zurück
Bad Neustadt
Einstieg in eine Zukunftstechnik: Bad Neustadt auf dem Weg zum Standort für die Produktion von Grünem Wasserstoff
Umfassende Informationen über aktuellen Stand und weitere Planungen für den Bau eines Elektrolyseurs stoßen im Stadtrat auf allgemeine Zustimmung. Wie es weitergeht.
Ein Elektrolyseur könnte künftig in Bad Neustadt Grünen Wasserstoff produzieren. Das Bild entstand in einer ähnlichen Anlage in Wunsiedel. 
Foto: Nicolas Armer/dpa | Ein Elektrolyseur könnte künftig in Bad Neustadt Grünen Wasserstoff produzieren. Das Bild entstand in einer ähnlichen Anlage in Wunsiedel. 
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 21:09 Uhr

Das Thema Energieversorgung ist für Bad Neustadt als Standort vieler Betriebe zentral. Entsprechen wichtig wird es auch im Rathaus genommen. Alleine im öffentlichen Teil der jüngsten Stadtratssitzung wurde rund eine Stunde über den Einstieg in eine Energieform beraten, der enormes Potenzial für die Zukunft vor allem in Hinblick auf Klimaneutralität zugeschrieben wird: Grüner Wasserstoff.

Das Thema stand auf der Tagesordnung, da hier demnächst wichtige Entwicklungen anstehen und auch Entscheidungen des Stadtrats gefordert sein könnten. Schließlich hat eine Studie erwiesen, dass Bad Neustadt als Standort für eine großtechnische Produktion von Grünem Wasserstoff gut geeignet ist, wie ein über dieses Ergebnis offensichtlich sehr zufriedener Bürgermeister Michael Werner in das Thema einführte.

Bad Neustadt als günstigster Standort für einen Elektrolyseur

Der Macher der Studie, Dr. Rainer Saliger, Projektentwickler für dezentrale Energiesysteme bei Siemens, stellte nicht nur deren Ergebnisse, sondern auch das mögliche weitere Vorgehen gemeinsam mit dem Leiter der Stadtwerke, Ulrich Leber, vor. Die Idee hinter dem Projekt ist, nicht benötigten Strom von Windparks und Solaranlagen mit einem Elektrolyseur in grünen Wasserstoff umzuwandeln. Diesen könnte die heimische Industrie abnehmen, um Erdgas zu ersetzen und CO₂-frei zu werden. Wasserstoff könnte in das Erdgasnetz eingespeist, als Treibstoff für Lkw verwendet oder wieder verstromt werden. Über die Abwärme der Anlage könnte auch ein Wärmnetzwerk betrieben werden.

In der Studie wurde nicht nur geprüft, ob in den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen in absehbarer Zeit ausreichend erneuerbare Energie zur Verfügung steht, um genügend Wasserstoff zu produzieren, sondern auch, welche Standorte für einen Elektrolyseur geeignet wären. Die erste Frage beantwortete Saliger mit einem Verweis auf erwartete hohe Zuwächse bei der Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne mit einem Ja. Als günstigster Standort wurde Bad Neustadt ermittelt, da hier ein Verbrauchsschwerpunkt für Energie liegt, Gas- und Stromnetz samt Umspannwerk ebenso vorhanden sind, wie Industriebetriebe oder eine große Spedition als mögliche Abnehmer.

Bis zu fünf Millionen Euro Förderung vom Wirtschaftsministerium

Der Elektrolyseur könnte nördlich der B 279 in der Theodor-Jopp-Straße im Gewerbegebiet Am Altenberg errichtet werden. Wie Ulrich Leber erläuterte, ist an eine Fünf-Megawatt-Anlage gedacht, mit der pro Jahr 600 Tonnen Wasserstoff erzeugt werden können. Sie soll so angelegt werden, dass sie bei Bedarf erweitert werden kann.

Dass es bis dahin aber noch ein weiter Weg ist, machten die beiden Referenten deutlich. Der nächste Schritt ist die Einreichung einer Förderskizze beim Bayerischen Wirtschaftsministerium. Es ein Förderprogramm aufgelegt, mit dem pro Landkreis ein Elektrolyse-Standort unterstützt werden kann. Der Antrag ist Anfang August einzureichen. Falls Bad Neustadt damit erfolgreich ist, wäre eine Förderung von bis zu fünf Millionen Euro zu erwarten.

Nicht zuletzt, weil er bereits mehrere Vorhaben in ähnliche Förderprogramme gebracht hat, erhielt Siemens-Projektentwickler Saliger den entsprechenden Auftrag von den Stadtwerken. Entscheidend sei nun, dass sich Akteure zusammenfinden, die ein schlüssiges Konzept für die Antragstellung entwickeln, beschrieb er sein Vorgehen. Entsprechend hätten intensive Gespräche mit Unternehmen aus Industrie, Logistik sowie Gas- und Wärmeversorgung begonnen, um deren Bedarf und Anforderungen zu klären.

Investitionssumme zwischen 15 und 20 Millionen Euro

Für den Förderantrag wurde die Unterstützung wichtiger Akteure wie dem Landratsamt eingeholt. Als bedeutsam wurde gewertet, dass die TH Würzburg-Schweinfurt das Projekt bei der Entwicklung eines H2-Clusters unterstützen will. Zudem habe der Verein M-E-Nes signalisiert, seinen Wirkungskreis über die Elektromobilität hinaus auf die Themen Energienetze der Zukunft, einschließlich Wasserstoff, auszudehnen.

Nach dem Einreichen des Antrags sind entscheidende Schritte erforderlich. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen ermittelt und ein Finanzierungskonzept erstellt werden. Bei der Anlage wird mit einer Investition von 15 bis 20 Millionen Euro gerechnet. Ein kritischer Punkt ist für Leber auch die Akquise des Investoren- und Betreiberkonsortiums für die Errichtung der nötigen Gesellschaft, während gleichzeitig Lieferverträge abgeschlossen werden müssen, um Lieferketten für den Betrieb sicherzustellen. Dabei ist auch zu klären, ob die Stadt oder die Stadtwerke sich an der Betreibergesellschaft beteiligen.

Rainer Saliger, Projektentwickler für dezentrale Energiesysteme bei Siemens, hat die Machbarkeitsstudie für die Elektrolyseanlagen erstellt. Das Bild zeigt ihn bei der Vorstellung der Studie im März.
Foto: Josef Lamber | Rainer Saliger, Projektentwickler für dezentrale Energiesysteme bei Siemens, hat die Machbarkeitsstudie für die Elektrolyseanlagen erstellt. Das Bild zeigt ihn bei der Vorstellung der Studie im März.

Der weitere Zeitplan sieht vor, dass Ende des Jahres mit dem Bescheid über die Förderung zu rechnen ist. Mitte 2025 steht dann die grundsätzliche Entscheidung an, ob das Projekt umgesetzt werden soll. Dann könnte die Planungs- und Genehmigungsphase starten, für die Saliger mit etwa 1,5 Jahren rechnet. Nach einem Jahr Bauzeit könne die Anlage Mitte 2027 anlaufen. Dann sollten sich auch schon die Rotoren im Bildhäuser Forst drehen und den Strom liefern.

Standortvorteil für die heimische Wirtschaft

Aus den verschiedenen Fraktionen des Stadtrats kamen neben technischen Fragen nur positive Reaktionen. Man war sich einig, dass das Projekt zukunftsweisend ist und auf jeden Fall weiterverfolgt werden sollte, wie Bastian Steinbach anregte. Die Kapazität der Anlage sei ausreichend für den zunächst gemeldeten Bedarf, lautete die Antwort auf die entsprechende Frage von Johannes Benkert.

Einen wunden Punkt sprach Gerald Pittner an, als er nach einer möglichen Konkurrenz zu Münnerstadt als Standort fragte. Allerdings wies Rainer Saliger hier darauf hin, dass die beiden Standorte sich in einem möglichen Wasserstoff-Cluster sogar ergänzen könnten. Als entscheidend wurde gesehen, wie es Rita Rösch und der Bürgermeister Michael Werner formulierten, dass damit heimischen Betrieben – gerade in der aktuellen Situation – ein Standortvorteil beim Thema Energie verschafft und damit ein Stück Standortsicherheit erreicht werden kann. 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Neustadt
Thomas Pfeuffer
Bastian Steinbach
Bürgermeister Michael Werner
E-Fahrzeuge und E-Mobilität
Gerald Pittner
Johannes Benkert
Landratsamt Bad Kissingen
Rita Rösch
Siemens AG
Speditionen
Stadt Bad Neustadt
Standorte
Stromnetze
Ulrich Leber
Wasserstoff
Wirtschaft im Landkreis Rhön-Grabfeld
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Hans-Karl Heil
    Weiß man denn, bei all der Euphorie, woher die gigantischen Mengen an STROM kommen um das Wasser der Saale zu spalten?
    Hauptsache Zuschüsse...und Abnehmer von H2....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Steht im Artikel

    "Die Idee hinter dem Projekt ist, nicht benötigten Strom von Windparks und Solaranlagen mit einem Elektrolyseur in grünen Wasserstoff umzuwandeln...
    einem Verweis auf erwartete hohe Zuwächse bei der Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne mit einem Ja"

    Es handelt sich eher um eine kleine Anlage. Um 600 Tonnen Wasserstoff (Erzeugung etwa 60 kwh/kg) werden etwa 0,04 TWh EE Strom benötigt (6-7 große Windräder). Bayern erzeugt aktuell etwa 40 TWh durch EE.
    https://h2.bayern/infothek/faqs/

    Nur um mal 2 Projekte in der Region zu nennen. Geplant ist ein Windpark mit 18 Windrädern die etwa 0,16 TWh erzeugen. Und weitere 20 Windräder sind auch in Sicht. In ganz Bayern sind lt. Bayerischer Staatsregierung 1000 zusätzliche Windräder bis 2030 geplant. Bayern hat bei der Windkraft viel nachzuholen.
    https://www.br.de/nachrichten/bayern/sechs-orte-ein-ziel-bayerns-groesster-windpark

    So "gigantisch" ist das also nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Karl Heil
    Verstanden!
    Und der Wasserstoff bleibt und hält sich auch vom Sommer in den Winter in der Stahlflasche?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Hab nichts gelesen, das die Menge Wasserstoff (600 Tonnen, sind etwa 0,024 TWh) solange bevorratet werden soll. Grüner Wasserstoff wird in sehr grossen Mengen benötigt.
    "Als günstigster Standort wurde Bad Neustadt ermittelt, da hier ein Verbrauchsschwerpunkt für Energie liegt, Gas- und Stromnetz samt Umspannwerk ebenso vorhanden sind, wie Industriebetriebe oder eine große Spedition als mögliche Abnehmer."

    Aktuell werden mehr als 95% grauer Wasserstoff (etwa 55 TWh) in Deutschland erzeugt. Warum sollte man den Grauen nicht durch Grünen Wasserstoff ersetzen? Zudem steigt der Bedarf bis 2030 auf über 100 TWh

    Als nächstes ist analog zum Erdgasnetz ein Wasserstoffnetz beschlossen.
    https://www.bmwk-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2023/11/Meldung/topthema.html

    Aber auch die ersten Anfänge für private Haushalte gibt es
    https://www.homepowersolutions.de/produkt/
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten