Was haben der Schutz der Bienen mit dem deutschen AstronautenAlexander Gerst und der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg zu tun? Auf den ersten Blick nichts, auf den zweiten sehr viel. Ihr verbindendes Element ist die Sorge um die Umwelt, wie sich in der Sitzung des Kreisausschusses zeigte. Dort ließ Landrat Thomas Haberman zu Beginn der ersten Sitzung eines Kreisgremiums in diesem Jahr zwei Videos mit Reden von Gerst und Thunberg abspielen.
Gerst entschuldigte sich auf der Internationalen Raumstation ISS, kurz bevor er wieder zur Erde zurückkehrte, bei den noch ungeborenen Enkel für den schlechten Zustand, in dem seine Generation die Erde voraussichtlich an die nachfolgenden übergeben wird. Jeder müsse sich an die eigene Nase fassen und alles dafür tun, damit unser Planet auch den Nachkommen eine gute Lebensgrundlage biete. Und die 16-jährige Klimaaktivistin Greta Thunberg wusch den Teilnehmern beim Weltwirtschaftsforum den Kopf, weil zwar viel über das Klima geredet werde. Aber es passiere nichts zur Verbesserung. So werde den Kindern die Zukunft gestohlen.
Motto für die Arbeit 2019
Jeder möge über das Gehörte nachdenken. Es könne so etwas wie das Motto für die Arbeit des Kreistags und seiner Gremium im gerade begonnen Jahr sein, sagte Habermann. Und dann ging es auch gleich um einen Antrag der Grünen, der genau zu diesem Thema passte. Da kamen die Bienen ins Spiel, denn in dem Antrag bat die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen um die Unterstützung des Ausschusses für das Volksbegehren "Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern - Rettet die Bienen", für das am Donnerstag, 31. Januar, die zweiwöchige Eintragungsfrist beginnt. Begründet war der Antrag unter anderen damit, dass die Forderungen des Volksbegehrens im Einklang mit den bisherigen Bestrebungen des Landkreises stünden, wie gentechnikfreier Landkreis, Ökomodellregion, Ansiedlung eines Biodiversitätszentrums in Bischofsheim, und sie ideal ergänzen. Zwar sei die Unterstützung durch den Kreisausschuss nur ideell, aber ein gutes Zeichen, so Fraktionssprecherin Birgit Reder-Zirkelbach.
Ökomodellmanagerin Corinna Ullrich legte mit einer Präsentation die Grundlage für die anschließende intensive Diskussion. Sie stellte anhand von Daten des Bundesamts für Naturschutz dar, dass die genetische Vielfalt massiv zurückgegangen ist, dass viele Arten inzwischen bereits verloren gegangen seien. Die Insekten, um deren Schutz es bei dem Volksbegehren gehe, seien mit 70 Prozent aller Tierarten weltweit "kleine Tieren mit großer Wirkung" und für die biologische Vielfalt unersetzlich - sowohl als Nahrungsgrundlage für andere Tiere, wie auch für die Bestäubung von Pflanzen. Und sie seien natürliche Schädlingsbekämpfer.
76 Prozent weniger Insekten
Von 1989 bis 2104, so Ullrich, ist nach den Zahlen des Bundesamtes Biomasse, also die Menge anInsekten, um 76 Prozent zurückgegangen, die der Großschmetterlinge um 56 Prozent. Über die Hälfte der Wildbienenarten sei gefährdet. Eine der Folgen: seit 1980 haben die Feldvögel um 56 Prozent abgenommen, weil Insekten als Nahrung fehlen. Gründe für den Insektenrückgang sind laut Bundesamt unter anderem der Rückgang an Hecken und Streuobstwiesen, mehr Pflanzenschutzmittel, aber auch das Verschwinden von Lebensräumen durch die Vergrößerung der Verkehrs- und Siedlungsflächen, oder die Lichtverschmutzung.
"Dass es den Artenschwund gibt, das steht fest", sagte Habermann. Die Frage sei, wer dafür verantwortlich ist. Da stehe die Landwirtschaft im Fokus, doch die sei es sicher nicht allein. Die Klimaerwärmung, die Luftverschmutzung oder der Lichtsmog trügen sicher ebenfalls ihren Teil dazu bei. Den Schutz der Insekten und den Erhalt der Artenvielfalt sieht Habermann als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wie er sieht auch Birgit Reder-Zirkelbach das Volksbegehren nicht als Angriff gegen die Landwirtschaft. Es seien alle gefordert, nicht nur die Bauern, so Egon Friedel. Auch Kleingärtner sollten darauf achten, wie sie ihre Flächen bewirtschaften.
Auflagen für Landwirte
Friedrich Spatz, erklärte, dass er als Landwirt zum großen Teil hinter dem Anliegen des Volksbegehrens stehe, auch wenn das Auflagen für Landwirte bedeute. Er wies aber auch darauf hin, dass die Landwirtschaft schon starken Reglementierungen unterliegt. Dazu erklärte Habermann, es dürfe nicht sein, dass einer Berufsgruppe die ganze Last auferlegt werde. Im Zweifel müsse es dann halt eben Ausgleichszahlungen geben.
Eberhard Streit sprach von einer guten Diskussion. Aber auch wenn er inhaltlich nicht dagegen sei, könne er sich nicht dazu durchringen, einer Unterstützung des Kreisausschusses für das Volksbegehren zuzustimmen. Das sei nicht Sache eines Kreisgremiums. Den Menschen zu empfehlen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, findet er gut, doch entscheiden müsse jeder für sich selbst. Bruno Altrichter bedankte sich für die Aufarbeitung des Thema durch die Ökomodellmanagerin, doch auch er tat sich schwer damit, dass das Kreisgremium als Unterstützer auftreten soll.
Ganz anders stellvertretender Landrat Peter Suckfüll. Er sagte: "Das ist wichtig für uns alle. Es geht darum, Flagge zu zeigen." Und Udo Baumann bezog sich auf die Rede von Greta Thunberg: "Es wird zu viel geredet, wir müssen handeln."
Knapp dafür
Am Ende entschied sich der Kreisausschuss ganz knapp mit einer Mehrheit von 6:5 Stimmen dafür, das Volksbegehren "Rettet die Bienen" zu unterstützen, allerdings mit einigen zusätzlichen Hinweisen. Unter anderem, dass die Bekämpfung des Artenrückgangs eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, die nicht allein der Landwirtschaft aufgebürdet werden darf, dass eine zwangsweise Umstellung von konventioneller auf ökologische Bewirtschaftungsweise niemals zielführend und Sonderbelastungen für die Landwirte möglichst zu vermeiden oder andernfalls zu entschädigen seien. Außerdem hob der Kreisausschuss ausdrücklich die vorbildliche Zusammenarbeit auf Ebene des Landkreises zwischen dem Bauernverband und den Naturschutzverbänden hervor.