
Manchmal enden auch schier unendliche Geschichten: Am Samstag, 15. Oktober, öffnet Familie Jahrsdörfer aus Heustreu letztmals ihren 24-Stunden-Regionalladen im Dorfgemeinschaftshaus in Willmars. Ihre weitere Filiale in Oberleichtersbach haben Elena und ihr Vater Hubert Jahrsdörfer bereits Ende letzten Jahres geschlossen. Der Stammladen, das "Höschter Bauernlädle" in Heustreu, bleibt hingegen weiterhin geöffnet.
Große Anstrengungen wurden vor allem im letzten Jahrzehnt unternommen, den Dorfladen als Nahversorgungseinrichtung in der Gemeinde Willmars zu erhalten. Bürger, Gemeinderatsmitglieder, einzelne Kleinunternehmer engagierten sich immer wieder. Am Ende scheiterten alle Versuche an einem Fakt: Trotz zahlreicher Mithelfer wurde der Laden von der Bevölkerung nicht richtig angenommen.

Laden in Willmars wurde zu wenig angenommen
"Es reicht eben nicht, allein davon zu sprechen, einen Dorfladen zu wollen und am Ende doch zu Aldi zum Einkaufen zu fahren", sagt Willmars' Bürgermeister Reimund Voß auf Anfrage. Von den Touristen allein, die vor allem Grillfleisch und Eis kauften, könne man dauerhaft nicht leben, berichtet Inhaberin Elena Jahrsdörfer. Ihre Stammkunden seien Auswärtige gewesen. Im Ort sei der Laden letztlich nicht ausreichend angenommen worden.
Gebaut wurde das Dorfgemeinschaftshaus 1964 als "Haus der Bäuerin". Ziel war es damals, den armen Rhön-Dörfern Kühlschränke zur Verfügung zu stellen, blickt Bürgermeister Voß zurück. Nachdem sich auch die Rhöner Privathaushalte eigene Kühlmöglichkeiten leisten konnten, stand das Gebäude rund 20 Jahre lang leer. In den 90er-Jahren wurde dann ein Dorfladen eingerichtet.

Verschiedene Betreiber führten den Dorfladen von Willmars
Die ersten Jahre betrieb die Gemeinde selbst den Dorfladen als "dickes Minusgeschäft". Verschiedene Betreiber folgten. Es war über die Jahre ein steter Kampf, das Projekt am Leben zu erhalten. Der frühere Dorfladenbesitzer Werner Palancares etwa wandte sich 2019 mit einem Brandbrief an die Bevölkerung und forderte die Willmarser auf, die Einrichtung stärker zu nutzen. Offenbar erfolglos. Die Gründung einer Unternehmensgesellschaft war zwischenzeitlich ebenso im Gespräch wie ein Verein als Betreiber.
Eineinhalb Jahre ist es nun her, dass die Jahrsdörfers den Dorfladen übernahmen, im Mai 2021 wurde Eröffnung gefeiert. Diesen Samstag ist dann wieder Schluss. Auf die letzten verbliebenen Produkte gibt es bis dahin 50 Prozent Rabatt.
Zwei Direktvermarkter versorgen die Bevölkerung in Willmars
Hauptprodukt der in der Landwirtschaft tätigen Familie Jahrsdörfer ist deren Rinderherde aus Hochlandrindern und Angus, die das ganze Jahr auf Rhönwiesen zubringen. Verarbeitet wird das Fleisch in der eigenen Metzgerei. Künftig setze man nun vermehrt auf den Direktverkauf über Wochenmärkte im extra angeschafften Verkaufsanhänger, berichtet Elena Jahrsdörfer.
Der Willmarser Bürgermeister, der über viele Jahre diverse Rettungsversuche des Dorfladens mitgetragen hat, sieht die Situation inzwischen gelassen: Kein Dorfladen sei auch nicht der Untergang des Dorfes. Knapp 400 Einwohner hätten einfach nicht genug Kaufkraft für drei Selbstvermarkterläden im Ort.
Denn abgesehen vom Dorfladen verkauft in Willmars auch die Familie Hofmann in ihrem "Lädle" auf dem Kreuzhof und André Nöthling in seinem 24-Stunden-Selbstbedienungsladen auf dem Sonnenhof landwirtschaftliche Erzeugnisse im Direktverkauf. Das Gebäude des Dorfgemeinschaftshauses werde, wie jetzt teils auch schon, künftig als Lagerraum für den Gemeindebauhof genutzt.