
Seit dem Abschuss einer Wölfin Ende August 2024 in der Langen Rhön, ist es ruhig geworden bei dem so umstrittenen Thema Wolf und Weidetierhaltung im Land der offenen Fernen. Zumindest nach Außen hin. Lediglich Ende September wurde noch ein Nutztierriss nachgewiesen. Allerdings sollen die getöteten Tiere ohne Herdenschutz gewesen sein. Ansonsten gab es seither keine – nachgewiesenen – Angriffe auf Herdentiere.
Was ist nach den Wintermonaten bekannt über die Rhöner Wölfe?
Auch wenn sie sich in jüngerer Zeit unauffällig verhalten haben, klar ist, es leben weiter Wölfe in der Rhön. Das Landesamt für Umwelt (LfU) ist zwar eher zurückhaltend bei seinen Auskünften, dennoch vermeldet es immer wieder Wolfsnachweise, die in jüngerer Zeit über Losung, also den Kot der Tiere, und über Bilder von Wildkameras erfolgen. Klar ist, dass weiterhin zwei Rudel in der Rhön leben. Das Rudel im Truppenübungsplatz Wildflecken existiert seit 2022, das Rudel in der Hohen Rhön seit 2024.
Wie machen sich die Wölfe sonst bemerkbar?
Wölfe ernähren sich bekanntlich weitgehend von Wild. Etwa drei Kilogramm Fleisch am Tag benötigt ein Tier. Entsprechend werden immer wieder – vermutlich von Wölfen gerissene – Wildkadaver entdeckt. Jäger stellen zudem ein völlig verändertes Verhalten der immer scheuer werdenden Wildtiere fest. Der Bestand von (Schalen-) Wild sinke dramatisch, so eine häufig zu hörende Klage.
Sind jetzt verstärkt Wolfsbeobachtungen zu erwarten?
Das ist durchaus möglich. Zwischen Januar und März ist die Paarungszeit der Wölfe. In dieser sogenannten Ranzzeit sind die Tiere besonders aktiv. Oft verlassen junge Wölfe gerade dann ihr Familienrudel, um sich ein eigenes Territorium zu suchen. Unerfahrene Jungtiere legen dabei nicht nur weite Strecken zurück, sondern sind oft neugierig. Entsprechend werden sie in dieser Zeit immer wieder in der Nähe von oder sogar in Ortschaften gesehen.

Was weiß man über das Rudel auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken?
Das Rudel auf dem Truppenübungsplatz gilt als sehr unauffällig. Offenbar haben die Wölfe dort gelernt, Herdenschutz zu akzeptieren. Im vergangenen Jahr wurde zum dritten Mal Nachwuchs registriert. Mindestens zwei Welpen wurden fotografisch erfasst. Auch wenn bereits mehrere Jungtiere, meist im Straßenverkehr, ums Leben kamen, ist das Rudel weiter recht groß. So vermeldet das LfU Nachweise von bis zu zehn Wölfen zwischen September 2024 und Januar 2025.
Was ist aktuell über das Rudel in der Hohen Rhön bekannt?
Seit der Tötung einer Wölfin Ende August 2024 in der Hohen Rhön, die gar nicht zum dortigen Rudel gehörte, sind die Wölfe in diesem Bereich kaum noch aufgefallen. Anhand von Fotos wurden bis in den Februar hinein immer wieder einzelne Wölfe und Welpen nachgewiesen. Nachdem hier im September vier Welpen von einer Wildtierkamera erfasst wurden, gelang es in den folgenden Monaten, drei männliche Jungtiere genetisch zu individualisieren. Als deren Elterntiere wurden die Problemwölfin mit der Kennung GW3092f und ihr männlicher Partner (GW3519m) ermittelt. In der Folge wurde das Vatertier noch mehrfach erfasst, ein weiterer Wolf wurde ebenfalls nachgewiesen. Über diesen fehlen allerdings genauere Angaben. Damit stellt sich die Frage nach dem Muttertier.
"Wo ist Frigga?"
Diese Frage stellte der Verein Wolfschutz Deutschland, als Namensgeber des Muttertiers. Die Problemwölfin mit der genetischen Kennung GW3092f ist seit 25. Juli nicht mehr aufgefallen. Sie hatte zunächst zahlreiche ungeschützte Weidetiere gerissen, wurde so offensichtlich auf Nutztiere konditioniert und hatte dabei auch gelernt, Schutzzäune zu überwinden. Nach einer ganzen Serie von Übergriffen auf Weidetiere verlor sich ihre Spur. Nun gibt es viele Spekulationen, aber keinerlei Beweise über ihren Verbleib. Allgemein wird davon ausgegangen, dass das Tier nicht mehr lebt. Bei der Vielzahl von Risiken und der dadurch bedingten hohen Sterblichkeit von Wölfen wäre eine natürliche Todesursache nicht unwahrscheinlich.

Wie entwickelt sich die Diskussion über den Umgang mit Wölfen?
Während sich Wolfsschutz-Organisationen strikt gegen den Abschuss von Wölfen aussprechen, befürwortet selbst der Bund Naturschutz in Bayern die Entnahme von Problemwölfen wie GW3092f, um die Weidetierhaltung gerade in einer Region wie der Rhön nicht zu gefährden. Demnach sind eine gezielte Entnahme von Problemtieren und der konsequente Einsatz von Herdenschutz ausreichend, um ein Nebeneinander von Wolf und Weidewirtschaft zu ermöglichen. Zudem wird darauf verwiesen, dass die Wolfspopulation weitaus langsamer wächst, als das oft behauptet wird. Verschiedene Politiker wie auch Tierhalter und Jäger fordern wegen der angeblich stark steigenden Zahlen eine systematische Reduzierung des Wolfsbestands statt Einzelentnahmen. Dafür sind aber die rechtlichen Voraussetzungen (noch) nicht gegeben.
Wie ist der rechtliche Stand beim Thema Erleichterungen von Wolfsabschüssen?
Das ist ein sehr langwieriges, komplexes und auch juristisch zu führendes Verfahren, das jetzt auf den Weg gebracht wurde. Nachdem im vergangenen Jahr die Bundesregierung dem zugestimmt hat, wurden von der EU-Kommission erste Schritte für ein Absenken des Schutzstatus beim Wolf eingeleitet. Befürworter und Gegner der leichteren Wolfabschüsse rechnen nun aber mit einem Monate, wenn nicht sogar Jahre dauernden Verfahren.
Und die Tierhalter?
Viele von ihnen machen sich weiter Sorgen, auch wenn besonders bei großen Herden Schutzvorkehrungen getroffen wurden. Aktuell sind die meisten Schaf- und Ziegenherden noch in ihren sicheren Winterquartieren. Vor Mitte April oder Anfang Mai werden sie je nach Witterung auch nicht auf die Weiden gebracht. "Wie letztes Jahr wird das Winterfutter bis zum letzten verfüttert", erklärt ein Rhöner Schäfer. Die Weidesaison soll wegen der Angst vor dem Wolf möglichst spät beginnen. Dann müsse man "abwarten und hoffen".
Zu einer Infoveranstaltung über das Thema Wolf unter dem Titel "Unsere Kulturlandschaft in Gefahr", laden der Kreisverband Bad Kissingen des Bauernverbandes, der Verein "Unsere Rhön" und der Bayerische Jagdverband diesen Freitag, 14. März, ab 19 Uhr in die Rhönfesthalle nach Stangenroth ein. Gast ist unter anderem der Präsident des unterfränkischen Bauernverbands und Europaparlamentarier Stefan Köhler. Zudem geben Vertreter aus Friesland und den Niederlanden Informationen über die dortige Wolfssituation.
Was tun, wenn man auf einen Wolf triff?
Ruhe bewahren: Meist reicht es, stehenzubleiben und Blickkontakt zu halten. In der Regel bleibt der Wolf dann auch kurz stehen und zieht sich zurück, wozu er allerdings die Möglichkeit haben muss.
Vertreiben: Wenn einem der Wolf zu nahe erscheint, sollte man sich möglichst groß machen, gestikulieren, klatschen und laut rufen. Auch Gegenstände können in seine Richtung geworfen werden. Dabei sollte man sich langsam zurückziehen.
Begegnung mit Hund: Falls ein Hund dabei ist, sollte man ihn nahe bei sich behalten und ihn in jedem Fall anleinen und sich mit ihm gemeinsam zurückziehen.
Nicht füttern: In keinem Fall darf ein Wolf gefüttert werden.