Der Öko-Landbau ist für Corinna Ullrich eine Herzensangelegenheit. „Jeder Bioacker ist ein guter Acker“, sagt die neue Projektmanagerin der Ökomodellregion Rhön-Grabfeld – nicht ohne ein Schmunzeln. Denn als Hardlinerin versteht sich die 36-jährige Coburgerin natürlich nicht, auch wenn die Ökologisierung der Landwirtschaft ihr erklärtes Ziel ist.
Umso glücklicher ist Ullrich über ihren neuen Wirkungskreis, den Landkreis Rhön-Grabfeld: Mit 119 von 986 Höfen und rund 11,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche steht die ökologische Landwirtschaft dort schon vergleichsweise gut da. Deutschlandweit erreicht der Ökolandbau nur einen Flächen-Anteil von knapp sieben Prozent.
Seit Anfang April im Amt
Wenn es nach Ullrich geht, sollen bis Ende 2020 – solange wird die Ökomodellregion Rhön-Grabfeld und damit auch ihre Stelle gefördert – noch einige mehr Landwirte auf Ökolandbau umstellen. Das ist aber nur eines von diversen Zielen, die die Projektmanagerin seit Anfang April in Rhön-Grabfeld verfolgt.
Im Frühsommer 2017 hatte ihr Vorgänger Kai Schmidt gekündigt, vorübergehend übernahm damals die Stabstelle Kreisentwicklung das Management. Als Ende 2017 klar war, dass die Förderung für die Ökomodellregion um drei Jahre verlängert wird, wurde das Management neu ausgeschrieben. Und Ullrich bewarb sich.
Zuvor Projektmanagerin im Ilzer Land
In Sachen Ökomodellregion kennt sich die 36-Jährige aus. Über zwei Jahre arbeitete sie als Projektmanagerin im Ilzer Land am Rand des bayerischen Walds, in einer Region mit relativ geringem Öko-Betriebs-Anteil. Interessant sei es gewesen, dort Projekte zu initiieren, richtig „heimisch“, gesteht Ullrich, sei sie im Süden aber nicht geworden.
In Rhön-Grabfeld soll das anders werden. Studiert hat die Coburgerin Ökologische Landwirtschaft an der Uni Kassel/Witzenhausen. Sie selbst stammt zwar nicht aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, aufgewachsen sei sie aber auf dem Land, wo man eben noch die Milch vom befreundeten Bauern holt und in der Nachbarschaft zum Reiten geht.
Auszeit auf der Alm
Während und nach dem Studium arbeitete sie auf diversen Bio-Höfen, Almen und leistete Betriebshilfe. Auch diesen Sommer wird sie für zwei Monate in Sachen Modellregion pausieren und auf einer Alm in der Schweiz Kühe und Rinder zu hüten und Käse produzieren. Das hatte sie schon zugesagt, bevor sie um ihr derzeitiges Engagement in Bad Neustadt wusste.
Prinzipiell, erzählt die vielseitig Interessierte, die in ihrer Freizeit beispielsweise gerne malt, wäre für sie auch ein Einstieg in die praktische Landwirtschaft denkbar gewesen. Es habe sich aber anders ergeben. Sie freue sich jedenfalls, künftig wieder näher bei Familie und Freunden in Coburg und Kassel arbeiten zu dürfen.
„In der Rhön müsste man leben“
Rhön-Grabfeld kennt sie ansatzweise aus ihrer Zeit als freiberufliche Öko-Auditorin, als sie im Rahmen von Zertifizierungsverfahren Bio-Betriebe besuchte. „Boah, ist das schön hier“, hatte sie schon damals gedacht, als sie ab und an mit dem Auto durch die Rhön fuhr, „da müsste man leben“. Seit Anfang April tut sie das.
Privat untergekommen ist Ullrich in Schönau, beruflich sitzt die Ökomodellregions-Managerin am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt. Angedockt ist ihre Stelle nach wie vor an der Stabstelle Kreisentwicklung, inhaltlich arbeitet sie natürlich eng mit dem Landwirtschaftsamt zusammen.
Mit der Region in Kontakt treten
Kommunikation ist überhaupt eine von Ullrichs Hauptaufgaben. Wer Ideen, Anregungen, Hinweise oder Fragen habe, möge sich mit ihr in Verbindung setzen, bittet Ullrich, die derzeit noch keine großen Projekte schmiedet, sondern zunächst einmal nach und nach die Akteure der Region kennenlernt.
Prinzipielles Ziel sei es, noch mehr Verbraucher für Bio-Lebensmittel zu sensibilisieren sowie das Interesse in Kantinen und Schulen für Bio-Produkte zu wecken. Auch Gastwirte, Metzger und Bäcker, die sich eine teilweise Umstellung in kleinen Schritten auf den Biobereich vorstellen können, sollen in ihr einen Ansprechpartner finden.
Über reale und vorgestellte Hindernisse
„Ich bin natürlich ein bisschen Romantikerin“, gesteht sie, „vor allem aber bin ich Realistin“. Als solche ist sie überzeugt: „Oft ist das reale Hindernis viel kleiner als das vorgestellte.“ Sie würde sich freuen, wenn möglichst viele mit ihr in den Dialog träten, um am Ende diese Erfahrung zu bestätigen.
Corinna Ullrich erreichen Interessierte am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Tel. (0 97 71) 9 46 91 oder per Mail corinna.ullrich@rhoen-grabfeld.de
Bio-Landwirtschaft in Rhön-Grabfeld
Im Kreis Rhön-Grabfeld sind rund 5803 Hektar Fläche auf ökologischen Landbau umgestellt – von insgesamt 50 279 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche. Im Jahr 2010 waren 3059 Hektar Fläche auf ökologischen Landbau umgestellt – von insgesamt 48 129 Hektar. Das ermittelte kürzlich der Zeitungsdienst Südwest.
Umgerechnet werden also rund 11,5 Prozent der Rhön-Grabfelder Fläche ökologisch bewirtschaftet. 119 Höfe von insgesamt 986 sind es, die ganz oder teilweise auf den Bio-Anbau setzen, in ganz Bayern sind es 7433, in ganz Deutschland insgesamt 19 901, das hat die aktuelle Landwirtschaftszählung ergeben, die im dreijährigen Turnus erfolgt.
Die 119 Rhön-Grabfelder Bio-Höfe verfügen zusammen über rund 6.605 Hektar. Auf 5.803 Hektar Fläche davon betreiben sie bereits mehrere Jahre lang Ökoanbau. Bundesweit werden rund 1,135 Millionen Hektar nach den Vorgaben des ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Gemessen an der kompletten landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands (16,7 Millionen Hektar), hat der Ökolandbau einen Anteil von rund 6,8 Prozent. (zds)