zurück
Bad Neustadt
Diesen Wunsch hat Rhön-Grabfeld Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger nach München geschickt: Was hinter regioFIT-NES steckt
Einen Fonds für Innovation und Transformation wollen THWS sowie Stadt Bad Neustadt und Landkreis Rhön-Grabfeld nach Bad Neustadt holen. Was ist genau geplant?
Wirtschaftsförderer Jörg Geier (im Bild) ist gemeinsam mit dem neuen Vizepräsidenten der THWS, Jan Schmitt, verantwortlich für das Konzept und die Projektkoordination von regioFIT-NES, einem Fonds für Innovation und Transformation.
Foto: Silvia Gralla | Wirtschaftsförderer Jörg Geier (im Bild) ist gemeinsam mit dem neuen Vizepräsidenten der THWS, Jan Schmitt, verantwortlich für das Konzept und die Projektkoordination von regioFIT-NES, einem Fonds für Innovation und ...
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 19.07.2024 02:40 Uhr

"Du kriegst nur Geld, wenn du auch gute Ideen hast", hatte Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann jüngst beim Besuch des bayerischen Wirtschaftsministers in Bad Neustadt erklärt – und Hubert Aiwanger kurzerhand gleich ein Konzept mit nach München geschickt. "regioFIT-NES" lautet der Titel einer Lösungsstrategie für das von der aktuellen Arbeitsmarktkrise gebeutelte Rhön-Grabfeld. Federführend mit ausgearbeitet hat das Papier Rhön-Grabfelds Wirtschaftsförderer Jörg Geier. Im Interview verrät er Details zum Konzept.

Welches Ziel verfolgt regioFIT-NES, der Fonds für Innovation & Transformation?

Jörg Geier: Die 2010 erfolgreich etablierte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft soll in der Region gestärkt werden. Damals war aus der Siemens-Krise heraus das Technologietransferzentrum für Elektromobilität (TTZ-EMO) als ausgelagerte Forschungseinrichtung der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt in Bad Neustadt entstanden. Die Hochschulaktivität der THWS in Bad Neustadt soll weiter ausgebaut werden, damit die Unternehmen zu breiteren Forschungsfeldern Zugang erhalten und sich neues Knowhow erschließen können. Das Ziel sind dann neue Produkte, die hier Arbeitsplätze schaffen.

Könnte man das Funktionieren von regioFIT-NES an einem Beispiel darstellen?

Geier: Ja. Gemeinsam mit der THWS könnte ein Unternehmen an neuen Komponenten forschen, die Effizienzsteigerungen in der Produktion bewirken. Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse könnten bisherige Produkte gegebenenfalls günstiger produziert werden, was die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellt, oder man verfügt dann über ein Knowhow, das im Bereich des Maschinenbaus für ein neues Produkt nutzbar ist. Am Ende beider Maßnahmen stehen Arbeitsplätze für die Region.

Wird regioFIT-NES eine Institution ähnlich dem TTZ werden?

Geier: Ziel ist die Ausweitung der THWS-Aktivität in Bad Neustadt. Ob hierfür ein neues TTZ im Raum stehen könnte oder die bisherige Struktur ausgeweitet wird, kann erst dann debattiert werden, wenn ein Signal aus München kommt, dass man regioFIT-NES eine entsprechende Strahlkraft zutraut. 

Wer sind die Akteure hinter regioFIT-NES?

Geier: Institutionell die THWS, die Stadt Bad Neustadt und der Landkreis Rhön-Grabfeld, die Unternehmen und, ganz wichtig, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Letztere sind es, die den Fortschritt in Produkte fließen lassen müssen. Landrat Thomas Habermann und Bürgermeister Michael Werner bespielen seitens der Region die politischen Kanäle. Für das Konzept und die Projektkoordination sind aktuell Professor Jan Schmitt, neuer Vizepräsident der THWS, und ich zu nennen. 

Sie sprechen von einem Finanzierungsbedarf mit einem Gesamtvolumen von 50 Millionen Euro? Speist sich die Summe aus konkreten Projekten, die bereits angedacht sind?

Geier: Im Hinblick auf M-E-NES und die Digitale Arena kann man darauf verweisen, dass in der Vergangenheit bereits 23,5 Millionen Euro für ähnliche Projektthemen investiert wurden. Nun gibt es seitens der Unternehmen schon ein paar Gedanken zu möglichen Projektideen und vor allem ein paar Infrastrukturthemen, der in der jüngsten Bad Neustädter Stadtratssitzung erörterte Elektrolyseur ist wohl aktuell das prominenteste.

Wie werden die 50 Millionen finanziert?

Geier: Die Mittel in unserer Skizze sehen wir als staatliche Zuschüsse. Wir gehen von einem Budget aus, das, anders als bei M-E-NES, aus unterschiedlichen Fördertöpfen stammen muss, weil sich die Themen zum Teil doch sehr unterscheiden, aber in der Region zusammenlaufen. Es ist natürlich ein Unterschied, ob ein multinationales Unternehmen, ein innovativer Mittelständler, eine Hochschule oder eine Kommune als Antragsteller fungiert. Das hat Auswirkungen auf die Höhe der Förderquote.

Wie ist der angedachte Förderzeitraum?

Geier: Angedacht ist Oktober 2024 bis Dezember 2029. 63 Monate Laufzeit ist der Standardzeitraum, der für den Hochlauf eines wissenschaftlichen Instituts mindestens angenommen werden sollte. 

Angesprochen wurde beim Besuch des Wirtschaftsministers Aiwanger auch das Thema Wasserstoff. Wäre der in Bad Neustadt geplante Elektrolyseur auch ein Projekt, das im Rahmen von regioFIT-NES gefördert werden soll?

Geier: Für dieses Projekt gibt es grundsätzlich schon eine Förderkulisse, es wäre aber in unserer Situation wünschenswert, wenn die Förderquote der aktuellen Kulisse nach oben korrigiert werden könnte. Insofern ist dieses Projekt ein Teilprojekt der Skizze regioFIT-NES.

Was versteckt sich hinter dem Begriff Kreislaufwirtschaft und welche Rolle soll sie in dem Fond spielen?

Geier: Die Menschheit schmeißt zu viele Rohstoffe weg. In vielen Elektrogeräten stecken seltene Erden, Edelmetalle, wiederverwertbare Chemikalien und Elemente, die man in speziellen Verfahren recyceln und wieder dem Kreislauf zuführen kann. Gegebenenfalls bieten sich hier mit regional tätigen Unternehmen und unserem kreiseigenen Kommunalunternehmen Optionen, neue Möglichkeiten zu erschließen.

Eines der Ziele von regioFIT-NES soll es sein, die Resilienz der Industrie zu steigern. Wie könnte das gehen?

Geier: Industrielle Resilienz zielt darauf ab, Unternehmen widerstandsfähig gegenüber Störungen zu machen, etwa gegenüber wirtschaftlichen Schwankungen, technologischen Umbrüchen oder Naturkatastrophen. Dabei hilft es schlichtweg, mehrere Branchen bedienen zu können. Die Evolution hat gezeigt, dass Generalisten bessere Chancen haben, sich durch Krisen zu manövrieren. 

Die grobe Projektskizze zum Fond für Innovation und Transformation (regioFIT-NES) liegt bereits in München. Detailgespräche mit dem bayerischen Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium sollen laut Rhön-Grabfelds Wirtschaftsförderer Jörg Geier in Kürze folgen.
Foto: Silvia Gralla | Die grobe Projektskizze zum Fond für Innovation und Transformation (regioFIT-NES) liegt bereits in München. Detailgespräche mit dem bayerischen Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium sollen laut Rhön-Grabfelds ...
Was verbirgt sich hinter den Begriffen Montage- und Handhabungstechnik, die als Fond-Ziele benannt sind?

Geier: Es geht in diesem Bereich um Zuführ-, Greif- und Fügebewegungen, also technische Hilfsmittel für Produktionsstraßen. Maschinenbaukomponenten wie beispielsweise Förderbänder sind häufig noch mechanisch. Letztlich zielen Projektideen darauf ab, diese intelligenter und digitaler zu machen. Dieser Aspekt des Maschinenbaus ist in Rhön-Grabfeld bereits stark ausgeprägt, zielt bislang aber stark auf die Bedarfe der Automobilindustrie. Eine Erweiterung auf andere Branchen könnte diese regionale Kompetenz nicht nur stabilisieren, sondern sogar zu einem Wachstum anhalten. Hier bietet sich großes Potenzial für zusätzliche Arbeitsplätze.

Wäre auch das Thema Ertüchtigung des 110-kV-Netzes eine Anstrengung, die innerhalb des Fonds angesiedelt werden könnte? 

Geier: Die Verbesserung des 110kV-Netzes ist ein Thema, das auch jenseits der Konzeptskizze überregional ein unzureichend bearbeitetes Projekt ist. RegioFIT-NES erwähnt das vorgelagerte Netz, die Mittel werden aber nicht mit eingepreist. Hier muss die bundesweite Netzplanung harmonisiert und vor allem finanziert werden.

Welche Arbeitsplatz-Potenziale werden durch regioFit-NES gesehen?

Geier: Wir können hier keine Zahlen benennen. Kurzfristig wird das Konzept nicht ausreichen, um 800 Arbeitsplätze zu schaffen, aber es schafft mittel- und langfristige Perspektiven. Es hängt davon ab, wie erfolgreich die unternehmerischen Projekte vom Markt nachgefragte Produkte hervorbringen.

Wie geht es nun weiter im Prozess zur Etablierung eines derartigen Fonds? 

Geier: Wir müssen nun in den Austausch mit dem Wirtschafts- und dem Wissenschaftsministerium. Die Terminkoordination für unseren München-Besuch ist im Gange.

Zur Person

Jörg Geier treibt seit 2008 als Wirtschaftsförderer des Landkreises Rhön-Grabfelds Entwicklungsthemen voran, seit 2012 leitet der gebürtige Mittelhesse aus Wetzlar die Stabsstelle Kreisentwicklung am Landratsamt Rhön-Grabfeld. Im Januar 2024 wurde die Stabstelle zur Abteilung Kreisentwicklung aufgewertet, der das Büro des Landrats, die Projektkoordination sowie die Bereiche Förderung, Medienkommunikation, Kulturagentur, ÖPNV und nachhaltige Regionalentwicklung angegliedert sind. Der 47-Jährige ist verheiratet, Vater zweier Kinder und wohnt in Bad Neustadt.
Quelle:ir
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Neustadt
Ines Renninger
Bürgermeister Michael Werner
Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt
Hubert Aiwanger
Institute
Jörg Geier
Landratsamt Rhön-Grabfeld
Multinationale und internationale Unternehmen
Stadt Bad Neustadt
Thomas Habermann
Wettbewerbsfähigkeit
Wirtschaft im Landkreis Rhön-Grabfeld
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top