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Bad Neustadt
Bäcker in Rhön-Grabfeld unter Kostendruck: Warum wird das Brot immer teurer?
Die Herausforderungen an das Bäckerhandwerk sind immens. Mit unterschiedlichen Strategien versucht die Branche, den Preissteigerungen entgegenzuwirken. Ein Problem haben alle gemeinsam.
Innungsobermeister Ullrich Amthor sieht in eine düstere Zukunft für die Zunft,  traditionelle Bäckereien wird es wenigen Jahren kaum noch geben.
Foto: Eckhard Heise | Innungsobermeister Ullrich Amthor sieht in eine düstere Zukunft für die Zunft,  traditionelle Bäckereien wird es wenigen Jahren kaum noch geben.
Eckhard Heise
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:59 Uhr

Deutlich steigende Preise beeinträchtigen viele Lebensbereiche. Eine Branche, die besonders betroffen ist, ist das Bäckerhandwerk. Und mit den Bäckern die Kundschaft, die die Entwicklung direkt an der Ladentheke zu spüren bekommt. Wie ist die Situation in den Betrieben und wo liegen die Ursachen? Wir erkundigten uns bei Vertretern der Bäckerzunft.

Innungsobermeister Ullrich Amthor hat sich dazu genauere Zahlen besorgt. Danach setzt sich der Brotpreis bei mittleren und kleineren Betrieben aus jeweils 30 Prozent Material- und Personalkosten, zu 20 Prozent aus Nebenkosten wie Energie, Miete, Werbung und einem Gewinn (vor Steuern) von ebenfalls 20 Prozent zusammen. Gleich in mehreren dieser Bereiche gab es in jüngster Zeit erhebliche Preissteigerungen.

Das sind die Preistreiber

Der Mehlpreis stieg beispielsweise innerhalb eines Jahres um 30 bis 50 Prozent. Ähnlich die Steigerung bei Benzin, Öl und Strom. Das ist bitter, weil man fürs Backen viel Energie braucht. Hinzu kommen steigende Löhne und sinkender Absatz als Folge von Corona. "Eine Preiserhöhung für die Produkte lässt sich unter diesen Bedingungen kaum vermeiden, da Umsatzsteigerungen kaum möglich sind".

Einige Beispiele: 2016 hat Amthor für ein Pfund Graubrot 1,50 Euro verlangt, jetzt sind es 1,70 Euro; das Weizenbrötchen ist mit 30 Cent gleichgeblieben; ein Croissant kostete vor fünf Jahren 90 Cent jetzt 1,10 Euro und ein Sesambrötchen vormals 40 jetzt 50 Cent. Dabei sind in der aktuellen Kalkulation mehrere verteuerte Faktoren noch nicht berücksichtigt. Um die neueste Entwicklung aufzufangen, müsste er seine Preise um zehn Prozent erhöhen.

Schwierige Rahmenbedingungen

Zu alledem kämpft die Branche mit schwierigen Rahmenbedingungen, etwa dass die Kundschaft tendenziell häufiger beim Discounter einkauft. Darüber hinaus wird es immer schwerer, Personal zu finden. Eine deutliche Sprache spricht die Altersstruktur in den Betrieben. 90 Prozent der Inhaber der in der Innung verbliebenen 24 Betriebe sind über 60 Jahre alt, und die meisten haben keinen Nachfolger. Pro Jahr geben etwa zwei Betriebe auf, sodass das Schicksal der Zunft besiegelt zu sein scheint.

"Überleben wird nur, wer sich spezialisiert und einen hohen Qualitätsstandard erreicht", ist Amthor überzeugt. Möglichkeiten zur Umsatzsteigerung bieten noch "Bio" und Regionalität – allerdings auch nur in einem begrenzten Umfang.

Maschinen bestimmen die Produktionsabläufe  in der Bäckerei von Franz Schmitt.
Foto: Eckhard Heise | Maschinen bestimmen die Produktionsabläufe  in der Bäckerei von Franz Schmitt.

Die Zeichen der Zeit hat die Bäckerei Schmitt erkannt, als sie schon vor Jahren ihren Standort in Brendlorenzen aufgab und einen Betrieb im Industriegebiet vollkommen neu aufstellte. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen 220 Mitarbeiter, ist aber von den jüngsten Entwicklungen genauso betroffenen wie andere Kollegen aus der Zunft, berichtet Seniorchef Franz Schmitt.

Gewaltige Kostenfaktoren

Im vergangenen Sommer habe die Entwicklung gleichzeitig an "mehreren Fronten" eingesetzt. Innerhalb eines Jahres sei der Mehlpreis um 50 Prozent gestiegen. "Bei einem Verbrauch von 2500 Tonnen pro Jahr ein gewaltiger Kostenfaktor". Darüber hinaus sei die Qualität des Mehls stark schwankend, was die Produktion erschwere. Ähnlich sei die Preis-Steigerungen bei anderen Zutaten wie Kürbiskernen und Sesam.Bei Strom und Gas gebe es ähnliche Entwicklungen.

Im Oktober mussten daher schon einmal die Preise um fünf bis zehn Prozent über alle Produkte hinweg angehoben werden. Aber Preissteigerungen bedeuten auch stets Rückgänge der Verkaufszahlen. "Trotzdem reicht der Aufschlag nicht, wir müssen unsere Mitarbeiter ja auch vernünftig bezahlen".

Corona und die Belegschaft

Die Beschaffung von Personal sei ohnehin ein großes Problem, das Schmitt als eines der dringlichsten für die Branche ansieht. Im Augenblick herrsche ohnehin "Chaos", am laufenden Band würden sich Mitarbeitende wegen Corona krankmelden. Wegen der Epidemie seien die Umsätze früherer Zeiten nicht wieder erreicht, vor allem in den gastronomischen Bereichen gebe er erhebliche Rückgänge.

In seiner traditionellen Backstube leistet Bäckermeister Rainer Klüpfel noch Handarbeit wie in vergangenen Tagen.
Foto: Eckhard Heise | In seiner traditionellen Backstube leistet Bäckermeister Rainer Klüpfel noch Handarbeit wie in vergangenen Tagen.

Ein ganz anderes Bild bietet sich in der Bäckerei Klüpfel in Herschfeld. Im Unterschied zu der modernen Produktionsstätte des Berufskollegen gleicht die Backstube an der Königshofer Straße noch dem Musterbeispiel eines traditionellen Handwerks- und Familienbetriebs, in dem jedes Mitglied seinen eigenen Aufgabenbereich hat: Inhaber Rainer Klüpfel ist für die Backstube zuständig, die Ehefrau macht den Laden und der Sohn erledigt das Kaufmännische.

Das sagt die Kundschaft

Auch bei Klüpfel schlagen die erhöhten Preise durch: Mehl ist 30 Prozent teurer, Butter 20 Prozent und für ein Ei muss er pro Stück fünf Cent mehr bezahlen. Die höheren Preise müsse er an den Kunden weitergeben, die aber meistens Verständnis äußerten, weil sie die Zusammenhänge verstehen.

Die Umsatzzahlen hätten sich durch die Pandemie nicht wesentlich verändert. Der Verkauf laufe ohnehin fast ausschließlich über den Laden, den vor allem Stammkunden aufsuchen. Nur Personal finde er kaum, erst recht nicht einen Auszubildenden. Trotzdem wolle er sich nicht beschweren, für große Sprünge oder Investitionen seien aber keine Mittel vorhanden. "Wir kommen zurecht", stellt der Bäckermeister letztendlich bescheiden fest.

 
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