
In der traditionellen Backstube der Bäckerei Klüpfel in Herschfeld wird bereits seit einigen Stunden gearbeitet. Während zwei Mitarbeiterinnen Vanillekipferl formen, blickt Rainer Klüpfel auf eine große, weiße Platte. Es handelt sich um mehrere Schichten von Oblaten – circa zwei Zentimeter hoch– bestrichen mit einer Schokoladenmasse, aus der der Bäcker routiniert kleine, rautenförmige Plätzchen schneidet. Die Heinerle, je nach Region auch Heinerli oder Heinerla genannt.
Doch das Schneiden ist gar nicht so einfach, denn aufgrund der Konsistenz braucht es dazu Kraft. "Eine Freundin von mir hat sogar schon einmal ein Fleischermesser zum Schneiden der Heinerle verwendet", sagt Stephanie Klüpfel, die ihren Mann seit fast 40 Jahren in der Familienbäckerei unterstützt, lachend.
Generell würden Heinerle aufgrund der einzelnen Schichten "immens viel Arbeit" machen, deshalb gebe es laut der 62-Jährigen nur noch wenige Bäckereien, in denen es sie zu kaufen gibt. Dabei haben Heinerle gerade in Franken eine lange Tradition.
Missgeschicke bei der Zubereitung von Heinerle gehören dazu
Da Heinerle nicht gebacken, sondern geschichtet werden, führen Fehler bei der Zubereitung der Masse dazu, dass die Plätzchen auseinanderfallen können, so Stephanie Klüpfel. Selbst in der Backstube kam es in der Vergangenheit schon zu Missgeschicken. "Ich habe einmal zu viel Kokosfett verwendet, das habe ich zu spät bemerkt, dann ist die Masse davon gelaufen", erinnert sich ihr Ehemann. Verkauft werden konnten die Plätzchen dann zwar nicht mehr, doch Familie und Angestellte hätten sich darüber gefreut.

Rainer Klüpfel ermuntert Familien deshalb trotzdem, die Plätzchen einmal selbst zu backen, sich aber nicht entmutigen zu lassen, wenn sie nicht auf Anhieb perfekt werden. Zunächst muss für Heinerle Schokolade gehakt und mit Kokosfett in einem Wasserbad erhitzt werden. Anschließend kommen Eier, Puderzucker und ein kleiner Schuss Rum dazu. "Das ganze schmelzen lassen, gut verrühren und im Kühlschrank mehrere Stunden herunterkühlen lassen", erläutert seine Frau das genauere Vorgehen.
Ihr Tipp an Hobbybäckerinnen und Hobbybäcker: Die Schokolade nicht zu stark erhitzen, andernfalls laufe die Masse davon. Auf die Frage, was bei der Zubereitung noch falsch gemacht werde, ergänzt Rainer Klüpfel: "Teilweise wird auch das Umrühren der Zutaten vergessen, aber wenn die Eier nicht umgerührt werden, stocken sie und in der Masse sind kleine Klumpen."

Rund 80 bis 100 Kilo Heinerle gehen über die Ladentheke
Die ersten Anfragen bekomme das Bäckerpaar bereits Ende August. "Einige Kunden würden Heinerle 365 Tage im Jahr essen, das ist ein großes Kompliment für uns." Im Sommer wird es die Plätzchen bei ihnen aber trotzdem nicht geben. "Das Wetter muss mitspielen. Wenn das Kokosfett zu warm oder falsch gelagert wird, wird es seifig." Bei ihnen in der Bäckerei gehen die ersten Heinerle im November über die Theke. Rund 80 bis 100 Kilo würden sie dann bis Januar verkaufen.
Egal ob Urenkel oder Uroma, die Plätzchen seien bei ihren Kunden in allen Altersklassen beliebt. "Ich schicke sie mit der Post auch bis nach Köln oder München an ausgewählte Stammkunden, die nicht mehr vor Ort wohnen", sagt Stephanie Klüpfel mit Stolz.
Andere Kunden kämen wegen der Heinerle extra aus Schweinfurt in die Rhön. "Sie werden stärker als andere Weihnachtsplätzchen nachgefragt. Ich habe viele Familien unter meinen Kunden, die selbst drei bis vier Sorten backen und dann Heinerle dazukaufen."
Ein Mysterium bleibt indes, woher der Name stammt und seit wann es Heinerle in Franken gibt. Stephanie Klüpfel zuckt auf diese Frage ratlos mit den Schultern, auch ihre Kolleginnen und Kollegen hätten ihr darauf keine Antwort geben können. Dass die Plätzchen aber so beliebt sind, überrascht sie nicht: Das liegt am Schokoschmelz, also das schmelzende Gefühl der Schokolade im Mund, das mache Heinerle nicht nur für sie so besonders.