst oder Naturjoghurt mit Früchten.
3. Selbst und frisch kochen
Steigende Lebensmittelpreise stellen viele Familien vor wirtschaftliche Herausforderungen. Fertigprodukte aber enthalten häufig nicht nur viele ungesunde Inhaltsstoffe, sondern sind auch teurer als eine selbst gekochte Mahlzeit. Daher rät die Ernährungsberaterin: "Kochen Sie möglichst viel selbst, am besten saisonal und regional und je nach Situation auch mal mit den Kindern zusammen." Welches Obst und Gemüse gerade Saison hat, erfährt man auf dem Saisonkalender des Bundeszentrums für Ernährung (www.bzfe.de).
4. Viel Gemüse und Obst anbieten
"Auf jeden Fall sollte man zu jeder Hauptmahlzeit eine gute Portion Gemüse, Salat oder Obst zum Nachtisch einplanen", rät die Ernährungsexpertin. Frisches Gemüse und Obst liefern nicht nur Vitamine und Mineralstoffe, sondern auch sekundäre Pflanzenstoffe, die Körper und Darm gesund halten. "Bieten Sie Kindern am besten mehrmals am Tag Obst und Gemüse an. Gerne mundgerecht geschnitten und als Fingerfood, das mögen Kinder besonders."
5. Weniger Fleisch und Wurst verzehren
Etwas Fleisch und Wurst sind für die Ernährung von Kindern okay, sagt Hager. Aber es gebe Einschränkungen: "Zwei bis drei kleine Fleischmahlzeiten in der Woche sind genug, sonst kommen zu viele tierische Fette auf den Teller. Ein kleines, mageres Stückchen Fleisch und eine große Portion Gemüse dazu Kartoffeln, Reis oder Nudeln bieten den besten Nährstoff-Mix." Ihre Empfehlung: Bei Wurst-Aufschnitt lieber auf magere und ungeräucherte Sorten zurückgreifen.
6. Vollkorn bevorzugen
Zum Frühstück mögen Kinder gerne Müsli aus Haferflocken, Obst und Joghurt mit Milch oder einem Pflanzendrink. "Auch fein gemahlenes Vollkornbrot schmeckt mild und ist bekömmlich", sagt Hager. Bei Kuchen- oder Pizzateig könne man helles Mehl mit Vollkornmehl mischen. Auch Nudeln gibt es in Vollkorn-Varianten.
7. Alternativen zu Chips und Süßigkeiten
Man darf sich und den Kindern ruhig etwas gönnen, sagt die Expertin. Verbote würden nur zu noch mehr Lust auf Süßigkeiten führen. "Wichtig ist, dass man Snacks für Kinder portioniert und nicht gleich die ganzen Tüten mit vor den Fernseher nehmen lässt." Chips, Gummibärchen oder Schokolade dann bitte nicht mehr nachfüllen. Denn: "Die Menge macht's." Gesünder sei, statt Chips eine kleine Handvoll Nüsse oder Mandeln am besten ohne Salz zu naschen. Oder ein Naturjoghurt mit etwas Honig oder Marmelade. Hagers Tipp: "Immer frisches Obst zu Hause haben."
8. Auf ausreichend Bewegung achten
Am einfachsten sei es, Bewegung in den Familienalltag zu integrieren. "Gehen Sie zu Fuß in die Schule und zur Arbeit oder nehmen Sie das Fahrrad", sagt die Ernährungsexpertin. "Kinder haben einen natürlich Bewegungsdrang, man darf ihn nur nicht unterbinden." Das einfachste sei, viel spazierenzugehen, auf den Spielplatz oder in den Wald zu gehen oder im Sommer schwimmen – da kommen Kinder ganz von alleine in Bewegung.
9. Gesundes Schulessen bestellen
"Auch Schulen und Kitas spielen bei einer gesunden Ernährung eine tragende Rolle", sagt Hager. Viele Caterer orientierten sich beim Schulessen an den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und garantieren eine hohe Qualität. Aus ihrer Sicht ist es deshalb wichtig, dass möglichst viele Schülerinnen und Schüler und auch Lehreinnen und Lehrer am Essen in den Schulmensen teilnehmen, anstatt sich Süßes und Ungesundes zu kaufen. Auch eine einladende Essumgebung spiele eine Rolle.
10. Essen nicht ständig zum Thema machen
Das Ziel für die ganze Familie sollte ein entspanntes Verhältnis zum Essen sein. Denn Essen sollte seinen genussvollen Charakter behalten, empfiehlt Hager. "Lassen Sie die Kinder über den Speiseplan mitentscheiden. Feiern und Spaß sollen nicht zu kurz kommen!"